2007
01/01/2008GEGENWÄRTIG : Mexiko 2008, Stehen stürmische Zeiten bevor?
29/02/2008Im Dezember letzten Jahres klagte der Subkommandant Marcos in einem Kommunique mit dem Titel „Das Rote spüren; der Kalender und die Geografie des Krieges“ die Welle der Agressionen an, denen die Zapatistas in den letzten Monaten ausgesetzt waren, und unterstrich: „es ist das erste mal, das diese Agressionen von angeblich linken Regierungen ausgehen, oder von institutionalisierter Linken unterstützt werden und es ist das erste mal seit jenem Morgengrauen am 1. Januar 1994, das die nationale und internationale soziale Antwort darauf, bedeutungslos oder gar null war“. Ausserdem alarmierte er: „Wir versuchen vorwärts zu gehen um die zivilen und friedlichen Anstrengungen zu konsolidieren mit dem was immer noch die Otra Campaña, andere Kampagne genannt wird und gleichzeitig darauf vorbereitet zu sein, allein Widerstand zu leisten gegen die Reaktivierung der Agressionen gegen uns, sei es durch Militär, Polizei oder Paramilitärs. Die wir Krieg geführt haben, erkennen wir die Wege wie dieser vorbereitet wird und sich nähert. Die Zeichen des Krieges sind klar am Horizont „.
Während des Jahres hielt die EZLN mehrere Kommunikationswege mit der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft aufrecht. Drei Delegationen von Kommandanten und Kommandantinnen und der Subkommandant Marcos reisten von Januar bis Anfang Juni durch den Norden des Landes. Im September kündigte die EZLN die Absage der Reisen der Kommission der Sechsten an, die von September bis Dezember, für den Süden und das Zentrum des Landes angekündigt waren, um sich auf die Verteidigung ihrer Gemeinden zu konzentrieren. Während sich politische Akteure auf den ersten Seiten der Medien auf die lokalen Bezirkswahlen von Oktober konzentrierten, stieg die Zahl der Situationen von Belästigungen, Gewalt und Vertreibungen, ohne große Beachtung und auf isolierte Weise.
Zusätzlich zur Otra Campaña, anderen Kampagne realisierte die EZLN drei Treffen der zapatistischen Völker mit den Völkern der Welt: zum Neujahrstag 2007 im Caracol Oventic; im Juli in drei der fünf Caracoles; und Ende 2007 und Anfang 2008, im Caracol La Garrucha (wo auch das erste Treffen der zapatistischen Frauen mit den Frauen der Welt stattfand). Eine weitere Schlüsselveranstaltung war das Treffen der indigenen Völker Amerikas im Oktober in der Yaqui Gemeinschaft von Vicam (Sonora). Es nahmen 570 indigene Delegierte teil, die 66 Völker aus 12 amerikanischen Ländern repräsentierten. Eine Woche zuvor war die zapatistische Delegation von einem Militär und Polizeiposten in Mazatlán, Sinaloa, festgehalten worden. Daraufhin kehrten die zapatistischen Kommandanten nach Chiapas zurück und liessen den Subkommandanten Marcos als einzigen Repräsentanten der EZLN bei der Veranstaltung.
Ausserhalb der alternativen Medien wurde nichts über die Aktionen der Zapatistas und auch nichts über die Repression der sie aushesetzt waren berichtet. Die mexikanische Regierung schien der Linie ihres Vorgängers zu folgen, was heisst den Konflikt zu minimisieren oder sogar in Betracht zu ziehen es gäbe da gar keinen Konflikt in Chiapas. Ein Bild dafür: Luís H. Álvarez, Vorsitzender der Nationalen Kommission für die Entwicklung der indigenen Völker und ex Regierungskommissionar für Frieden in Chiapas wies im April darauf hin, das: „die EZLN sei kein Gesprächspartner mehr für die Regierung Felipe Calderón“, denn seiner Meinung nach repräsentiert sie nicht, und ist nicht zusammen gesetzt aus indigenen Gemeinden.
Trotz der Grundursachen der sozialen Unzufriedenheiten die besonders 2006 im Nachwahlkontext ausgedrückt wurden, hat es die Regierung von Felipe Calderón nicht geschafft zu einer offensichtlichen „normalidad democrática, demokratischen Normalität“ zurück zu kehren. Er behielt eine Strategie der „mano firme, harten Hand“, wobei er die bewaffneten Streitkräfte zur Umsetzung nutzte. Trotzdem schienen die großen Operationen gegen organisierte Kriminalität und Drogenhandel ihren Erfolg zu verfehlen: kein Tag verging ohne das ein Fall von Hinrichtung, Überfall oder Schusswechsel berichtet wurde.
Die Tendenz zur Militarisierung wurde im Jahre 2007 verstärkt durch verschiedene internationale Abkommen: Mexiko, USA und Kanada machten Fortschritte im Projekt der Allianz für Sicherheit und Wohlstand für Nordamerika, Alianza para la Seguridad y Prosperidad de América del Norte (ASPAN, ein tiefgreifenderes Freihandelsabkommen, indem Sicherheitsaspekte an schon existierende Abkommen über Entwicklung und Handel angebunden werden). Paralel dazu verhandelten die Regierungen der USA und Mexiko über die Durchführung eines weiteren Abkommens gegen Drogenhandel und organisierte Kriminalität in Mexiko. Die Idee wurde im März 2007 während eines Besuches des US amerikanischen Präsidenten George W. Bush in der mexikanischen Stadt Mérida konkretisiert (hier wurde der Name „Iniciativa Mérida“ geboren).
Dieses Jahr wurden auch öffentliche Aktionen bewaffneter Gruppen wieder aufgenommen. Anfang Juli erklärte sich das Ejército Popular Revolucionario, Revolutionäres Volkheer, (EPR), mit bekannter Präsenz in Guerrero, Oaxaca und Chiapas, verantwortlich für acht Bombenanschläge auf Ölpipelines der Mexikanischen Erdölgesellschaft Petróleos Mexicanos (Pemex) in Guanajuato und Querétaro. Sie erklärten diese Aktionen seien Teil einer Belästigungskampagne gegen die Regierung von Felipe Calderón und verlangten damit das ihre beiden im Mai in Oaxaca verschwundenen Mitglieder von den Autoritäten lebendig präsentiert werden sollten.
Im Juli rief auch die Revolutionäre Bewegung Lucio Cabañas Barrientos (MRLCB, bewaffnete Gruppe, die sich für die Bombenanschläge gegen die Einrichtungen des Wahlgerichts und der Partei der institutionalisierten revolution, PRI, in Mexiko Stadt im November 2006 verantwortlich erkärten) ihre Militanten dazu auf, bereit zu sein, „para actuar militarmente, um militärisch zu agieren“. Eine andere bewaffnete Gruppe, die Bewaffneten revolutionären Kräfte des Volkes, Fuerzas Armadas Revolucionarias del Pueblo (FARP) gaben auch an, das sie „diskutieren um zu entscheiden was niemand will, aber der Strudel zieht dort hin“. Analysten wiesen widerholt darauf hin, das die Schliessung der Kanäle für Dialog und Verhandlungen die sozialen Bewegungen so in die Ecke treiben könnten, das sie die Formen ihres Kampfes radikalisierten.