2013
31/01/2014SCHWERPUNKT: Voranhörung des Permanenten Völkertribunals: „Versammlung für Gerechtigkeit und Wahrheit“
21/02/2014Anfang 2013 verwendeten verschiedene AnalystInnen den Ausdruck „Momento mexicano“ aufgrund der durch den Regierungswechsel erzeugten Erwartungen. Ihre Zulässigkeit wird bis heute in Frage gestellt. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, Schweiz, wollte der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto (EPN) die Verabschiedung seiner strukturellen Reformen anpreisen, das Hauptanliegen seines ersten Jahres im Amt. Er hatte die Rechnung ohne den Präsidenten des Forums, Klaus Schwab, gemacht, der die Frage der Sicherheit mit Nachdruck ansprach. Parallel zum Fortschritt der Reformen war 2013 vom Anstieg der Bürgerwehren charakterisiert.
Die Aufmerksamkeit hat sich auf den Bundesstaat Michoacán konzentriert, wo sich die Auseinandersetzungen zwischen den zivil organisierten Selbstverteidigungsgruppen und dem Kartell Los Caballeros Templarios (dt.: die Tempelritter) verschärft haben. Einige werfen jenen Selbstverteidigungsgruppen vor, einen von der Präsidentschaft entworfenem Plan zu entsprechen, andere, dass sie das Kartell von Jalisco „Nueva Generación“ (dt.: Neue Generation) unterstützen. Sicher ist, dass es im Jahr 2013 aufgrund der unbestrittenen Unsicherheit im Bundesstaat, laut dem Nationalen System der öffentlichen Sicherheit, zu 12.715 vorsätzlichen Tötungsdelikten zwischen 2007 und September 2013 kam. Laut der Regierung des Bundesstaates halten die Selbstverteidigungsgruppen momentan ihre bewaffnete Präsenz in 47 der 113 Landkreise aufrecht. Ihre Anführer schätzen die Zahl der Mitglieder auf über 10.000. Die Kämpfe zwischen den sich gegenüberstehenden Gruppen treten in Gebieten auf, die von Marginalisierung, Unsicherheit und fehlender oder mangelnder Antworten darauf seitens der Behörden geprägt sind. In diesem Kontext, den einige Medien bereits als ´Bürgerkrieg‚ charakterisieren, entsandte die Bundesregierung 8.000 Bundespolizisten und Soldaten um die Kontrolle über die Landkreise, wo Selbstverteidigungsgruppen entstanden sind, wieder zu erlangen. Am 27. Januar wurde eine Vereinbarung unterzeichnet, um sie [Selbstverteidigungsgruppen] als ´ländliche Verteidigungseinheiten‘ zu legalisieren. Die Investition von mehr als 45.000 Millionen Pesos in soziale Programme im Bundesstaat wurde angekündigt. Der Kontext bleibt unmittelbar explosiv und könnte andere Staaten ´infizieren‚.
Im Allgemeinen ist die Strategie von EPN in Fragen der Sicherheit eine bloße Verlängerung der von seinem Vorgänger Felipe Calderón implementierten Strategie, trotz der dramatischen Bilanz, die sie aufwies. Derzeit berichten offizielle Zahlen (in vielen Medien infrage gestellt) über einen Rückgang der Tötungsdelikte, jedoch eine Zunahme der Entführungen und Erpressungen. Das Washingtoner Büro für Lateinamerika (WOLA) wies darauf hin, dass während des ersten Jahres der Regierung EPN sehr wenige Fortschritte im Bereich der Sicherheit registriert wurden und dass weiterhin viele Menschenrechtsverletzungen begangen werden, inmitten einer völligen Straflosigkeit. Unterdessen bestätigte die Organisation Human Rights Watch, dass die angeblichen Veränderungen der neuen Regierung in Bezug auf diese Themen nur ´rhetorisch‚ war.
Andere Quellen der Skepsis gegenüber des ´Momento mexicano‘
Die Wahrnehmung des ´Momento mexicano‘ verändert sich nicht nur angesichts der anhaltenden Sicherheitsprobleme, sondern auch durch die mageren wirtschaftlichen Ergebnisse:
Das prognostizierte Wachstum für 2013 (3,5%) blieb bei einem Drittel der Schätzung. Während Unternehmen und ausländische Investoren die bewilligten Gesetzesreformen begrüßten, v.a.die Öffnung des Ölsektors, bleibt abzuwarten, wie sie sich konkretisieren und umgesetzt werden.
Im Land haben diese Gesetzesänderungen Fragen, Proteste und begrenzte Resultate erzeugt. Im Fall der Arbeitsreform wurden ein Jahr nach ihrer Erlassung keine neuen Arbeitsplätze im formellen Sektor generiert: 2012 wurden mehr als 832.000, 2013 weniger als 590.000 geschaffen. Die Durchsetzung der Bildungsreform war geprägt von Verzögerungen bei der Zählung der Schulen und des Lehrpersonals und Ausnahmevereinbarungen, während neue Demonstrationen angekündigt werden, die, laut der LehrerInnen, „noch radikaler und massiver“ werden als 2013.
Die Steuerreform wurde sowohl von Unternehmern als auch von der allgemeinen Bevölkerung aufgrund der neuen steuerlichen Anforderungen und dem Anstieg der Preise in Frage gestellt, und auch weil sie mit einem Anstieg der Benzinpreise Anfang des Jahres 2014 einher ging. Während die Anwendung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Medikamente infolge des sozialen Drucks gegen die Bildungsreform verworfen wurde, verweisen Analysten auf eine Verarmung der Bevölkerung und Schwächung der Mittelschicht. Die Wahlrechts-Reform hat einen neuen bürokratischen Apparat kreiert, der, so wird befürchtet, noch ineffizienter sein könnte als der vorherige, bezüglich der Kontrolle der Kosten und des Wahlgesetzes. Auch erlaubt sie die sofortige Wiederwahl der Abgeordneten und SenatorInnen, trotz der Gefahr, die dies impliziert: dass die Immunität zur Straflosigkeit wird.
Schließlich vollendet die Verabschiedung der Energiereform, die angesichts der Proteste in einer durch die Polizei gesicherten Sitzung statt fand, was einige als die Auslieferung des Energiesektors an das Privatkapital betrachten. Als Folge dieser Reform zerbrach der „Pakt für Mexiko“ zwischen den drei wichtigsten politischen Kräften des Landes (Partei der Institutionellen Revolution-PRI, Partei der Nationalen Aktion-PAN und die Partei der Demokratischen Revolution-PRD). Am 28. November gab die PRD ihren Austritt aus dem Pakt bekannt und verurteilte einen „Pakt im Dunkeln“ zwischen PAN und PRI.
Dispersion der institutionellen Linken, Kriminalisierung der sozialen Bewegungen
Die institutionelle Linke befindet sich in einem Moment extremer Schwäche. Der Ex-Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador (AMLO) entschied sich dazu, seine eigene Partei auf Basis der Bewegung der Nationalen Erneuerung (MORENA) zu bilden. Seine Abwesenheit zu Beginn der Diskussion über die Energiereform (er erlitt einen Herzinfarkt) zeigte die starke Abhängigkeit von seiner Führung. Der Beitritt der PRD zum „Pakt für Mexiko“ verursachte weitere interne Spaltungen. Es ist unklar, ob ihr Austritt aus selbigen diese Tendenz umkehren kann. Keine dieser Gruppen, die isoliert auftraten und nur gering mobilisierten, kann die Annahme der Energiereform verlangsamen. Eine Gelegenheit ergibt sich jedoch durch die Möglichkeit einer Konsultation zur genannten Reform.
Von den sozialen Bewegungen wurde im Februar ein Volkskongress in Mexiko-Stadt durchgeführt. Er wurde durch Intellektuelle, KünstlerInnen und AktivistInnen einberufen, um einen einheitlichen Prozess zu fördern, der die gebilligten Reformen widerruft. 2.652 Personen nahmen, unabhängig von jeder politischen Partei, Regierungsinstitution oder Unternehmensgruppe, als „VolksvertreterInnen“ teil. Sie stimmten für eine Widerrufsinitiative der Energiereform und schlugen für den kommenden März Aktionen des friedlichen zivilen Widerstandes vor.
Diese Mobilisierungen ergeben sich im Kontext der systematischen Kriminalisierung der sozialen Proteste. Amnesty International hat „das Anwachsen von Übergriffen auf DemonstrantInnen durch Polizeikräfte“ kritisiert. Das Ständige Völkertribunal (in der Tradition des Russel-Tribunal stehend, Anm. d. Übers.) seinerseits hat eine Stellungsnahme zum Kapitel Mexiko abgegeben: Repression gegen soziale Bewegungen bietet einen allgemeinen Überblick über die Regierungen „die spezifische Einzelinteressen zum Inhalt des öffentlichen Interesses umgeformt haben und Brutalität und Gewalt gegen all jene entfalten, die es wagen für bessere Lebensbedingungen und Rechte für alle zu demonstrieren.“ Sie verurteilt „die juristische Verfolgung der sozialen Konflikte und die Ablehnung des Dialogs, der Politik, der Erfüllung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“.
Vom am 5. Februar entführten Journalisten Gregorio Jiménez de la Cruz aus Veracruz wurde wenig später die Leiche aufgefunden. An dieser Stelle muss betont werden, dass seit 2011 zehn JournalistInnen ermordet und mindestens drei als vermisst gemeldet wurden. Mit 87 ermordeten JournalistInnen seit 2000 ist Mexiko laut Angaben der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) das gefährlichste Land Lateinamerikas für diesen Beruf.
Chiapas: 20 Jahre des zapatistischen Aufstands
Am ersten Januar 2014 feierte die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) 20 Jahre ihres bewaffneten Aufstands der Forderung nach Land, Ernährung, Arbeit, Gesundheit, Bildung, Wohnen, Gerechtigkeit und Gleichheit für die indigene Bevölkerung. Sie gab ihre Erfolge in zwei Kursen der Kleinen Zapatistischen Schule bekannt, die im Dezember und Januar mit der Beteiligung von mehr als 4.000 Personen, aus Mexiko und international, realisiert wurden.
Kurz zuvor hatte Subcomandante Marcos eine neue Mitteilung mit dem Titel „Zurückspulen 1″ veröffentlicht. In einem Postskriptum stellte er die bezahlten Medien und einige Artikel, die bereits am Vorabend des Jahrestages des Aufstands veröffentlicht wurden, in Frage: „wenn die Bedingungen der indigenen zapatistischen Gemeinden genauso sind wie vor 20 Jahren und es keinen Fortschritt in ihrem Lebensstandard gab, wieso öffnet sich die EZLN – wie sie es 1994 mit den bezahlten Medien gemacht hat – mit der Kleinen Schule, damit die Leute von unten sie sehen und direkt kennenlernen, ohne Zwischenhändler?“. In einer anderen Mitteilung kritisierte er die strukturellen Reformen, insbesondere die Energie- und Bildungsreform. In einem Postskriptum stellte er die Ausgaben von über 10 Millionen Dollar für Werbekampagnen seitens des aktuellen Gouverneurs von Chiapas, Manuel Velasco, in Frage und bezeichnete es als „lächerlich“ und „illegal„, und versicherte, dass es den TouristInnen nicht erlaubt sei, „das Elend, die Paramilitärs und die Kriminalität der großen chiapanekischen Städte“ zu sehen. Es sollte erwähnt werden, dass die Kampagne von Velasco die PAN veranlasste, eine Beschwerde gegen den Gouverneur wegen unzulässiger Werbung einzureichen.
Kurz vor dem Jahrestag des Aufstands übermittelten die Behörde Signale des guten Willens. Im Dezember präsentierte der Gouverneur von Chiapas, Manuel Velasco, seinen ersten Regierungsbericht. Er räumte ein, dass die Schuld an den indigenen Gemeinden (immer) noch nicht bezahlt wurde: „Hier wiederhole ich, dass meine Regierung ihre Zusage der Respektierung des Zapatismus und zur friedlichen Lösung der Konflikte einhalten wird“. Ende Dezember wurden auch mehrere Gefangene freigelassen. Schließlich berichtete der Kommissar für den Dialog mit den indigenen Völkern Mexikos, Jaime Martínez Veloz, dass im Februar „eine durchstoßende Initiative“ fertig sein könnte, um die Abkommen von San Andrés über die indigenen Rechte und Kultur wieder aufzunehmen, die zwischen der EZLN und der Bundesregierung unterzeichnet wurde (1996), und um die neuen nationalen und internationalen Richtlinien in diesen Bereich zu integrieren.
Straflosigkeit und Verlängerung der Strategie der Aufstandsbekämpfung
Jedoch gab es mehrere Beschwerden, die die Erweiterung einer Strategie der Aufstandsbekämpfung bis heute veranschaulichen. Der Rat der Guten Regierung von Morelia, denunzierte, dass am 30. Januar etwa 30 Mitglieder der Central Independiente de Obreros Agrícolas y Campesina (CIOAC; dt.: Unabhängigen Demokratischen Zentrale der landwirtschaftlichen Arbeiter und Bauern) die zapatistische Unterstützungsbasis im Dorf 10 de Abril (Autonomer Landkreises 17 de Noviembre) schwer angegriffen haben. Die ZapatistInnen riefen das Krankenhaus San Carlos in Altamirano zu Hilfe, aber die Angreifer hielten die zur Rettung der Verletzten Kommenden zwei Stunden gefangen: sie zwangen die Nonnen, die in den Fahrzeugen saßen, sich auszuziehen und griffen sie an, zudem verschleppten sie den Krankenwagen und einen Transporter.
Die Straflosigkeit war ein allgegenwärtiges Thema der zivilen Agenda. In Susuclumil, im Landkreis Tila, wurde im Dezember eine Voranhörung des Ständigen Völkertribunals (TPP), Teil „Schwerpunkt Schmutziger Krieg – Gewalt, Straflosigkeit und fehlender Zugang zu Gerechtigkeit“, durchgeführt. Verwandte der Opfer, Überlebende und Vertriebene aus Chiapas gaben ihre Zeugenaussagen als „Opfer der Strategie des Krieges der Aufstandsbekämpfung und Ausrottung, festgehalten im ‚Plan de Campaña Chiapas 94‘, durchgeführt von der mexikanischen Regierung seit dem bewaffneten Aufstand der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) im Jahr 1994″.
In Chenalhó bleibt die Vertreibung problematisch. Am 17. Januar kehrten 98 Personen aus Colonia Puebla, die vor über 4 Monaten vertrieben wurden, in ihre Gemeinde zurück, um die Kaffeeernte durchzuführen. Diese Familien flohen aus dem Ejido Puebla aufgrund der eskalierenden Bedrohungen und Aggressionen, die aus einem Konflikt über den Besitz eines Stück Landes, auf dem sich eine katholische Kirche befindet, hervorging. Am 7. Februar kehrten die vertriebenen Familien nach Acteal zurück, wo sie seit August letzten Jahres als Flüchtlinge verweilen. Sie erklären: „Wir würden gerne glauben, dass der Besuch des Gouverneurs Manuel Velasco ein Zeichen seiner Bereitschaft ist, das Problem zu lösen, aber genau wie der Präsident Enrique Peña Nieto in Michoacán handelt, reicht es nicht ein Foto und Versprechungen zu machen, um die Probleme zu lösen. Wenn sie alles mit Versprechungen der Unterstützung lösen wollen aber keine Gerechtigkeit schaffen, wird es keine Lösung geben“.
Land und Territorium: Zerwürfnisse
Bei sozialen Konflikten bleibt das Thema „Land, Territorium und natürliche Ressourcen“ Anlass von Mobilisierungen und Forderungen. Die Bilanz einer Auseinandersetzung zwischen MaisproduzentInnen der Region Venustiano Carranza und der Polizei im November 2013 waren mehrere ausgebrannte Streifenwagen, zehn verletze Polizisten und zwei verhaftete Bauern. Menschenrechtsorganisationen beklagten, dass die Regierung von Chiapas die Repression praktiziert angesichts des Mangels an politischen Erfahrung, um über die legitimen Forderungen sozialer Gruppen einen Dialog zu führen. Im Dezember demonstrierten 56 Gemeinden, Ejidos und Organisationen aus acht Landkreisen der Region Sierra in Tapachula, um ihre Territorien frei von Minen- und Wasserkraft-Megaprojekten zu erklären. Im Februar erklärten Repräsentanten von Los Llanos, im Landkreis San Cristóbal de Las Casas, und der Gemeinde San José El Porvenir, im Landkreis Huixtán, ihre Opposition gegen den Bau der Autobahn San Cristóbal-Palenque durch ihre Gemeinden. Der Regierungssekretär Eduardo Ramírez bekräftigte seinerseits, dass es bei der Umsetzung dieses Projektes „kein Zurück geben wird“. Er räumte ein, dass „wir ein Problem mit einem Kilometer in Los Llanos haben und in Huixtán, durch dessen Ländereien 14 Kilometer verlaufen“.
Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Indigenen Kongresses von 1974, wurde im Januar in San Cristóbal de Las Casas der Congreso Diocesano Pastoral de la Madre Tierra (Kongress des Bistums zu „Mutter Erde“) gefeiert, der viele Klagen zu Land und Territorium im Bundesstaat wiedergab. Es wurde unter anderem vereinbart, die Minenunternehmen (welche z.B. in Chicomuselo weiter vorstoßen) und die staatliche Politik, die sich negativ auf die Interessen der Gemeinden auswirken, aufzuhalten.
Guerrero: Staat mit hohem Risiko für Menschenrechtsverteidiger_Innen
Zu den jüngsten Fällen in Guerrero gehört, dass am 16. November in Atoyac de Álvarez (Costa Grande) zwei Bauernführer der Gemeinde El Paraíso getötet wurden. Der Vorfall ereignete sich einen Tag vor der Ankündigung, eine Gemeindepolizei in der Gemeinde zu bilden. Am 28. Januar wurden zwei Mitglieder der Wahrheitskommission (Comverdad, deren Ziel es ist Empfehlungen in Fällen der vom Schmutzigen Krieg der 60er und 70er Jahre betroffenen Personen zu geben) Opfer eines Attentats auf der Bundesstraße Iguala-Chilpancingo. Am selben Tag wurden zwei Mitglieder des Red Solidaria Década contra la Impunidad (Solidarisches Netzwerk Jahrzehnt gegen die Straflosigkeit) eingeschüchtert, dies geschah kurz vor ihrer geplanten Zivilen Beobachtungsmission „Una luz contra la impunidad“ („Ein Licht gegen die Straflosigkeit“) in Guerrero, um die Menschenrechtsverletzungen an AktivistInnen und sozialen KämpferInnen im Bundesstaat zu dokumentieren.
Eine andere Form der Belästigung erfolgt über die Kriminalisierung. Im Januar wurde ein Artikel auf dem Portal Milenio veröffentlicht, der sich auf Geheimdienstberichte über Guerrero bezieht. Im besagten Artikel wird argumentiert, dass „die sozialen Gruppen, die während 2013 sehr aktiv in diesem Staat waren (wie die Bewegung der LehrerInnen und die Gemeinschaftspolizeien) von Guerillagruppen und Mitgliedern verschiedener Rebellengruppen, die gegen den Staat opponieren, assistiert wurden“. Das Colectivo Contra la Tortura y la Impunidad (CCTI; Kollektiv gegen die Folter und die Straflosigkeit) dementierte dies und betonte, dass die Publikation eine Bedrohung für die physische und psychische Integrität seiner Mitglieder ist.
Im Januar denunzierten zivile Organisationen und Kirchengemeinden, dass „nach einem Jahr, in dem sich die Gemeinden und Dörfer der Region Costa Chica und des Zentrums des Staates Guerrero organisieren, um die Sicherheit und den Frieden in ihren Gemeinden wieder herzustellen, sie heute mit Belästigung, Einschüchterung und Machtmissbrauch durch die mexikanische Armee, die Bundes- und Landespolizei konfrontiert“ werden. Sie bestätigen, dass „an nur einem Tag sieben militärische Kontrollpunkte installiert wurden“ zu denen, die schon bestehen und dass „Zivilisten die Durchquerung nicht erlaubt ist“.
Des Weiteren bleiben die Forderungen nach Grundnahrungsmittel für die durch Stürme in den Bergen Guerreros im September 2013 geschädigten Gemeinden unbeantwortet. Ein Arbeitstreffen mit Behörden wurde vereinbart, nachdem die Gemeinden im Februar eine Massenkundgebung in Tlapa de Comonfort gegen die Nachlässigkeit der Behörden durchführten, welche einseitig den Dialog mit dem Rat der geschädigten Gemeinden seit Ende 2013 unterbrochen hatten. Obwohl die Bundesregierung betont, dass die Situation in den Bergen geklärt sei, hat sie die nahende Nahrungsmittelkrise nicht gebannt.
Als entscheidenden Schritt bei der Suche nach Gerechtigkeit hat die Generalstaatsanwaltschaft vier Militärangehörige, die 2002 mutmaßlich an den sexuellen Übergriffen gegen die Indigenen Valentina Rosendo Cantú und Inés Fenández Ortega beteiligt waren, aufgegriffen. In beiden Fällen wurde der mexikanische Staat 2010 durch den Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof für schuldig befunden.
Außerdem verabschiedete der lokale Kongress im Januar ein Gesetz, um die Folter in Guerrero zu verhindern, zu sanktionieren und auszurotten. Die Organización Mundial contra la Tortura (OMCT, Weltweite Organisation gegen die Folter) kritisierte, dass es den internationalen Standards in diesem Bereich nicht gerecht werde. Auch wurde bedauert, dass dem Prozess keine breitere Diskussion vorausgegangen war und dass „es inmitten der Kontroverse beschlossen wurde, die über die Respektierung der Autonomie der Kommission der Menschenrechtsverteidigung (Coddehum) entbrannt ist“. Es sei daran erinnert, dass der Gouverneur Ángel Aguirre Rivero Ramón Navarette Magdaleno zum Beauftragten der Coddehum ernannt hat, eine Aktion, die als Eingriff der Exekutive betrachtet wurde.
Oaxaca: Der Isthmus von Tehuantepec, Hauptkrisenherd
Der Hauptkrisenherd in Bezug auf soziale Konflikte liegt weiterhin am Isthmus von Tehuantepec. Dort prangern Organisationen und Gemeindeversammlungen in der Verteidigung des Territoriums weiterhin Versuche von Inhaftierung, Belästigung, Zwangsräumungen und Aggressionen gegen diejenigen an, die den Kampf zur Verteidigung der Rechte der indigenen Bevölkerung und ihrer Territorien weiterführen gegen die Bestrebungen multinationaler Konzerne, wie Gas Natural Fenosa und Mareña Renovables, große Windradparks auf Gemeindeland zu bauen, ohne eine vorherige, freie und informative Konsultation mit den indigenen Dörfern abzuhalten, die davon betroffen wären.
Im Januar bestätigte der Sprecher des niederländischen Pensionsfond PGGM, dass das transnationale Unternehmen Mareña Renovables das Windpark-Megaprojekt aufgibt, das es in La Barra de Santa Teresa, im Landkreis San Dioniso del Mar, beabsichtigte zu bauen, weil die benötigten Bedingungen für den Bau eines Windparks in dem Gebiet nicht vorhanden seien. Jedoch werde das Projekt, laut derselben Quelle, an eine andere Stelle in der selben Region verlegt.
Außerdem verurteilte das Colectivo Oaxaqueño en Defensa de los Territorios die Mitteilung des Ministeriums für Tourismus und wirtschaftliche Entwicklung an die Behörden des Landkreises Magdalena Teitipac, in der ein Besuch der Generaldirektion für Bergbau-Regulierungen in der Gemeinde ankündigt wurde. Die Landkreis- und Gemeindebehörden erwiderten, dass mit Zustimmung der Gemeindeversammlung zu früheren Zeitpunkten entschieden wurde, das Bergbauunternehmen Plata Real aus der Gemeinde ausweisen und alle Arbeiten zur Erkundung und Ausbeutung der natürlichen und Mineralressourcen zu verbieten.
Das Agrarproblem im Bundesstaat erzeugt weiterhin Gewalt. In einem der letzten Fälle wurden im Dezember elf Indigene der Gemeinde Santo Domingo Yosoñama, Region Mixteca, in einem Hinterhalt von unbekannten Personen aus dem Dorf San Juan Mixtepec umgebracht. Der Ursprung des Massakers scheint im Agrarkonflikt wegen der Grenzen zwischen beiden Orten zu liegen, in dem sich die beiden Gemeinden seit fast 70 Jahren gegenüberstehen.
Im Rahmen des internationalen Tags gegen die Gewalt gegen Frauen im November wurden öffentliche Veranstaltungen in der Hauptstadt von Oaxaca durchgeführt. Särge aus Pappe repräsentierten die 240 Frauenmorde, die während der Amtszeit von Gabino Cué begangen wurden. Die Organisation Consorcio para el Diálogo Parlamentario y la Equidad de Género (Konsortium für den parlamentarischen Dialog und die Gleichstellung der Geschlechter) verurteilte die Ineffizienz des Justizsystems, die den Anstieg des Verschwindens und Ermordung von Frauen erlaubt hat, und betonte, dass 99% der Fälle straffrei sind. Mitte Februar 2014 gab es bereits12 ermordete Frauen in Oaxaca allein in diesem Jahr.