Aktivitäten von SIPAZ (Mitte Mai bis Mitte August 2020)
01/09/2020FOKUS: Die vierte …militärische?… Transformation
21/12/2020I m August wies der Direktor der Abteilung für Gesundheitsnotfälle der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Mike Ryan, darauf hin, dass das Ausmaß der Pandemie in Mexiko unterschätzt worden sein könnte aufgrund der geringen Zahl von durchgeführten Tests. Er drückte auch seine Sorge über die Differenzen bei der Sterblichkeit aus, wobei Personen mit geringen finanziellen Mitteln fünf-mal wahrscheinlicher sterben als wohlhabendere Personen. Im November wurden in Mexiko mehr als 1 Millionen Fälle und mehr als 100.000 Tote gezählt.
Im September präsentierte der Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) seinen Regierungsbericht, in dem er bestätigte, dass „wir aus der Pandemie mit einem besseren Gesundheitssystem hervorgehen“. Ein weiteres Thema war die von der Pandemie verursachte Wirtschaftskrise: „Das schlimmste ist bereits überstanden und es geht aufwärts; die verlorenen Arbeitsplätze werden bereits wiederhergestellt, nach und nach wird zur produktiven Normalität zurückgekehrt und wir beginnen bereits zu wachsen“, sagte er. Dennoch sind dieses Jahr Schätzungen zufolge bereits über 100.000 Unternehmen Pleite gegangen, ohne Unterstützung oder staatliche Programme. Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (Cepal) warnte davor, dass weitere 500.000 Unternehmen in den nächsten sechs Monaten verschwinden könnten. Laut Daten des INEGI fiel das Bruttoinlandsprodukt um 18,9%.
Im Oktober veröffentlichten zivile Organisationen den zweiten Bericht über die „Situation der indigenen und vergleichbaren Gemeinden angesichts des Gesundheitsnotstands wegen des Virus SARS-Cov-2“. Sie berichteten von einem signifikanten Anstieg bei den Fallzahlen und Todesfällen im Vergleich zum Bericht im Juli: in einer von drei Gemeinden kam es zu Infektionen und 35% der Erkrankten mussten ins Krankenhaus eingewiesen werden. Trotzdem sank der Anteil der Gemeinden, die Schutzvorkehrungen treffen von 43% auf 24%, was, unter anderem, mit der wirtschaftlichen Belastung zusammenhängt. „Wir fanden tief verwurzeltes Misstrauen der indigenen Personen gegenüber den Gesundheitseinrichtungen, den dort angebotenen Behandlungen und der Bedeutung, die sie indigenem Leben dort beimessen“, zeigt der Bericht auf. Das Monitoring wies auch mit großer Besorgnis auf die Prekarität der Arbeitsbedingungen und „den großen Vormarsch bei der Kontrolle der Kartelle“ hin.
Einige legislative Fortschritte im Bereich der Menschenrechte…
Im September erkannte Mexiko die Kompetenz des UN-Komitees fürs Verschwindenlassen an, einzelne Fälle richten zu dürfen. Das Menschenrechtszentrum Miguel Agustín Pro erklärte, dass „das nicht nur den einzelnen Fällen nützt (…), mit den strukturellen Empfehlungen, die das Organ machen kann (…), wird die Institutionalisierung des Staates gestärkt, damit die Krise des Verschwindens tatsächlich effektiv angegangen werden kann“. Seit Beginn der Amtszeit von AMLO wurden 1257 geheime Gräber entdeckt und 1957 Leichen exhumiert, eine Tatsache, die für die Regierung „darauf zurückzuführen ist, dass die Suche intensiviert wurde“. Die Behörden erklärten, dass es „einen signifikanten Rückgang beim Verschwindenlassen von Seiten der Behörden gab. Mehr als 90% stehen in Verbindung mit dem organisierten Verbrechen“.
Im September wurde das Gesetz zur Prävention, Bewältigung und umfassenden Reparation interner Zwangsvertreibung verabschiedet, obwohl das Finanzministerium darüber informierte, dass es nicht die entsprechenden Mittel dafür gibt. Einige Tage zuvor hatte die bischöfliche Division der Pastorale für menschliche Mobilität der katholischen Kirche das Thema im Rahmen der 106. Weltweiten Rundreise der Migranten und Flüchtlinge angesprochen. Sie bat die Behörden darum, sich um dieses Phänomen zu kümmern, „das aufgrund der Unsicherheit und der durch das organisierte Verbrechen verursachten Gewalt in Form von Morden, Verschwindenlassen, Zwangsrekrutierung, Erpressung, Diebstahl, Enteignung, Drohungen, Feindseligkeit oder Einschüchterungen und Angst schlimmer wird, sowie aufgrund der extremen Armut, der Vernachlässigung, die viele, besonders indigene, Gemeinde erleben und in vielen Fällen wegen Naturkatastrophen“.
Im November ratifizierte der Senat das Abkommen von Escazú, das das Recht auf Information, Bürgerbeteiligung und Zugang zur Justiz in Umweltangelegenheiten garantieren soll. Es handelt sich dabei um ein internationales Abkommen, das 2018 in Costa Rica von 24 Ländern unterschrieben wurde. „Es ist von großer Bedeutung für Mexiko, da es Bestimmungen für die Verbreitung und den Zugang zu Umweltinformationen festlegt und die Schaffung eines sicheren und vorteilhaften Umfeldes für Umweltaktivisten anspricht“, betonten die Vereinten Nationen.
…Und immer noch viele Probleme, die angegangen werden müssen…
Im August bezichtigte AMLO zivile Organisationen, sie erhielten Geld von ausländischen Fundationen, damit sie sich gegen die Megaprojekte seiner Regierung stellen (eines davon der Maya-Zug). Die angesprochenen Organisationen antworteten, dass „die Megaprojekte die Territorien der indigenen Völker ausgebeutet und zerstört haben und dadurch ihre Autonomie, ihre Ökosysteme und den Genuss ihrer Menschenrechte reduziert. Die Personen und Kollektive, die sich gegen die Megaprojekte gestellt haben, waren das Ziel zahlreicher Aggressionen und Einschüchterungen, die in einigen Fällen zu ihrer Inhaftierung oder gar Exekution geführt haben“. Im Fall des Maya-Zugs, gingen sie detaillierter darauf ein, dass er „schwerwiegende ökologische, soziale, wirtschaftliche und patrimoniale Risiken und Auswirkungen darstellt, wovor von den Gemeinden, Akademikern, Organisationen und sogar Instanzen der Bundesregierung gewarnt wurde. Ebenso wurde er nicht vom Maya-Volk entschieden (…), sondern es fand eine Befragung statt, die nicht die internationalen Standards erfüllt“. Sie denunzierten „die Kampagne der Delegitimierung der Arbeit von zivilen Organisationen durch Aggressionen gegen Organisationen von Aktivisten und Indigenen und neuerdings durch eine Medienkampagne, die die internationale Zusammenarbeit illegal erscheinen lassen soll“. Sie forderten eine öffentliche Entschuldigung sowie eine Garantie der Menschenrechte von Aktivisten und Aktivistinnen.
Im August enthüllte das Nachrichtenportal Animal Politico, dass die Mehrheit der Nationalgarde, die laut Gesetz eine Institution mit zivilem Charakter sein sollte, weder aus Zivilisten noch Polizisten besteht, sondern aus Soldaten, die aus den Streitkräften versetzt wurden. Es besteht große Sorge angesichts der anhaltenden Militarisierung des Landes, insbesondere nach der Veröffentlichung des Abkommens, das festlegt, dass die Streitkräfte Aufgaben der öffentlichen Sicherheit übernehmen können, im letzten Mai (siehe Fokus). Bestärkt wird diese Besorgnis dadurch, dass im Oktober in den USA der General Salvador Cienfuegos von der Drogenbekämpfungsbehörde (DEA) festgenommen wurde, der während der Regierung von Enrique Peña Nieto Verteidigungsminister war. AMLO kündigte an, dass „alle, die in den Fall verwickelt waren und in der Regierung für die Nationale Sicherheit tätig sind, suspendiert oder in den Ruhestand versetzt werden“. Trotzdem bestätigte er, dass er „absolut überzeugt ist, dass die Streitkräfte von Mexiko fundamentale Institutionen für die Entwicklung unseres Landes sind“.
Im September berichtete Artikel 19, dass im ersten Semester von 2020 406 Aggressionen gegen Journalisten und/oder die Presse registriert wurden, eine Zahl, die die 280 Aggressionen im gleichen Zeitraum von 2019 weit übersteigt. Die Organisation erklärte, dass „einige Faktoren, die den Anstieg der Aggressionen verstärken, die Intoleranz einiger Beamter gegenüber der öffentlichen Kontrolle sind, insbesondere in Verbindung mit der Pandemie, der Repression von Protesten sowie die Einnahme der öffentlichen Gewalt durch das organisierte Verbrechen“.
Ebenfalls im September nahm eine Gruppe von Familienangehörigen verschwundener Personen das Gebäude der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) in Mexiko-Stadt ein, um Gerechtigkeit zu fordern. Weitere Kollektive und Organisationen schlossen sich dem Protest an, auch in anderen Bundesstaaten. Einige Demonstranten änderten das offizielle Schild der CNDH und überschrieben es mit „Casa de Refugio Ni Una Menos [Zufluchtshaus Nicht eine weniger]“, damit die Behörden die Gewalt gegen Frauen anerkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Die Solidarität mit der Aktion nahm noch zu nach der Räumung in Ecatepec, wo einige Frauen die Menschenrechtskommission des Estado de México (Codhem) eingenommen hatten. Wenig später verpflichteten die Innenministerin und die Leiterin der CNDH sich, den Bitten der Vertreter von Opfer-Kollektiven Aufmerksamkeit zu schenken.
Im Oktober beschloss das Abgeordnetenhaus trotz Widerspruchs die Abschaffung mehrerer öffentlicher Finanzierungen, darunter solche, die der Reparation für Opfer gelten und für den Schutzmechanismus für Journalisten und Menschenrechtsaktivisten dienen. Gerechtfertigt wurde dies damit, dass die Ressourcen aufgrund der von der Pandemie ausgelösten Gesundheits- und Wirtschaftskrise anders verwendet werden müssten.
EZLN kündigt an, dass sie „die Welt bereisen“ werden 2021
Im Oktober kündigte die EZLN an, dass sie im April 2021 zapatistische Delegationen entsenden möchte, die „die Welt bereisen (…), nicht auf der Suche nach Unterschieden, Überlegenheit, der Konfrontation, noch weniger nach Vergebung oder Mitleid. Wir gehen auf der Suche nach dem, was uns gleich macht“. Das Kommuniqué berichtet: „Wir sehen und hören eine kranke Welt (…), zersplittert in Millionen von sich fremden Menschen, die hartnäckig auf ihr individuelles Überleben bestehen, aber vereint in der Unterdrückung unter einem System, das zu allem bereit ist, um seinen Durst nach Gewinnen zu stillen, selbst wenn klar ist, dass ihr Weg gegen die Existenz des Planeten Erde geht“. Der erste Kontinent, den sie besuchen werden, ist Europa. Sie wollen „am 13. August 2021 in die spanische Hauptstadt“ kommen, „500 Jahre nach der vermeintlichen Eroberung dessen, was heute Mexiko ist“. „Wir werden gehen und dem Volk von Spanien zwei einfache Dinge sage: ‚Dass sie uns nicht erobert haben. Dass wir uns weiterhin im Widerstand und in der Rebellion befinden‘“, betonte die EZLN. „Dass sie uns nicht um Vergebung bitten müssen. Schluss damit, mit der entfernten Vergangenheit zu spielen, um mit Demagogie und Heuchelei die aktuellen Verbrechen zu rechtfertigen und damit den Mord an sozialen Kämpfern (…), den versteckten Genozid hinter den Megaprojekten“, fügten sie hinzu.
CHIAPAS: Regen auf nass
Im November wurde in Chiapas der Notstand erklärt wegen der anhaltenden schweren Regenfälle durch das tropische Tiefdruckgebiet „Eta“, das 20 Menschen das Leben kostete sowie zahlreiche Einstürze und Überschwemmungen verursachte. Damit reihte er sich in eine lange Liste von Problemen ein, die bereits durch die anhaltenden gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Beeinträchtigungen durch die Pandemie verschärft wurden.
In den letzten Monaten wurde eine deutliche Zunahme der Gewalt beobachtet: im September wurden bei einer „Aggression“, wie einige Medien es bezeichneten, drei Menschen getötet und sechs verletzt. Die „Konfrontation“ fand in Tila zwischen uneinigen Mitgliedern des Ejidos und Bewohnern statt. Vor fünf Jahren erlangten die Mitglieder des Ejidos ihre territorialen Rechte auf legalem Wege zurück, wobei die Hauptstadt des Gemeindebezirks in die Gemeinde El Limar verlegt wurde. Das Vikariat für Gerechtigkeit und Frieden der Diözese San Cristóbal erinnerte daran, dass „vor fast drei Wochen eine Gruppe von Bewohnern des Ejido Tila eine Blockade an der Hauptstraße und in einigen anderen nahegelegenen Dörfern organisierte. (…) Wir wissen, dass es Versuche eines Dialog- und Verhandlungsprozesses gab, um eine Lösung für den Konflikt zu finden, aber anscheinend ist die Situation außer Kontrolle geraten“. Das Ejido Tila informierte, dass die Situation eskalierte, als „eine Gruppe von Mitgliedern des Ejidos die Blockade aufheben wollte und mit Schüssen empfangen wurde“.
Ein weiterer Fall: trotz der Unterzeichnung eines Waffenstillstands im Juli, wurde von weiteren bewaffneten Attacken zwischen Aldama und Santa Martha im Gemeindebezirk Chenalhó berichtet. Wurzel des Konfliktes, der zum jetzigen Zeitpunkt 25 Menschen das Leben kostete und zur Vertreibung einer Vielzahl von Menschen und Verletzten führte, sind 60 Hektar Land. Im August wurde ein Video veröffentlicht, das mutmaßlich eine bewaffnete Gruppe von Zivilisten im Gemeindebezirk Chenalhó zeigt. Das Frayba betonte, „dass die Regierung von Chiapas nachlässig gewesen ist angesichts der humanitären Krise im Hochland, dadurch dass sie den bewaffneten Zivilisten gegenüber permissiv beim paramilitärischen Gericht in Chenalhó waren“. Das Menschenrechtszentrum Digna Ochoa machte seinerseits die „bewaffneten Gruppen, die von Seiten des Gemeindebezirks Aldama operieren“ für die Gewalt verantwortlich.
Ebenfalls im Hochland von Chiapas denunzierte das Komitee von Chalchihuitán drei Jahre nach der Zwangsvertreibung von mehr als 5000 Menschen, dass die „latenten paramilitärischen Attacken in Chenalhó“ weitergehen und dass „Rutilio Escandón Cadenas, aktueller Gouverneur von Chiapas, keine der Forderungen erfüllt hat, weder die Empfehlungen der Nationalen Menschenrechtskommission noch die Vorsichtsmaßnahmen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission“.
An anderer Stelle wurden im August zwei Kaffeelager der Unterstützerbasis der EZLN in der Gemeinde Moisés Gandhi im Gemeindebezirk Ocosingo abgebrannt, mutmaßlich von Mitgliedern der Regionalen Organisation von Kaffeekultivatoren von Ocosingo (Orcao). Dazu kam es im Rahmen eines Streits zwischen den beiden Organisationen um 1994 zurückerlangtes Land. Im November prangerte die Versammlung der Guten Regierung (Junta de Buen Gobierno, JGB) „die Entführung und Folterung eines Genossen der zapatistischen Unterstützerbasis“ durch Mitglieder der Orcao an. Sie erwähnte, dass Menschenrechtsorganisationen Zeugen der Gewalt in der Region geworden sind, als sie eine humanitäre Karawane zur Dokumentation organisierten, die im Oktober nach Moisés Gandhi und Nuevo San Gregorio kam. Besagte Karawane beobachtete die „Aggressionen, Drohungen und Anfeindungen durch bewaffnete Gruppen“ und informierte darüber, dass „während die Karawane die Region durchquerte, mehr als neun Schüsse zu hören waren“. Angesichts der Entführung wurde in Mexiko-Stadt eine Demonstration organisiert, „um die neuen paramilitärischen Aggressionen gegen die zapatistische Unterstützerbasis abzulehnen, um die Mitttäterschaft der Bezirks-, Landes- und Bundesregierung anzuprangern und um von der Regierung von López Obrador zu fordern, dass ‚dem Krieg gegen die Zapatisten‘ und die Gemeinden, die sich den Megaprojekten widersetzen, ein Ende gesetzt wird“. Die entführte Person wurde am darauffolgenden Tag freigelassen.
Zu einem weiteren Gewaltausbruch kam es im Oktober bei einer Demonstration von Mitgliedern des Ejidos San Sebastián Bachajón gegen den Bau einer Kaserne der Nationalgarde in Chilón. Sie machten klar: „Als es zur zapatistischen Bewegung kam (…), installierte die Bundesregierung wiederum Militärbasen in verschiedenen Gemeinden (…), wodurch es zu mehr Morden, vergewaltigten, schwangeren und verlassenen Frauen, Trennungen, verlassenen Kindern und einer Zunahme von Alkoholismus, Drogensucht und Prostitution sowie der Verbreitung der organisierten Kriminalität und Unsicherheit kam“. Sie baten um die unmittelbare Amtsenthebung des Präsidenten des Gemeindebezirks von Chilón und des Kommissars des Ejidos von San Sebastián Bachajón, da sie „den Vertrag unterschrieben haben, damit die Kaserne der Nationalgarde gebaut werden kann (…), ohne die Bewohner befragt zu haben“. Laut dem Frayba unterdrückten um die 300 Polizisten und Nationalgardisten die friedliche Demonstration. Zwei Personen wurden willkürlich festgenommen und weitere verletzt.
Straflosigkeit: Ursprung der aktuellen Gewalt?
Im September fand in Mexiko-Stadt der Staatsakt zur Anerkennung der Verantwortung des Staates im Fall des Massakers von Acteal (1997) statt. Daran nahm eine Gruppe von Opfern teil, die sich entschieden hatten, eine Vereinbarung über eine gütliche Einigung zu unterschreiben. Die geschah im Rahmen einer Forderung, die 2005 bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) eingelegt wurde. Der Staatssekretär für Menschenrechte, Alejandro Encinas, gab zu, dass die Attacke von „paramilitärischen Gruppen mit dem Wohlgefallen der Regierung“ verübt wurde. Er informierte darüber, dass die Vereinbarung 18 Todesopfer und 12 Überlebende einschließt, wodurch „die Rechte derer, die auf eine Lösung durch den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte warten, gewahrt sind“.
Im Gegensatz zu dem bei der Veranstaltung Gesagten, drückten eine andere Gruppe von Opfern, die Zivilgesellschaft der Abejas (Bienen) von Acteal und 44 Organisationen aus 10 Ländern ihre Besorgnis darüber aus, dass die Vereinbarung „dem strittigen Prozess vor der CIDH ein Ende setzt“. Sie erklärten, dass es sich um eine „legitime Entscheidung“ vonseiten einiger Opfer handelt, „die wir nicht verurteilen wollen“, aber sie baten darum, „kein falsches Bild zu konstruieren“, dass „der Fall geklärt ist“. Zudem äußerten sie ihre „Besorgnis angesichts der 15 Prozessjahre des Falls vor der CIDH mit langsamen sichtbaren Fortschritten und einer enormen Zermürbung der Opfer und ihrer Familien“.
Zuvor hatte die Zivilgesellschaft der Abejas (Bienen) von Acteal bestätigt, dass „eine öffentliche Entschuldigung nicht reicht“. Sie hinterfragten: „Wenn ihr wirklich so interessiert seid am Frieden und an der Gleichheit, warum garantiert ihr dann weiterhin die Straflosigkeit der Paramilitärs? Warum gibt es dann weiterhin Tote und Verletzte durch Großkaliberkugeln in Aldama und Tila?“. Sie bestätigten: „Wenn es keine Strafe gibt, wenn es keine negativen Konsequenzen für die begangenen Taten gibt, werden die Paramilitärs weiterhin ermutigt“.
OAXACA: Verteidigung von Mutter Erde, Herzstück mehrerer Verteidigungsprozesse
Laut Informationen, die im Oktober veröffentlicht wurden, beantragte das kanadische Unternehmen Minaurum Gold, 6410 Hektar Land im Dschungel von Chimalapas für den Abbau von Gold und Kupfer explorieren zu dürfen. Mehr als 300 Akademiker und Künstler sowie 60 Organisationen betonten, dass „wir nicht erlauben dürfen, dass die Bereicherung einer privilegierten Minderheit und die exzessive Rohstoffnachfrage der Industriegesellschaft als Vorwand genutzt werden, um ein so wertvolles Erbe zu zerstören“. Sie wiesen darauf hin, dass „diese mineralgewinnenden Aktivitäten enorme Umweltbeeinträchtigungen verursachen würden an einem der Orte mit der höchsten Biodiversität des Planeten“. Die Behörden von San Miguel Chimalapa unterstrichen ebenfalls ihre Ablehnung gegenüber Bergbau in ihrem Territorium.
Im Oktober, ein Jahr nach der Unterzeichnung einer Vereinbarung zwischen der Nationalen Wasserkommission (CONAGUA) und 16 zapotekischen indigenen Gemeinden der Valles Centrales, die der Koordination der Vereinten Völker für den Schutz und die Verteidigung des Wassers (Copuda) angehören, denunzierte besagte Organisation, dass CONAGUA seinen Teil der Vereinbarung nicht eingehalten hatte. Die Verträge sollten „die territorialen Rechte der Gemeinden und ihre Beteiligung an der Verteilung des unterirdischen Wassers über innergemeinschaftliche Verträge anerkennen“.
Auch im Oktober reichte die zapotekische Gemeinde Unión Hidalgo vor dem Gericht in Paris eine Zivilklage gegen Electricité de France (EDF) ein, wegen „multipler Verletzungen ihrer Rechte“. Sie beantragten die Unterbrechung des Windparkprojektes Gunaa Sicarú und beschwerten sich, dass die Bevölkerung nicht befragt worden war. Sie machten das Unternehmen dafür verantwortlich, dass es zur „Eskalation der Gewalt zwischen Aktivisten und Aktivistinnen (…) und ‚Gruppen, die EDF nahestehen‘“, beigetragen habe.
Hinsichtlich der Warnung vor geschlechtsspezifischer Gewalt (AVG) in 40 Gemeindebezirken des Bundesstaates, die vor zwei Jahren ausgerufen wurde, wies die Forschungsgruppe über die Frau „Rosario Castellanos“ (GESMujer) darauf hin, dass die Regierung von Alejandro Murat mit 458 Fällen seit ihrem Beginn „sich als die mit der größten Zahl von Frauenmorden in der jüngsten Geschichte profiliert“. Zu 243 dieser Fälle kam es nach Ausrufung der AVG. 62% der brutalen Morde an Mädchen und Frauen geschahen in Gemeindebezirken, die die AVG ausgerufen haben, „was wiederspiegelt, dass es angesichts fehlender schlagkräftiger Aktionen (…) nicht gelungen ist, die Gewalt an Frauen aufzuhalten und dass sie sich darüber hinaus auf Gemeindebezirke ausweitet, die nicht als Risikogebiete gelten“. GESMujer erklärte, dass „die AVG ein Mechanismus ist, der es erlaubt hat, das hohe Niveau der Gewalt an Frauen und Mädchen sichtbar zu machen, aber auch die gravierenden Systemmängel sichtbar gemacht hat“.
GUERRERO: Zwischen Denunziationen und Mobilisierungen
Im September jährte sich zum sechsten Mal die schwerwiegende Menschenrechtsverletzung an den Studierenden der ländlichen Lehramtshochschule von Ayotzinapa, was das Verschwindenlassen von 43 von ihnen umfasst. In diesem Rahmen verpflichtete AMLO sich dazu, dass die Verantwortlichen bestraft werden. Er stellte die Fortschritte vor, unter anderem bei der Suche, der Festnahme von 80 Personen sowie bei Haftbefehlen gegen Soldaten, Polizisten und Beamte. Der UNHRC erkannte die „die wichtigen erreichten Fortschritte“ an, während er gleichzeitig den Mexikanischen Staat dazu aufforderte „die Mühen zu verstärken, um letztlich eine vollständige Aufklärung des Falls zu erreichen“. Im November wurde dann José Martínez Crespo festgenommen, der erste Soldat, der mutmaßlich in Verbindung mit dem Fall steht.
Auch im September forderten zivile Organisationen von den Behörden ein Ende der Kriminalisierung des Regionalen Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte „José Ma. Morelos y Pavón“. Sie erinnerten daran, dass der Präsident des Gemeindebezirks Leonardo Bravo sein Veto gegen den Eintritt des Zentrums nach Chichihualco eingelegt hatte, „wo die Organisation seit mehr als anderthalb Jahren von Gewalt und der Präsenz des organisierten Verbrechens vertriebene Familien begleitet“. Sie drückten ihre Besorgnis angesichts Beamter aus, „die ausgehend von einem Diskurs des Hasses und der Herabwürdigung (…), die Arbeit der Organisationen und Personen diskreditieren wollen, die die Menschenrechte verteidigen“.
Im September machte die Front Guerrero für unsere Verschwundenen den Brief öffentlich, den sie an die Behörden geschickt hatten und in dem sie auf die Beeinträchtigungen eingehen, die sie erlebt haben, sowie auf die fehlende Sicherheit für Aktivisten und Aktivistinnen, die Schutzlosigkeit von Journalisten, die Behinderung des Zugangs zu Wahrheit und Gerechtigkeit, der Suche und der gestoppten Ermittlungen und die schlechte Behandlung von Opfern.
Abschließend im September, marschierten 2000 indigene und afromexikanische Einwohner in Chilpancingo, um die verfassungsrechtliche Anerkennung ihrer Rechte durch die Verabschiedung einer Gesetzesinitiative, die im Dezember vergangenen Jahres präsentiert wurde, zu fordern. Sie denunzierten, dass die Nationalgarde die Demonstranten nach 30 Minuten am Eingang von Chilapa de Álvarez zurückhielt, damit sie es nicht bis in die Hauptstadt schaffen.
Im Oktober fand ein Jahr nach dem Mord am Leiter der Volksfront der Berge (FPM), Arnulfo Cerón, ein Treffen statt, um Gerechtigkeit einzufordern. Das Menschenrechtszentrum Tlachinollan wies darauf hin, dass „zahlreiche Täter und einige Hintermänner für das durchtriebene Verbrechen strafrechtlich verfolgt werden. Das Attentat (…) bewies die Straflosigkeit, mit der das organisierte Verbrechen Menschen entführte, tötete und verschwinden ließ“. Das Zentrum bestätigte, dass es „die Herausforderung für die Behörden sei (…) die Umstände des Falles Arnulfo auszunutzen, um die Bedingungen zu schaffen, um zu verhindern, dass die organisierte Kriminalität sich wieder in den Bergen verwurzelt mit ihrer Fülle an Gewalt und Tod“.