FOKUS: Escazú im mexikanischen Umweltkontext
19/10/2021Aktivitäten von Sipaz (Mitte Mai bis Mitte August 2021)
19/10/2021„20 Jahre nach dem „Marsch der Farbe der Erde“, bei dem die zapatistische Bewegung durch Mexiko marschierte), werden wir segeln und laufen, um dem Planeten sagen, dass in der Welt, die wir in unserem kollektiven Herzen spüren, Platz für alle ist. Einfach, weil diese Welt nur möglich ist, wenn wir alle für sie kämpfen“
Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung, 2021
Am 22. Juni ist die maritime Fraktion der zapatistischen Delegation in Vigo, Galizien, angekommen. Ihr Plan: Europa bereisen. Es sind vier Frauen, zwei Männer und eine unoa otroa. 4, 2, 1. Das Escuadron 421. Im April haben Lupita, Carolina, Ximena, Yuli, Felipe, Bernal und Marijose ihre „Reise für das Leben – Kapitel Europa“ begonnen. „Die Delegation erhielt den Auftrag von ihren zapatistischen Dörfern, unsere Gedanken, d.h., unsere Herzen weit hinaus in die Welt zu tragen. Nicht nur zu jenen, die auf dem Kontinent Europa rebellieren und widerständig sind, sondern auch, um ihnen zuzuhören und von ihren Geschichten, Geografien, Kalendern und Lebensweise zu lernen“, so die EZLN.
Derzeit warten 177 weitere Zapatisten unter der Führung von Subcomandante Insurgente Moisés darauf, Mexiko am 13. September zu verlassen. Darüber hinaus wird auch eine Delegation des Rates der Indigenen des Nationalen Indigenenkongresses (CNI-CIG), bestehend aus 10 Personen, sowie drei Aktivisten der Frente de Pueblos en Defensa de la Tierra y el agua aus Tlaxcala, Puebla und Morelos, anreisen.
Die Luftlandekompanie, mit der sie anreisen werden, wurde „La Extemporánea“ getauft, was der Tatsache geschuldet ist, dass der mexikanische Staat die Zapatistas „extemporäre Mexikaner*innen“ nennt, wenn sie versuchen, ihre Ziele umzusetzen. „Laut den Wörterbüchern bedeutet `extemporáneo` unangebracht, unpassend“ oder „unpassend für die Zeit, in der dies geschieht.“ Nie zuvor wurden wir so zutreffend definiert“, erklärten die Zapatisten in einem Kommuniqué vom 16. Juli. Viele CNI- und EZLN-Mitgliederhatten Schwierigkeiten, ihre Pässe zu bekommen. Zusätzlich könnte „La Extemporánea“ Probleme bei der Einreise nach Europa haben, vor allem wegen der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.
„Für das Leben“
Am 1. Januar 2021 veröffentlichte die EZLN eine Erklärung „Por La Vida“ (Für das Leben), in der sie ankündigte, dass sie zwischen Juli und Oktober 2021 nach Europa, und zu einem späteren Zeitpunkt auch nach Asien, Afrika, Ozeanien und Amerika reisen werden.
Das Ziel der Reise für das Leben ist, sich mit anderen Kollektiven, Organisationen und Bewegungen im antikapitalistischen Kampf zu vereinen, denn dieser erfordert weltweite Handlungen, „überall und zu jeder Zeit“, er kennt keine Grenzen, Nationalitäten, Flaggen, Sprachen, Kulturen, Rassen.“ Für die EZLN ist dieser Kampf primär ein Kampf gegen die Gewalt an Frauen; gegen die Verfolgung und Verachtung von Menschen, in emotionaler und sexueller Hinsicht; gegen die Vernichtung der Kindheit, gegen die Massenmorde an Ureinwohnern und Indigenen; gegen den Rassismus; den Militarismus; die Ausbeutung; die Aneignung; die Zerstörung der Natur.“ Die Reise der Zapatistas soll soziale Kämpfe vereinen, für einen Austausch und einen gegenseitigen Lernprozess sorgen, Netze der Solidarität formen und schlussendlich zu einem globalen Kampf gegen den Kapitalismus und für die Humanität führen.
„Sie haben uns nicht erobert“ – 500 Jahre seit Beginn des indigenen Widerstands
Am 13. August 2021 jährt sich der Fall von Tenochtitláan und die europäische Invasion in Mexiko zum 500 Mal. Das Geschwader 421. der Zapatisten hielt an diesem Tag eine Demonstration in Madrid ab und erklärte, „dass es vor 500 Jahren keine Eroberung, sondern den Beginn eines Widerstands gegeben hat (…) Deshalb muss Spanien nicht um Vergebung für diese Ereignisse bitten„,(Enlace Zapatista, 2021). Sie ist ein Gegenentwurf zu der des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO), der die spanische Regierung aufgefordert hat, sich für die Untaten der Conquistadores zu entschuldigen.
Am selben Tag haben sich in Mexiko Indigene für verschiedene Aktionen zusammengefunden: „Wir, die Ureinwohner, haben unsere Stimmte erhoben und uns organisiert, weil wir die wahre Geschichte erzählen müssen, die Geschichte, die wir in 500 Jahren geschrieben haben, und das wird nicht aufhören, bis wir unsere Welt und unsere Mutter Erde von der kapitalistischen Lüge befreit haben“, berichtet Avispa Midia. Diese Völker teilen die Wahrnehmung, dass Eroberung fortgeführt wird, wenn auch mit anderen Gesichtern: die Gleichgültigkeit der Regierung, der Rassismus, die ausländischen Unternehmen und Megaprojekte, die gewaltsam in den indigenen Territorien errichtet werden sollen.
500 Jahre nach der europäischen Invasion Mexikos symbolisiert die zapatistische Tour den „umgekehrten“ Weg. Die ursprünglichen Völker kehren in die Länder zurück, aus denen die Kolonialunternehmen stammen, aber mit einer anderen Mission: der der „Brüderlichkeit, um dazu beizutragen, den Zusammenbruch der Menschheit zu verhindern. Es ist eine Zeit der globalen Krisen und der einzige Weg, die Kämpfe in allen Bereichen und auf allen Ebenen zu vereinen (Camino al andar, 2021).
„Denen zuhören, die rebellieren und widerständig sind“
La Travesía Por La Vida ist eine Reise in das andere Europa“, d.h. an die Orte, an denen man Widerstand leistet, rebelliert, kämpft“, nicht das Europa, das Amerika erobert hat, sondern das Europa der Rebellen und der Aufständischen von unten, die der Pariser Kommune und der Republik, die des Widerstands gegen den Faschismus, der Kämpfe der Frauen, der Anderen, der Arbeiter, der Ureinwohner usw. (Enlace Zapatista, 2021) Die Zapatistas erkennen die Unterschiede an und wollen keine falsche Einheit im Kampf gegen den Faschismus, wie die „schlechten“ Regierungen durch Nationalismus, Grenzen usw. So kommen nach Europa, um zuzuhören, und um zu lernen. „Jeder und jedem von uns, der einem oder mehreren Köpfen der Hydra gegenübersteht“, dem Ungeheuer der griechischen Mythologie, das für die Zapatistas den Kapitalismus meint und zerstört werden muss, damit die Menschheit überleben kann, so die EZLN (Camino al andar, 2021). Die Reise für Das Leben ist eine Antwort auf den Vormarsch der neoliberalen Politik, die Ausbeutung und der Ausbeutung und Enteignung des Bodens. Sie zielt darauf ab, mit den historischen Beziehungen von Herrschaft und Unterordnung zu brechen, und eröffnet in Zeiten der Gewalt weiterhin nicht-hierarchische Beziehungen. „Wir haben gelernt, dass die Samen im täglichen Leben ausgetauscht werden, gesät werden und im täglichen Leben, im eigenen Boden, mit dem Wissen eines jeden Menschen wachsen“, sagte die Staffel 421.
Das andere Europa – Tierra Insumisa
In ganz Europa haben sich Gruppen, Kollektive und Einzelpersonen aus verschiedenen Bewegungen und Organisationen von unten und von links zusammengeschlossen, um die Reise für das Leben zu organisieren. Die Planung der Reise wird zum einen von interregionalen Arbeitsgruppen organisiert und zum anderen über lokale Netze. Es gibt thematische Arbeitsgruppen, z. B. zum Thema Feminismus, Antirassismus, Klimagerechtigkeit usw., und die Delegierten der verschiedenen Bewegungen überlegen gemeinsam, wie die Reise und gemeinsame Aktionen aussehen könnten. Darüber hinaus gibt es technisch-organisatorische Arbeitsgruppen, so genannte Strukturgruppen, die sich unter anderem mit den Finanzen, der Übersetzung und dem Verkehr befassen.
Das Geschwader 421 reiste in die Städte Barcelona, Madrid und Valencia und kam am 8. Juli in Toulouse, Frankreich, an. Zwischen Musik und grafischer Kunst berichteten Organisationen und Ausschüsse dem Geschwader 421 von Landenteignungen, Polizeigewalt, Rassismus und Ungleichheiten in Frankreich. „Dieses Jahr ist historisch, weil das 421. Geschwader zu Besuch ist und weil wir nicht nur an 500 Jahre des Falles von Tenochtitlan, sondern auch 150 Jahre Pariser Kommune gedenken. Es gibt keine Worte, um das Glück und die Aufregung zu beschreiben, die wir empfinden, weil die Reise für das Leben der Zapatistas mehr ist als nur ein Ereignis, sie ist wirklich schon Teil der Geschichte“, äußerte ein Mitglied der Gelbwesten (Pie de Página, 2021).
Am 24. Juli nahmen die Zapatisten an einer Demonstration der Sans-Papiers-Bewegung in Montreuil teil. Laut dem Artikel „Die zapatistische Schwadron schließt sich den Protesten in Paris an“ (2021) versammelten sie sich, um von den Behörden die freie Einreise für alle Menschen und die Regulierung des Migrationsstatus von Tausenden von Arbeitnehmern zu fordern.
Anschließend nahm die Staffel an einem Treffen von Frauen, trans-, inter- und nicht-binären Menschen aus dem Anderen Europa im ZAD-Lager (Zone à défendre) in Nantes teil. Die ZAD ist ein 1.650 Hektar großes Gebiet, das im Jahr 2007 im Widerstand gegen den Bau eines Flughafens besetzt wurde.
Am 13. August führte das Geschwader 421 einen Marsch zum Gedenken an „500 Jahre Widerstand und Rebellion“ in Madrid an und erklärte, „wenn eines Tages jemand fragt: „Warum sind die Zapatisten hierhergekommen?“, werden wir gemeinsam antworten können, ohne Scham für Sie und ohne Scham für uns, sie sind gekommen, um zu lernen“ (Enlace Zapatista, 2021). Viele Aktivitäten sind noch in Planung…