SIPAZ-Aktivitäten (Juni bis August 2002)
30/08/20022002
31/12/2002ZUSAMMENFASSUNG: Empfohlene Aktionen
Nach dem Urteil des obersten nationalen Gerichtshofes zur Verfassungsreform über indigene Rechte und Kultur ist der Konflikt in Chiapas in eine neue Phase getreten. Während die EZLN ihre Politik des Schweigens fortsetzt, äußerten sich indigene Organisationen und die Zivilgesellschaft gegen dieses Urteil.
Das Schweigen der EZLN bedeutet nicht, daß der Kampf um die Anerkennung der Rechte indigener Völker aufgegeben wurde. Im Gegenteil stellt es die Strategie dar, sich auf den Aufbau der Autonomie durch Handlungen zu konzentrieren. Das Thema der Autonomie ist die Fragestellung im Fokus dieses Berichtes.
Bezüglich der Autonomie gibt es nicht nur ein Modell, sondern unterschiedliche Formen ihres Verständnisses und ihrer Ausübung. Jedes Konzept von Autonomie wirft Schwierigkeiten auf und fordert die Gemeinden und die gesamte Gesellschaft heraus, beispielsweise zur Überwindung von Konflikten, die durch die Unterschiedlichkeit der Erfahrungen mit der Autonomie entstehen.
Auch 4 Monate nach den Morden an zivilen Autoritäten aus autonomen zapatistischen Landkreisen haben die Untersuchungen über die Taten noch keine Resultate ergeben, und die Beschuldigten sind noch immer auf freiem Fuß. Die Interpretationen über die gewalttätigen Vorfälle im Juli und August weichen erheblich voneinander ab. Jenseits der Fragestellung, ob die Taten einer geplanten politischen Strategie angehören oder nicht, bleibt unbestreitbar, daß sie im Kontext einer stark angespannten Situation stehen – als Produkt eines Konfliktes, der weder gerichtlich verfolgt noch gelöst wird, und dazu führt, die Aktionen aller Beteiligten aus einer Kriegslogik heraus zu interpretieren.
Im September wurden durch die bundesstaatliche Polizeibehörde 27 Mitglieder der bewaffneten Gruppe „Desarrollo, Paz y Justicia“ (Entwicklung, Frieden und Gerechtigkeit) verhaftet. Zusammen mit den bereits seit zwei Jahren stattfindenden Spaltungen stellt diese Handlung sowohl eine Schwächung dieser Organisation, als auch eine Quelle der Anspannung in der Nördlichen Zone dar.
Verschiedene Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Entscheidung der obersten Polizeibehörde Mexikos, die „Spezialeinheit zur Bekämpfung von Delikten, die durch mutmaßliche bewaffnete Gruppen begangen werden“ aufzulösen, ohne das Problem mit den Paramilitärs in Chiapas gelöst zu haben.
Der Widerstand gegen das neoliberale Modell war der Schwerpunkt der Mobilisierungen zum 12.Oktober. In Chiapas schlossen sich Basisorganisationen zusammen, um Straßen zu blockieren, Grenzen zu schließen und gegen die indigene Verfassungsreform, die Wirtschaftspolitik der Regierung, den „Plan Puebla-Panama“ und das Freihandelsabkommen für ganz Amerika (ALCA) zu protestieren. Am selben Tag begann in Mexiko die nationale „Consulta“ (Befragung) gegen das Abkommen (ALCA), die sich eingliedert in die regionale und kontinentale Bewegung des Kampfes gegen das dominante Globalisierungsmodell und in der die indigenen Völker eine wachsende Vorreiterrolle ausüben.
Die Regierung steht mit ihrer US-gefälligen Außenpolitik einer feindseligen parlamentarische Opposition gegenüber. Erst kürzlich war die begonnene Debatte über den Haushalt 2003 ein weiterer Spannungsfaktor, da die Opposition die darin vorgesehenen Kürzungen im Sozialbereich scharf kritisiert hat.
Die Untersuchung der Periode des „schmutzigen Krieges“ der 70er und 80er Jahre durch eine von der Regierung ernannte Spezialstaatsanwaltschaft kann das Ende der Straflosigkeit der beiden unter den vorherigen Regierungen traditionell unberührbaren und heute in Frage gestellten Institutionen bedeuten: der Streitkräfte und der PRI.
Mit dem Versuch, das Bild ihrer Institution zu säubern, hat die Militärjustiz die pensionierten Generäle Quirós Hermosillo und Acosta Chaparro wegen Verbindungen zum Drogenhandel verurteilt und wird demnächst über ihre Verantwortung für die Ermordung von 143 Personen während des „Schmutzigen Krieges“ urteilen.
Menschenrechtsorganisationen habe jedoch scharf kritisiert, daß die Militärjustiz die Zuständigkeit für diese Verbrechen übernommen hat, da sie ursprünglich vor der Spezialstaatsanwaltschaft angezeigt wurden.
Im Oktober jährte sich zum ersten Mal der Tag der Ermordung der Menschenrechtsanwältin Digna Ochoa, ohne daß es zu einer Aufklärung des Falles gekommen ist.
Empfohlene Aktionen:
- Schreiben Sie an den Präsidenten Fox und drücken Sie als internationale Öffentlichkeit Ihre Hoffnung aus, daß der mexikanische Staat die Verfassungsreform zu indigenen Rechten und Kultur an die ausgehandelten Kompromisse von San Andres und die ratifizierte Konvention 169 der ILO anpaßt.
- Fordern Sie die ILO auf, vom mexikanischen Staat zu verlangen, die nationale Gesetzgebung über indigene Völker der Konvention 169 der ILO anzupassen
- Drängen Sie die Bundesstaatsregierung, daß sie unparteiisch und objektiv die im August begangenen Gewalttaten in Chiapas untersucht und die Schuldigen unter Anklage stellt.
- Verbreiten Sie Informationen über die Situation in Chiapas und Mexiko – wie z.B. den Inhalt dieses Berichtes
Bitte schreiben Sie an:
Lic. Vicente Fox
Presidente de la República
Residencia Oficial de los Pinos
11850 México D.F., México
Fax: (+52. 55) 55 22 41 17
http://www.presidencia.gob.mx/?P=17
Dr. Juan Somavia
Director General
Organización Internacional del Trabajo
4, route des Morillons
CH-1211, Geneva 22, Suiza
Fax: (+41.22) 917 90 10
cabinet@ilo.org
Lic. Pablo Salazar Mendiguchía
Gobernador del Estado de Chiapas
Palacio de Gobierno, 1º piso
29009, Tuxtla Gutiérrez
Chiapas, México
Fax: (+52.961) 612 0917