2001
02/01/2002ZUSAMMENFASSUNG : Empfohlene Aktionen
28/06/2002ZUSAMMENFASSUNG : Empfohlene Aktionen
„Ein schlafender Vulkan“, „eine Zeitbombe kurz vor dem Explodieren“, das sind zwei der Metaphern, mit denen man die derzeitige Situation in Chiapas beschrieben hat. Einige Statistiken, die die Regierung kürzlich veröffentlichte, zeigen, daß dieser Bundesstaat mit seinen hohen Raten in den Bereichen Armut, Analphabetismus und Arbeitslosigkeit der am stärksten marginalisierte in Mexiko ist. Außerdem sind auf einem Kontinent, wo man sich überall für das gleiche neoliberale Modell entschieden hat, viele besorgt, daß sich die derzeitige wirtschaftliche Katastrophe Argentiniens in Mexiko wiederholen könnte.
Man hat unterschiedliche Kommentare zum ersten Regierungsjahr von Präsident Fox und dem Gouverneur von Chiapas, Pablo Salazar, hören können. Auf der nationalen Ebene bezeugen die makroökonomischen Indikatoren zwar eine gewisse Stabilität, jedoch bleibt der Großteil der sozialen Probleme ungelöst, ebenso wie einige Fragen bezüglich der Menschenrechte und des Rechtssystems in Mexiko.
In seinem ersten Regierungsjahr sah sich Pablo Salazar mit einer Unzahl politischer und sozialer Probleme konfrontiert, wobei er sich immer weniger der Unterstützung der Parteien und sozialen Organisationen, die ihn an die Macht gebracht haben, sicher sein konnte. Andererseits haben sich die Spaltungen in der PRI und in anderen Parteien durch den Führungswechsel verschärft. Vor diesem Hintergrund erwies es sich als schwierig, wirkungsvolle Maßnahmen gegen die tief verwurzelten Probleme der Armut und Marginalisierung, die im Bundesstaat vorherrschen, durchzusetzen.
In Chiapas sind die Polarisierung und die Spannungen weiter angestiegen, ebenso wie die Anzeigen wegen Belästigungen, Gewaltandrohungen und Entführungen. Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas gab bekannt, daß es im ersten Regierungsjahr Pablo Salazars (2001) 45 Fälle von Menschenrechtsverletzungen betreute. Im Januar erhielt sogar der Präsident der Menschenrechtskommission des Bundesstaates (CEDH) Morddrohungen, außerdem wurde auf sein Haus und sein Fahrzeug geschossen. Andererseits gab die Regierung von Chiapas kurz vor der Fertigstellung dieses Berichts die Festnahme von Diego Vázquez, Haupträdelsführer der paramilitärischen Organisation Paz y Justicia, bekannt; ihm werden verschiedene zwischen 1995 und 1997 begangene Gewaltverbrechen zur Last gelegt.
Der nationale Kontext ist gekennzeichnet von Unsicherheit und Spannungen, wobei wenig Fortschritt erkennbar ist. Dies ist besonders bei der Situation der Menschenrechte zu beobachten. Im Februar wurde General José Gallardo aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er acht Jahre in Haft gewesen war, weil er gefordert hatte, in der mexikanischen Armee das Amt eines Menschenrechtsbeobachters zu schaffen. Auch wenn die Freilassung Gallardos auf internationalen Druck geschah, so wird doch weiterhin seine Unschuld nicht anerkannt; außerdem ist es bisher nicht zur Umsetzung der weiteren Empfehlungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission gekommen. (Siehe Empfohlene Aktionen)
Ende letzten Jahres wurde ein interministerielles Komitee geschaffen, das von Generalstaatsanwaltschaft, Ministerium für öffentliche Sicherheit und Verteidigungsministerium gebildet wird und Bemühungen zum Schutz von Menschenrechtsaktivisten koordinieren soll. Nichtsdestotrotz zog im Januar das Menschenrechtszentrum Miguel Agustín Pro (Centro PRODH) drei Monate nach der Ermordung der Menschenrechtsanwältin Digna Ochoa eine Bilanz, in der es auf die geringen Fortschritte der Untersuchung aufmerksam machte und die dürftige Unterstützung, die der Staatsanwaltschaft von Mexiko-Stadt vom Verteidigungsministerium und anderen Bundesbehörden zuteil wird, kritisierte. Andere anerkannte internationale Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international, Human Rights Watch oder die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte veröffentlichten zuletzt Berichte, in denen sie einerseits Fortschritte, andererseits aber auch noch unerledigte Aufgaben im Bereich der Menschenrechte herausstellten.
Eine wichtige Initiative war der Ende November von der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) herausgegebene Bericht über die Fälle von Verschwundenen während des sogenannten „Schmutzigen Krieges“ in den Siebziger und Achtziger Jahren. Dieser Bericht war ein Schritt von höchster Wichtigkeit im Kampf gegen die Straflosigkeit.
Das noch immer unerledigte Thema eines Gesetzes über indigene Rechte und Kultur ist ein weiteres Element der Spannungen, Unsicherheit und Erwartungen. In den ersten Monaten des Jahres 2002 muß der Oberste Gerichtshof die mehr als 300 Verfassungsklagen, die gegen das besagte Gesetz eingereicht wurden, verhandeln. Sollte das höchste Rechtsprechungsorgan dem Gesetz Gültigkeit verleihen, könnte es die ohnehin schon von einigen radikaleren Gruppen vertretene Ansicht noch verstärken, daß in Mexiko die Gewalt der einzige Weg sei, um Veränderungen zu erreichen.
Empfohlene Aktionen
- Schreiben Sie an Präsident Fox und drücken Sie Ihre Besorgnis aus, darüber, daß die Verfassungsreform über indigene Rechte zu einem Hindernis für die Wiederbelebung des Friedensprozesses und die Lösung des Konflikts in Chiapas geworden ist.
- bezüglich der mangelnden Fortschritte bei der Aufklärung des Mordes an Digna Ochoa; fordern Sie ihn auf, wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, damit die Armee, die Bundesbehörden und die in den Vorfall verwickelten Bundesstaatsregierungen mit der Staatsanwaltschaft von Mexiko-Stadt kooperieren, damit die Schuldigen zur Verantwortung gezogen und den Drohungen gegen MenschenrechtsaktivistInnen Einhalt geboten werden kann.
- Schreiben Sie an Präsident Fox und beglückwünschen Sie ihn zur Freilassung von General José Gallardo; fordern Sie ihn auf, die weiteren Empfehlungen der CIDH umzusetzen: vollständige Wiedergutmachung für General Gallardo, Anerkennung seiner Unschuld sowie Ermittlung und Bestrafung der Verantwortlichen für die falschen Beschuldigungen und Anfeindungen, die ihn ins Gefängnis und sein Leben in Gefahr gebracht haben.
- Schreiben Sie an den obersten Gerichtshof der Nation (Suprema Corte de Justicia de la Nación) und bringen Sie auf respektvolle Weise Ihre Hoffnung zum Ausdruck, daß er den Verfassungsstreit über das Thema der indigenen Bevölkerung unter Berücksichtigung der Forderungen der indigenen Völker, der von der Bundesregierung in den Abkommen von San Andres gemachten Zusagen und der Verpflichtungen, die der mexikanische Staat durch die Ratifizierung der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) eingegangen ist, lösen wird.
- Verbreiten Sie Informationen wie die in diesem Bericht über die Situation in Chiapas.
Lic. Vicente Fox
Presidente de la República
Residencia Oficial de los Pinos
Colonia M. Chapultepec, Delegación M. Hidalgo
11850 México, D.F., México
Fax: (+52) 55 55 15 17 94
Internetseite, auf der Meinungen geäußert werden können
Suprema Corte de Justicia de la Nación
Calle Pino Suárez #2
Col. Centro, Delegación Cuauhtemoc
México D.F., México
Fax: (+52) 55 55 22 44 45