SIPAZ Aktivitäten (Dezember 2002 – Februar 2003)
30/04/2003ANALYSE : Chiapas 10 Jahre nach dem bewaffneten Aufstand
26/12/2003POLITISCHE LAGE: Widerstand Und Autonomie, Schaffung Der Zapatistischen Juntas Der Guten Regierung
Im vergangenen Juli übernahm die EZLN wieder die Initiative, indem sie eine Reihe von comunicados veröffentlichte, in denen die Auflösung der Aguascalientes (Orte der Begegnung zwischen EZLN und Zivilgesellschaft in den zapatistischen autonomen Landkreisen) angekündigt wurde sowie die Schaffung der Juntas der Guten Regierung und eine überraschende politische Neupositionierung (siehe: www.ezln.org.mx). Nach wie vor geht es um die Konstruktion einer Autonomie durch Schaffung von Tatsachen, wobei ein Prozess zivilen Widerstands weiter gestärkt werden soll, der nun schon seit einigen Jahren gereift ist.
Ein weiterer Schritt bei der Konstruktion der Autonomie
Im Juli bekräftigte Subcomandante Marcos (der von der zapatistischen Kommandantur bestimmte Sprecher), dass angesichts der fehlenden Antworten von den verschiedenen Ebenen der Staatsgewalt auf die Forderung nach Autonomie die Abkommen von San Andrés nun „in den widerständigen Gebieten einfach angewendet werden“. Außerdem kündigte er an, dass „eine Reihe von Veränderungen hinsichtlich ihrer internen Struktur und ihrer Beziehung zur nationalen und internationalen Zivilgesellschaft vorbereitet worden sind.“
Nach einer selbstkritischen Bestandsaufnahme der Probleme, denen sie sich gegenüber sieht, kündigte die EZLN das Ende der sogenannten Aguascalientes an sowie die Einrichtung von Caracoles („Schnecken“ bzw. „Schneckenhäuser„), von denen aus die „Häuser der Juntas der Guten Regierung“ operieren werden: „(…) sie werden wie Pforten sein, durch die man die Gemeinden betritt und durch die die Gemeinden heraustreten; wie Fenster, durch die man uns hier drinnen sieht und durch die wir nach draußen sehen; wie Sprachrohre, um unser Wort weithin zu verbreiten und das derjenigen zu vernehmen, die weit entfernt sind.“
Jede der fünf Juntas der Guten Regierung wird gebildet von einer/einem oder zwei Delegierten aus jedem Autonomen Rat des jeweiligen Gebiets, wodurch die 30 Zapatistischen Autonomen Landkreise im Widerstand abgedeckt werden.
Diese Juntas der Guten Regierung werden unter anderem folgende Funktionen haben:
- versuchen, das Ungleichgewicht in der Entwicklung der autonomen Landkreise und der Gemeinden auszugleichen
- in den Konflikten, die zwischen autonomen Landkreisen sowie zwischen autonomen und regierungstreuen Landkreisen entstehen können, zu vermitteln
- Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen, Proteste und Ablehnung gegen die Autonomen Räte entgegenzunehmen, auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, die Abschaffung dieser Missstände durch die Autonomen Räte anzuordnen und die Einhaltung der beschlossenen Maßnahmen zu überwachen
- Die Umsetzung von gemeinschaftlichen Projekten und Aufgaben zu überwachen und darauf zu achten, dass die von den Gemeinden beschlossenen Zeitpläne und die Form der Umsetzung eingehalten werden; außerdem sollen sie die Unterstützung von Gemeinschaftsprojekten in den Zapatistischen Autonomen Landkreisen im Widerstand fördern
- Die Einhaltung der in den Zapatistischen Autonomen Landkreisen im Widerstand im allgemeinen Einverständnis mit den Gemeinden gültigen Gesetze zu überwachen
- Die nationale und internationale Zivilgesellschaft beim Besuch der Gemeinden, bei der Umsetzung produktiver Projekte, der Einrichtung von Friedenscamps, der Durchführung von Forschungsarbeit (wohlgemerkt: derart, dass auch die Gemeinden einen Vorteil davon haben!) sowie bei jedweder sonstigen, in den widerständigen Gemeinden gestatteten Tätigkeit zu betreuen und anzuleiten
- In allgemeinem Einverständnis mit dem CCRI-CG (Geheimes Revolutionäres Indigenes Komitee – Generalkommandantur) der EZLN die Partizipation von Compañeros und Compañeras der Zapatistischen Autonomen Landkreise im Widerstand an Aktivitäten und Veranstaltungen außerhalb der widerständigen Gemeinden zu fördern und zu billigen sowie diese Compañeros und Compañeras auszusuchen und vorzubereiten
- Dafür zu sorgen, dass im Zapatistischen Gebiet im Widerstand diejenigen, die befehlen, gehorchend befehlen“
Die EZLN lud für den 8. bis 10. August zum „Tod“ der Aguascalientes und zur Einweihung der Caracoles in die Caracol von Oventik (Altos de Chiapas) ein. Daran nahmen zehn zapatistische KommandantInnen, hundert RepräsentantInnen der autonomen Landkreise und tausende ZapatistInnen und Mitglieder der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft teil.
Mit dieser neuen Struktur verstärkt sich die EZLN von innen nach außen und von unten nach oben, indem sie die Wege der Kommunikation mit der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft deutlicher akzentuiert: „So dass die ‚Zivilgesellschaften‘ jetzt genau wissen, mit wem sie sich abstimmen müssen bezüglich Projekten, Friedenscamps, Besuchen, Spenden etc. Die VerteidigerInnen der Menschenrechte wissen, an wen sie sich mit den Klagen, die sie erreichen, zu wenden und von wem sie die Antwort zu erwarten haben. Die Armee und die Polizei wissen, wen sie angreifen müssen (nur vorausgesetzt, dass sie verstehen, dass auch wir, d.h. die EZLN, es sind, die sich dort einbringen). Diejenigen Medien, die das berichten, wofür sie bezahlt werden, wissen, wen sie verleumden und/oder ignorieren müssen. Die ehrlichen Medien wissen, an wen sie sich für Interviews oder Reportagen in den Gemeinden wenden müssen. Die Bundesregierung und ihr „Beauftragter“ wissen, was es ist, das sie behandeln müssen, als existierte es nicht. Und die Macht des Geldes weiß, wen sie noch zu fürchten hat.“ („Die dreizehnte Stele“, Sechster Teil)
Anregungen von der lokalen für die internationale Ebene
Im fünften im Juli erschienenen comunicado wies Marcos auf einen schwierigen Punkt hin: die Beziehungen zwischen den zapatistischen und den nicht-zapatistischen Gemeinden. Die EZLN hat sich um eine Wiederbelebung und Stärkung der politischen Ebene der Gemeinden bemüht, wo Macht als demokratisch, vom Rotationsprinzip bestimmt und horizontal organisiert begriffen wird. Er gestand aber ein, dass in Fällen von Konflikten oder Meinungsverschiedenheiten bisher die EZLN das letzte Wort hatte: „Die militärische Struktur der EZLN ‚kontaminierte‘ in gewisser Weise eine Tradition von Demokratie und Selbstverwaltung. Die EZLN war, um es so zu sagen, eines der ‚antidemokratischen‘ Elemente in einem Verhältnis von direkter gemeinschaftlicher Demokratie.“
In Oventik kündigte die EZLN als Geste des guten Willens den nicht-zapatistischen Gemeinden gegenüber den Rückzug von Kontrollposten sowie das Ende von Gebührenerhebungen auf Straßen unter ihrer Kontrolle an. Außerdem wurde ein neues Verhältnis zwischen den autonomen Landkreisen und dem bewaffneten Arm der Zapatisten definiert, in dem der „Schatten“ der EZLN einen Schritt zurückweicht und die Gemeinden wieder die Hauptrolle übernehmen. Das zapatistische Projekt erscheint mehr denn je als eines, das aus mehr als nur militärischem Widerstand besteht und nimmt eine zum Handeln ermutigende Haltung zivilen Ungehorsams ein, indem sie immer expliziter Regierungsfunktionen übernimmt.
Dennoch bleibt die EZLN für die Verteidigung der autonomen Landkreise aktiv. In diesem Sinne sandte sie sehr deutliche Botschaften an die paramilitärischen Gruppen, „insbesondere in der Region von Los Altos de Chiapas“.
Auf internationaler Ebene – bezüglich des Plan Puebla-Panama – verfügen „die zapatones über Mittel und die Organisation, die notwendig und ausreichend sind, um die Umsetzung dieses Plans zu verhindern.“ Als Gegenentwurf legt die EZLN den „Plan La Realidad-Tijuana“ vor; für den Norden des amerikanischen Kontinents, den „Plan Morelia-Nordpol“; für Zentralamerika, die Karibik und Südamerika den „Plan La Garrucha-Feuerland“; für Europa und Afrika den „Plan Oventik-Moskau“, in Richtung Osten gehend; für Asien und Ozeanien den „Plan Roberto Barrios-Neu Delhi“, in Richtung Westen gehend. Sie kündigte an, dass sie an den Mobilisierungen gegen die Welthandelsorganisation (WTO) im September in Cancún teilnehmen werde. Es war das erste Mal seit langem, dass die EZLN sich mit solcher Deutlichkeit und so konkret zur sozialen Agenda angesichts der wirtschaftlichen Globalisierung äußerte.
Tatsächlich gelangten die Worte der EZLN bis zum Gipfel von Cancún – überbracht durch die Organisation „Vía Campesina“ als Aufzeichnung der Stimmen von Comandante Esther, Comandante David und Subcomandante Marcos. Sie riefen dazu auf, den Widerstand und den Kampf gegen den Neoliberalismus fortzusetzen und auf dem Wege der Autonomie eine Welt zu schaffen, in der das Leben über den Krieg triumphiert.
Reaktionen
Die Mitglieder der Regierung nahmen unterschiedliche Haltungen ein. Für Xóchitl Gálvez, Vorsitzende der Nationalen Kommission für die Entwicklung der Indigenen Völker, gibt es für das in Chiapas nach wie vor bestehende Indígena-Problem „eine einzige, grundsätzliche Lösung: die Reform der Verfassung, die weder die Gemeinden noch die Zapatisten zufrieden gestellt hat, voranzubringen.“ Sie begrüßte, dass die neue Initiative mehr politischen denn militärischen Charakter habe, ein Aspekt, den auch der Regierungssekretär positiv hervorhob.
Am 1. September gab Präsident Fox seine dritte Regierungserklärung: einen Großteil seiner Ausführungen widmete er den Strukturreformen in den Bereichen Haushalt, Arbeit, Telekommunikation und Energie. Zur Situation der indigenen Völker hob er die Bildung der Nationalen Kommission für die Entwicklung der Indigenen Völker hervor. Diese Kommission wurde von mehr als 50 indigenen und Menschenrechtsorganisationen abgelehnt, da sie vor deren Einrichtung nicht konsultiert worden waren.
Der offizielle Regierungsdiskurs lief darauf hinaus, dass die Juntas der Guten Regierung im Rahmen der Verfassung möglich seien – dank der letzten Verfassungsreform, die Formen indigener Autonomie erlaubt. Es ist aber daran zu erinnern, das eben diese Reform von der EZLN abgelehnt wurde, da sie den als „Ley COCOPA“ bezeichneten Gesetzentwurf, der die wichtigsten Übereinkommen der „Acuerdos de San Andrés“ einbezog, nicht berücksichtigte. Während für die EZLN die Juntas der Guten Regierung einen weiteren Schritt im Widerstand bedeuten, versucht die Regierung sie in den konstitutionellen Rahmen einzubinden, wo sie näher an der Reform, die von der Regierung selbst ausging, wären.
Auf der Ebene des Bundesstaates lehnten priistische und panistische Abgeordnete des Kongresses von Chiapas die Schaffung der Juntas der Guten Regierung ab, da diese den Rechtsstaat verletzten und zur immer weiter gehenden Polarisierung im sozialen Gefüge beitrügen.
Der Regierungsbeauftragte von Chiapas für die Versöhnung der Konfliktgemeinden, Juan González Esponda, bekräftigte hingegen, dass die Regierung von Pablo Salazar der Meinung sei, dass „keine Form der Regierung, die versucht, die Situation der Indígenas zu verbessern, gegen das Gesetz verstößt“, weshalb sie die Initiative als „eine interessante Anstrengung der Gemeinden auf der Suche nach neuen Formen der Konfliktlösung“ wertete.
Vertreter des Indigenen Nationalkongresses (der einen Großteil der indigenen Bewegung Mexikos in sich vereinigt) kündigten an, dem Beispiel der Zapatisten zu folgen, die indigene Autonomie im ganzen Land voranzutreiben und die Rechte der indigenen Völker aktiv zu verteidigen. Vertreter verschiedener Bauernorganisation feierten die Entstehung der Juntas der Guten Regierung und bekräftigten, dass es sich um eine hervorragende Institution zur Ausübung der Demokratie des Volkes handele.
Gewinner bei den Wahlen zur Legislative: die Wahlenthaltung
Die Neupositionierung der EZLN gewann eine besondere Bedeutung angesichts der politischen Landschaft nach den Wahlen, in der sie sich vollzog. Am 6. Juli wurden in Mexiko bundesweit Abgeordnete gewählt. Dabei wurde die stärkste Wahlenthaltung in der jüngeren Geschichte des Landes registriert, mit einem Rekordanteil von 58,32% (über 37 Millionen Wahlberechtigte). Obwohl das Wählerverzeichnis 15 Millionen WählerInnen mehr aufwies, gaben weniger Menschen ihre Stimme ab als bei den Wahlen von 1997 und 1994. Seit 1988 ist die Gesellschaft aufmerksam und fordert, dass der Wille der WählerInnen respektiert wird und dass die Wahlen sauber durchgeführt werden. Heute scheint aber eher Politikverdrossenheit vorherrschend zu sein: der hohe Anteil an Wahlenthaltungen wurde als politische Abstrafung nicht ausschließlich für Präsident Fox, sondern auch für die politischen Parteien insgesamt aufgefasst, worin sich die Desillusionierung der Gesellschaft bezüglich eines politischen Wechsels und die Enttäuschung über das Fehlen echter Alternativen widerspiegelt.
Eines der Ergebnisse der Wahlen ist, dass sich die Partei der Institutionellen Revolution (PRI, Regierungspartei von 1929 bis 2000) nach ihrer Niederlage in den Präsidentschaftswahlen 2000 erholt und neu formiert hat. Sie erhielt 36,9% der Stimmen und stellt mit 222 Abgeordneten die stärkste Fraktion, was aber immer noch weit von den Zeiten entfernt ist, als sie über 50% der Stimmen erhielt.
Die Partei der Nationalen Aktion (PAN, die Partei von Präsident Fox) gilt als großer Verlierer der Wahl, da sie nicht die Mehrheit gewinnen konnte, die für eine Durchsetzung der Reformen ohne Verhandlungen mit der Opposition nötig gewesen wäre. Dennoch, die PAN gewann 32,83% der Stimmen und stellt 151 Abgeordnete, was etwa ihrem Anteil bei früheren Wahlen entspricht.
Die Partei der Demokratischen Revolution (PRD, Oppositionspartei, Mitte-links) konnte ihrerseits ihre Position im Bundesdistrikt México festigen, wo sie eine überwältigende Mehrheit erhielt, ein Ergebnis der Popularität von Manuel López Obrador, dem derzeitigen Regierungschef von Mexiko-Stadt. Mit 18,77% der Stimmen (95 Abgeordnete) hielt sie sich als drittstärkste politische Kraft in Mexiko, verlor aber im Rest des Landes.
Die drei anderen Parteien, die vertreten sein werden, sind die PVEM mit 6,55% der Stimmen (17 Abgeordnete), die Arbeitspartei PT mit 2,55% (6 Abgeordnete) und Convergencia mit 2,41% (5 Abgeordnete). Die übrigen Parteien verloren ihre Registrierung, da sie nicht die erforderliche Anzahl an Stimmen erhielten.
Angesichts dieser Resultate – und obwohl Mexiko das Niveau an Glaubwürdigkeit seiner Wahlprozesse erhöht hat – scheint die mangelnde Legitimität des neuen Abgeordnetenhauses doch besorgniserregend. Die größte Minderheit ist die PRI, die etwa 15% der im Wählerverzeichnis aufgeführten Personen repräsentiert. Andererseits wird die starke Fragmentierung des Abgeordnetenhauses die Konsensfindung für jede Art von Reformen erschweren.
Konflikt in der Biosphäre Montes Azules: einer der Hauptbrennpunkte
Nach den Spannungen, die in den vergangenen Monaten durch die Vertreibungsdrohungen erzeugt wurden, trafen die Regierung des Bundesstaates und Anführer der Lakandonen eine Vereinbarung, damit es nicht zu Vertreibungen im Biosphärenreservat Montes Azules komme. Die Behörden verpflichteten sich, den Angehörigen der Volksgruppe diverse ökonomische Begünstigungen zuteil werden zu lassen, während die Lakandonen ihre Versuche, andere indigene Gruppen aus der Region zu vertreiben, aussetzen werden.
Noch diesen Monat wurde zum fünften Mal die Wiederansiedlung der 28 Chol-Indígenas verschoben, die im Dezember freiwillig das Reservat Montes Azules verlassen hatten, nachdem die Procuraduría Federal de Protección al Ambiente (Profepa, Bundesumweltbehörde) ihnen die Zuteilung neuer Ländereien zugesichert hatte. Die Indígenas brachen den Dialog mit der Regierung ab und entschieden, sich auf eigene Verantwortung im Landkreis Marqués de Comillas niederzulassen.
Mario Hernández Pérez von der Koalition Autonomer Organisation des Bundesstaats Chiapas (COAECH) betonte, dass dies „zeigt, dass die Bundesregierung weder den Willen noch die Mittel hat, die im Biosphärenreservat ansässigen Familien umzusiedeln“. Er fügte hinzu, dass „heute mehr denn je die Herausforderung an die in Montes Azules ansässigen Indígenas die ist, keinerlei Umsiedlung zu akzeptieren, weil die Regierung ihr Wort nicht hält.“
Rückstände im Bereich der Menschenrechte
Wenngleich es Fortschritte bei der Situation der Menschenrechte in Mexiko gibt, machte die CIDH (Interamerikanische Menschenrechtskommission) im April in einer Erklärung darauf aufmerksam, dass sie „mit Besorgnis den zunehmenden Verfall der demokratischen Institutionalität beobachtet. Mexiko lag im Jahr 2002 auf Platz 2 bei den Anzeigen bei der CIDH und auf Platz 6 bei den Forderungen an die Staatsgewalt nach Schutzmaßnahmen für Personen im Zusammenhang mit Anzeigen wegen Verletzung ihrer Grundrechte.“
Das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte mit Sitz in Mexiko leitet derzeit ein Monitoring der Menschenrechtssituation ein, um genaue Informationen über die Ursachen dafür zu erhalten, dass die Bürger nicht in vollem Umfang ihre individuellen, bürgerlichen und politischen Rechte wahrnehmen können sowie über den Stand der Umsetzung internationaler Konventionen.
Fast ein Jahr und neun Monate nach dem Tod der Anwältin Digna Ochoa y Plácido hat die eigens für den Fall zusammengestellte Sonderkommission die Ermittlungen abgeschlossen und bekräftigt, dass die Menschenrechtsverteidigerin Selbstmord begangen hat. Angesichts der Entschlossenheit ihrer Angehörigen, die Ermittlungsergebnisse anzufechten, und der Empörung nationaler und internationaler Organisationen über diese sicherte Staatsanwalt Bernardo Bátiz zu, dass man allen internen und externen Revisionsmöglichkeiten Rechnung tragen werde.
Widerstandsprozesse auf regionaler Ebene
Im Juni erklärte der Präsident des zentralamerikanischen Parlaments, Augusto Vela, dass im Rahmen des PPP in erster Linie drei Fragen anstehen: die Finanzierung der Projekte, mehr Beratungen und Austausch mit der betroffenen Bevölkerung und vor allem die soziale Entwicklung.
Unterdessen haben sich sowohl in Mexiko als auch auf zentralamerikanischer Ebene die Räume für Vernetzung und Austausch der Bewegung gegen die ökonomischen Megaprojekte vervielfacht. Aus dieser Menge wollen wir einige herausgreifen.
Vom 11. bis zum 12. Mai fand in Mexiko das Kontinentale und Globale Treffen gegen das Amerikanische Freihandelsabkommen (ALCA, Acuerdo de Libre Comercio de las Américas) und die Welthandelsorganisation (WTO) statt. Die Delegierten von mehr als 150 internationalen Organisationen vereinbarten eine weltweite Agenda von Mobilisierungen, Widerstandsaktionen und zivilem Ungehorsam gegen die Förderung des ALCA, die WTO-Konferenz und zur „Demaskierung“ des vierten Präsidentengipfel Amerikas, der ebenfalls Ende des Jahres in Mexiko stattfinden soll.
Im Mai fand in Oaxaca das „Nationale Treffen Mittelamerikanischer Widerstand gegen die Neoliberale Globalisierung“ statt, an dem etwa 400 Mitglieder von 130 sozialen und Nichtregierungsorganisationen teilnahmen – unter dem Motto „Für eine Zukunft ohne PPP und ohne ALCA!“. In der Abschlusserklärung machten sie die Notwendigkeit deutlich, ausgehend von den Indígenas und Campesinos/as, den Marginalisierten und den Ausgeschlossenen ein eigenes soziales Projekt zu konstruieren.
Mitte Juli wurden in Honduras die „Widerstandstage 2003“ veranstaltet, die aus einer Reihe von Foren und Treffen bestanden, bei denen es um die Stärkung der Volksbewegung in Mittelamerika und der Karibik und um die Suche nach Alternativen zu den ökonomischen Megaprojekten ging: die „Dritte Woche der Biologischen und Kulturellen Biodiversität“, das „Zweite Mittelamerikanische Forum gegen Staudämme“ und das „Vierte Mittelamerikanische Forum gegen den PPP“.
Bei den letztgenannten Treffen wurden auch die Mobilisierungen gegen die fünfte Ministerkonferenz der WTO, die vom 10.-14. September in Cancún stattfand, vorbereitet. Zahlreiche mexikanische und internationale bäuerliche, indigene, soziale und andere Nichtregierungsorganisationen versammelten sich, um Alternativforen zum Gipfel abzuhalten und um gegen die von den WTO-Mitgliedsorganisationen beschlossenen Handelsgesetze zu protestieren. In vielen Ländern und Bundesstaaten fanden während dieser Woche Aktionen statt, um an alle Opfer der militärischen und ökonomischen Kriege, die die von der WTO bestimmte Politik hervorbringt, zu erinnern.