2013
16/01/2014AKTUELLES: Erstes Jahr von Enrique Peña Nieto, widersprüchliche Wahrnehmungen des „Mexican Momentum“
21/02/2014Im letzten Jahr erschienen mehrere Mitteilungsserien der EZLN. Einige im Bezug auf den aktuellen und historischen Kontext und andere im Zusammenhang mit ihren neuen Initiativen, wie z.B. die besagte „Escuelita“ und die „Laufende Professur Tata Juan Chávez Alonso“ die zeitgleich mit dem Nationalen Kongress der Indigenen (CNI) im August in San Cristóbal de las Casas einberufen wurde. Mehr als 4000 Menschen aus verschiedenen Bundesstaaten und dem Ausland nahmen an einem Kurs der „Escuelita“ mit dem Titel „Die Freiheit nach den Zapatistas“ teil. Der Kurs fand im August und Dezember hinter geschlossenen Türen in den fünf Caracoles und in San Cristóbal de las Casas statt. Die Kurse beschäftigten sich mit folgenden Themen: „Autonome Regierung, Partizipation der Frauen in der autonomen Regierung und Autonomer Widerstand“. Außerdem konnten die Teilnehmer mit einem „votán“ (Unterstützer oder Mitglied der EZLN, extra dazu ernannt als Kollege, Lehrer und Leiter zu fungieren) „zusammenleben“.
In der Nacht zum 1. Januar 2014 wurde das 20-jährige Jubiläum des bewaffneten Aufstands vom 1.1.1994 gefeiert. Am 28. Dezember hatte Subcomandante Marcos eine neue Mitteilung mit dem Titel Rückblick I veröffentlicht, in welchem er die Kommunikationsmedien und einige Artikel, welche schon am Vorabend des Jubiläums erschienen waren in Frage stellte: „Ihr fragt, was die EZLN für die indigenen Gemeinden gemacht hat. Und wir antworten mit den direkten Aussagen von tausenden unserer Kameradinnen und Kameraden“.
Im Vorfeld, am 22. Dezember, kam eine andere Mittelung ans Licht der Öffentlichkeit (Rückblick II), in welchem Subcomandante Marcos die in Mexiko herrschenden strukturellen Reformen kritisierte; vor allem die Energiereform und die Bildungsreform. Außerdem kritisierte er in einem Anhang die Kosten der Werbekampagne von mehr als 10 000 Dollar des aktuellen Gouverneurs von Chiapas, Manuel Velasco, und bezeichnete die Kampagne als „lächerlich“ und „illegal„; das den Touristen nicht erlaubt würde „die Armut, die Paramilitärs und die Kriminalität in den größeren Städten von Chiapas zu sehen“.
Von Anfang bis Ende des Jahres schickten die mexikanischen Machthaber verschiedene „Nachrichten“ an die EZLN. Am 1. Januar 2013 machte der Gouverneur von Chiapas, Manuel Velasco Coello, einen Aufruf zum Jubiläum des Abkommens von San Andrés über die Rechte und Kultur der Indigenen von 1996. Er kündigte eine Reihe von Aktionen in Bezug auf konkrete Konflikte und auf die Freilassung von Alberto Patishtan Gomez und Francisco Santiz Lopez. Er bezog Stellung gegenüber 2 sensiblen Themen in den gemeinschaftlichen Konflikten. Einerseits bestätigte er: „Wir werden den Besitzanspruch der zapatistischen Gebiete respektieren, die heute einen sozialen Sinn und Zweck erfüllen“. Andererseits versicherte er, dass „das gesamte staatliche Entwicklungsprogramm der Gemeinden mit zapatistischen Bürgern, umsichtig in seiner Umsetzung sein würde. Es ist nicht unser Ziel, die Gemeinden zu spalten“. Auch wenn er damit empfingliche Punkte ansprach, so liegt die Lösung bei einigen nicht in seiner Hand, sondern hängt von föderalen Entscheidungen ab. Jedoch wurde Francisco Santiz Lopez, Unterstützer der Zapatistas und Gefangener seit 2011, am 25. Januar aus der Haft entlassen. Alberto Patishtan Gomez wurde am 31. Oktober begnadigt.
Im Januar kündigte der Regierungssekretär an, dass die Kommission für Dialog und Verhandlung in Chiapas umbenannt wird in Kommission für den Dialog mit den indigenen Völkern. Damit wollen sie beginnen, die soziale Schuld gegenüber den indigenen Völkern zu begleichen. Dennoch hat die EZLN die Hauptrolle inne, was die Entscheidung der Regierung, auf Grund seiner möglichen Aufstandsbekämpfungsintention, als fragwürdig erscheinen liess.
Ende des Jahres, kurz vorm Jubiläum des Aufstands, versandte die mexikanische Regierung einige Signale des Wohlwollens. Am 19. Dezember präsentierte Manuel Velasco, Gouverneur von Chiapas, seinen ersten Regierungsbericht. Er gab zu, dass die Schuld gegenüber den indigenen Gemeinden noch nicht beglichen sei: „Ich wiederhole, dass meine Verwaltung seine Versprechen in Bezug auf den Zapatismus und die friedliche Lösung der Konflikte halten wird“. Ende Dezember wurden einige Gefangene aus der Haft entlassen: Miguel Demeza Jimenez und Antonio Estrada Estrada, Anhänger der Sechsten Erklärng aus dem Lakandonischen Wald der Gemeinde San Sebastian Bachajon; und Noe Hernandez Caballero, Leiter der Nationalen Organisation der Modernen Kraft (ONPP). Schliesslich informierte der Kommissionar des Dialogs mit den indigenen Völkern Mexikos, Jaime Martinez Veloz, dass im Februar 2014 eine Initiative mit grosser Gewichtigkeit fertig sein könnte, welche die Abmachungen von San Andres wiederaufnehmen soll und in die neuen nationalen und internationalen Pläne integrieren soll.
Ein ausführlicher Bericht der Bürgerlichen Gemeinschaft Las Abejas im Juni zeigte detalliert, wie der Plan der Aufstandsbekämpfung aktuell verfolgt wird, nicht nur im Bezug auf die Zapatisten: „Der Plan der Regierung ist es, alle zu unterdrücken, welche nicht mit ihren neoliberalen Ansichten übereinstimmen, welche die Rechte der indigenen Völker, der Mutter Erde und des mexikanischen Volkes verteidigen. Diese Strategie der Unterdrückung hat zwei Seiten, die eine ist, was wir „Bleikugeln“ nennen, wie in Acteal und allen anderen Repressionen wie z.B. Aguas Blancas, chavajeval, Atenco, gegen die Studenten am 1. Dezember und 10. Juni, gegen die unabhängige Arbeiterbewegung und gegen alle die es gewagt haben zu protestieren. Ihre andere Waffe sind die „Zuckerkugeln“, mit denen sie Organisationen und ihre Leiter kaufen. Mit Hilfsangeboten, öffentlichen Bauarbeiten, Aufgaben in der Regierung und andere Limosen um ihnen den Mund zu verbieten und damit sie den Raub an ihren Reichtümern durch die ausländischen Unternehmen und die gekauften Politiker nicht kritisieren. Aktuell, unter Pena Nieto, sind diese „Zuckerkugeln“ sehr stark geworden, besonders mit dem Aufruf „Kreuzzug gegen den Hunger“, welcher von denselben transnationalen Unternehmen unterstützt wird, welche sich unsere Reichtümer aneignen und der Grund für unseren Hunger sind“.
Bleibt hinzuzufügen, dass 16 der Angeklagten im Fall Acteal (1997) aus der Haft entlassen wurden. Insgesamt sind 73 Indigene in diesem Fall auf freiem Fuss, nicht weil sie unschuldig sind, sondern weil der Prozess missbraucht wurde. Aktuell sind nur noch 6 Personen der Angeklagten in Haft. Einer der kritischsten Konflikte dieses Jahr fand in der Colonia Puebla in der Gemeinde Chenalho statt, wo neue Agressionen mit religiösem Touch mit der Entlassung aus der Haft zusammenfielen. 95 Menschen verliessen Puebla und suchten Zuflucht in Acteal. Zivile Organisationen beklagten die laue Intervention der bundesstaatlichen Regierung in Bezug auf die Aufklärung und gerichtliche Verfolgung in diesem Fall.
Im Übrigen war 2013 ein Jahr mit starken sozialen Mobilisierungen, vor Allem in Bezug auf die Bildungsreform (von August bis Dezember mit sMassendemonstrationen von Lehrern und Familienvätern). Es gab Protestcamps, Demonstrationen, Pilgerungen, Treffen und Berichte von unterschiedlichen zivilen und sozialen Organisationen in verschiedenen Regionen des Bundesstaates.