GEGENWÄRTIG : Mexiko 2008, Stehen stürmische Zeiten bevor?
29/02/2008AKTUELLE: Mexiko – Mangel und Armut, die größten Sorgen
29/08/2008Auslöser: die Energiereform
Am 9 April wurde endlich das von Präsident Felipe Calderón angekündigte Energiereformprojekt vorgestellt. Diese Initiative soll den Erdölsektor wiederbeleben, eine der wichtigsten Einnahmequellen Mexikos, indem der staatlichen Erdölgesellschaft Pemex mehr Geld zur Verfügung gestellt wird, deren Fördermenge zurzeit sinkt und die nicht über ausreichende Mittel verfügt, um neue Quellen zu erschließen. Die Reform beinhaltet Änderungen an rund 10 Gesetzen und beinhaltet eine Neuerung, genannt „erweiterte Dienstleistungen“, die die Beteiligung der Privatwirtschaft an nahezu dem ganzen Produktionsprozess erlauben (Erschließung, Ausbeutung und Raffinerien von Erdöl und petrochemischer Grundstoffe).
Seit Monaten hatten der Nationale Demokratische Kongress (Congreso Nacional Democrático) unter der Führung des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador (AMLO) und der Fortschrittlichen Breiten Front FAP (Frente Amplio Progresista), die aus den wichtigsten linken Parteien besteht: der Partido de la Revolución Democrática, PRD; der Partido del Trabajo, PT; Convergencia friedliche zivile Widerstandsaktionen angekündigt, um, was sie als den Versuch der Privatisierung der staatlichen Erdölgesellschaft ansehen, zu verhindern.
Der Startschuss für diesen zivilen Widerstand war der 10 April als im Senat die Mehrheit der FAP Senatoren überraschend die Bühne stürmten und verlangten, das eine echte Debatte über die Zukunft des Erdölsektors geführt wird. Auf den Strassen begannen tausende von Frauen, organisiert in „friedlichen Widerstandsbrigaden“, sowie Teile der Bewegung zur Verteidigung des Erdöls (Movimiento en Defensa del Petróleo) den Senat zu umringen. Seitdem haben die Senatoren ihre Sitzungen an alternativen, dafür nicht vorgesehenen Orten abgehalten, um die herum Anhänger der FAP protestierten. Auch in anderen Bundesstaaten der Republik gab es erste Demonstrationen.
Die derzeitige Polarisierung, die so bereits nach den Präsidentschaftswahlen 2006 zu spüren war, spielt sich nicht nur im Kongress ab und ist auch mehr als eine Frage von Rechts und Links, die Fronten des Konflikts verlaufen innerhalb der PRD. Die Wahlen zum Vorsitzenden dieser Partei fanden am 16 März statt. Die zwei zur Wahl stehenden Kandidaten standen stellvertretend für die zwei wichtigsten Strömungen innerhalb der Partei: Alejandro Encinas, der AMLO näher steht und Jesús Ortega, der Kandidat der sogenannten Neuen Linken (Nueva Izquierda). Zahlreiche Unregelmäßigkeiten wurden bei diesen innerparteilichen Wahlen registriert. Bis heute wurden die Ergebnisse nicht bekannt gegeben. Beide Strömungen scheinen unversöhnbar zu sein und dies zeigt sich erneut im Widerstand gegen die Energiereform.
Ein weiterer Grund für die soziale Unzufriedenheit: die Landwirtschaftsparagrafen des NAFTA
Am 31 Januar fand eine große Demonstration statt, um die Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA/ TLCAN) zu verlangen. Zur Erinnerung: am ersten Januar 2008 traten Paragrafen in Kraft, die die Landwirtschaft betreffen und nunmehr den zollfreien Import von Grundnahrungsmittel wie Bohnen und Mais sowie Milchprodukten und Ölsaat ermöglichen. Während des Protests, der als der größte je gegen das NAFTA organisierte Protest im Land gesehen wird, bezeichneten die Demonstranten die Öffnung des landwirtschaftlichen Sektors als „Gnadenschuss“ für die mexikanische Landwirtschaft und wiesen auf das latente Risiko sozialer Explosionen hin, sollte es zu keiner Neuverhandlung kommen.
Im Februar unterschrieben mehr als 40 Organisationen der Bauern, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft den „Pakt für die Nahrungsmittel -und Energiesouveränität, die Rechte der Arbeiter und der demokratischen Freiheiten“ (Pacto por la Soberanía Alimentaria y Energética, los Derechos de los Trabajadores y las Libertades Democráticas) und dokumentierten dadurch ihre Einheit als Gesprächspartner für den Staat. Ein erster Dialogsversuch zwischen der mexikanischen Bundesregierung und diesen Organisationen scheiterte im März. In einer gemeinsamen Presseerklärung erklärten die Organisationen dieser nationalen Bewegung, die sich in dem zuvor genannten Pakt zusammengeschlossen hatten, dass sie der Meinung sind, dass die Regierung von Felipe Calderón nur den Dialog sucht, mit ihr „nahestehenden, befreundeten Organisationen, um, im Hinblick auf die Wahlen und die parteiinterne Wahl 2009, die Kontrolle über die Vergabe öffentlicher Gelder, sowie über die Programme und den Haushaltsplan für den ländlichen Raum die Kontrolle zu behalten“. Sie sind der Meinung, die Strategie der Regierung, den Dialog einzufrieren, sei eine „Stragegie um die Bewegung zu schwächen“.
Im März überreichte die Kampagne „Ohne Mais gibt es auch kein Mexiko“ (Sin Maíz No Hay País) dem Senat einen Brief mit den Unterschriften von 438 tausend Bürgern. Diese verlangten eine Ausklammerung der Produkte Mais und Bohnen aus dem NAFTA, die Einrichtung einer permanenten Verwaltungsbehörde für Im –und Exporte von Getreide und Bohnen und ein Anbauverbot für genetische veränderte Pflanzen.
Weiterer Zündstoff: die Strafrechtsreform
Im Februar prangerte Amnesty International an, dass mehrere der vom Senat angenommenen Vorschläge im Bereich des Strafrechts „Elemente beinhalten, die die Menschenrechte und die Grundrechte unterminieren, weshalb es nötig ist, sie nochmal zu bearbeiten und zu verändern bevor sie umgesetzt werden“. Diesen Monat haben die Organisationen der Nationalen Front gegen die Repression (Frente Nacional Contra la Represión) einen Aktionsplan gestartet, mit dem Ziel den parlamentarischen Prozess zur Umsetzung der Reform aufzuhalten.
Auch zahlreiche mexikanische und internationale Menschenrechtsorganisationen, sowie die nationale Menschenrechtskommission CNDH (Comisión Nacional de los Derechos Humanos) und die „Ombudsmänner“ der 32 Bundesstaaten stellten die Reform in Frage. Sie stimmten darin überein, dass sie „einen Rückschritt für die Einhaltung der Grundrechte bedeutet“.
Ende Februar strich die Kommission der Abgeordneten einen der umstrittensten Teile aus dem Text: die Möglichkeit von Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung. Trotzdem prangerten sie an, dass einige problematische Punkte wie das arraigo beibehalten wurden. Richtig ist, dass es auch einige Verbesserungen wie z.B. mündliche Verfahren und die Änderung eines inquisitorischen Verfahrens in ein anklagendes Verfahren (Unschuldsvermutung). Im März nahm der Senat die Verfassungsreform mit den von den Abgeordneten gemachten Änderungen an.
Andauernde Militarisierung und weitere Klagen
Aufgrund der Militarisierung des Landes ist eine weitere Zunahme der Klagen zu verzeichnen, die jüngsten kommen aus Tamaulipas, Michoacán, Sinaloa und Chihuahua. Die staatliche Menschenrechtskommission CEDH (Comisión Estatal de Derechos Humanos) berichtet, dass sie aus Michoacán im Jahr 2008 56 Beschwerden erhalten hat, die das mexikanische Militär und die Polizei anklagen, Urheber systematischer Gewalt gegen Personen zu sein, zu plündern und Zerstörungen anzurichten. In Sinaloa ermittelte die militärische Staatsanwaltschaft (Procuraduría de Justicia Militar) ende März gegen 16 Soldaten, die an der Ermordung von 4 Jugendlichen in der Gemeinde Badiraguato beteiligt waren.
Mit der „Gemeinsamen Operation Chihuahua“ (Operación Conjunta Chihuahua), die am vergangenen 28 März begann, wurden 2500 Soldaten und 500 Polizisten des Bundes und der Strafverfolgungsbehörden in der Region stationiert, um einer Welle der Gewalt entgegen zu treten, mit allein 231 Hinrichtungen in diesem Jahr. Das Sicherheitskabinett bestätigt, dass nach weniger als einer Woche seit Beginn der Operation mehr als 100 Waffen und über 2 Tonnen Drogen beschlagnahmt wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft in Mexiko (Procuraduría General de la República) kündigte ihrerseits an, dass sie eine Untersuchung über die Ereignisse während der Operation begonnen habe, da es Meldungen über willkürliche Verhaftungen, grausame und unmenschliche Behandlungen sowie die Isolierung von Gefangen gab und auch den Mitarbeitern der CNDH der Zutritt zu den militärischen Anlagen verweigert wurde.
Das Verteidigungsministerium SEDENA (Secretaría de la Defensa Nacional) wies andererseits darauf hin, dass Mitglieder des vor allem in Chihuahua aktiven Cartel de Juárez planen, sich als Soldaten zu verkleiden und bei fingierten Hausdurchsuchungen tumultartige Vergewaltigungen durchzuführen, eine Aktion, mit der sie hoffen den Ruf der Streitkräfte zu schädigen. Die SEDENA wörtlich: „Als Teil dieser Strategie hat die genannte Organisation (die der Carrillo Fuentes) in letzter Zeit zu diesem Zweck Demonstrationen und Blockaden organisiert und Meldungen ohne jegliches Fundament verbreitet“.
Das Militär bleibt bis mindestens 2012 auf der Straße
Im Januar traf sich der Vorsitzende der nationalen Menschenrechtskommission José Luis Soberanes mit dem neuen Regierungssekretär, Juan Camilo Mouriño, um ihn darum zu bitten, dass das Militär nicht weiter Aufgaben der Polizei übernehme. Nachträglich bestand er darauf, dass die mexikanische Rechtsordnung klare Grenzen setzt, welche Aufgaben in die Zuständigkeit des Militärs fallen und welche von den Einheiten der Polizei Übernomen werden müssen.
Im Februar wiesen Menschenrechtsorganisationen darauf hin, dass das Militärs bei der Übernahme von Sicherheitsaufgaben kaum die jedem Einzelnen garantierten Rechte achtet, so z.B. an den Kontrollposten, die an verschiedenen Orten im Land errichtet wurden. Adrián Ramírez, Direktor der Mexikanischen Liga für die Menschenrechte (Liga Mexicana para los Derechos Humanos), ist der Meinung, das Militär müsste sich, um seiner Aufgabe nach zu kommen, zunächst aus seinen Aktivitäten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zurückziehen: „Sie sind gedrillt, um den Feind anzugreifen und das ist hier nicht der Fall. Ein weiterer Schritt wäre es, ihre Gerichtsprozesse für die Familienangehörigen der Opfer transparent zu machen „. Für etliche Menschenrechtsorganisationen reicht die Einrichtung der Allgemeinen Menschenrechtsdirektion (Dirección General de Derechos Humanos) nicht aus, da sie aufgrund des verschlossenen Vorgehens militärischer Tribunale über keine internen Möglichkeiten verfügt, um die garantierten Rechte zu schützen.
Im April meldeten das Nationale Menschenrechts Netzwerk ziviler Organisationen alle Rechte für alle (Red Nacional de Organismos Civiles de Derechos Humanos Todos los Derechos para Todas y Todos) sowie das Menschenrechtszentrum Miguel Agustín Pro Juárez (Centro de Derechos Humanos Miguel Agustín Pro Juárez), dass durch die Beteiligung der Armee an Sicherheitsaufgaben nicht nur eine Zunahme der Verletzung der Menschenrechten der Zivilbevölkerung zu verzeichnen ist, sondern dass „sich auch der erwartete Erfolg im Kampf gegen die aus dem Drogenhandel bestehenden Probleme nicht gezeigt hat“. Trotzdem befahl Felipe Calderón der Armee im Januar, bis mindestens 2012 auf der Straße zu bleiben und mit ihrem Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel fortzufahren.
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Kurzmeldungen zur Menschenrechtssituation
Besuch des OHCHR
Anfang Februar besuchte die Vorsitzende des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR), Louise Arbour, Mexiko. Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich mit ihr trafen, überreichten ihr einen Bericht über die Situation der Menschenrechte in Mexiko: „Das Dokument nimmt den Standpunkt ein, dass obwohl die wechselnden Regierungen in Mexiko formal ein Fortschritt in Sachen Demokratie darstellen, damit noch keine qualitative Änderung für die Situation der Menschenrechte im Land einhergeht. Die Fortschritte im Bereich der Menschenrechte waren nur oberflächlich“.
Über die nicht voran kommenden Untersuchungen zu den Frauenmorden in Ciudad Juárez einerseits, den über 500 Verschwundenen des Schmutzigen Krieges und der Krimialisierung sozialer Proteste andererseits, drückte die Hohe Kommissarin wiederholt ihre Sorge aus. Sie wies darauf hin, dass langfristig eine Beteiligung der Armee an Sicherheitsaufgaben im Innern unangebracht ist und sogar gefährlich sein könnte und dass „wenn das mexikanische Militär zivile oder polizeiliche Aufgaben übernimmt, dies unter Aufsicht einer zivile Behörde geschehen müsste“.
CNDH: Zweifel und Reformen
Im Februar bestätigte Human Rights Watch (HRW), dass die nationale Kommission der Menschenrechte CNDH (Comisión Nacional de los Derechos Humanos) sich auf ein besonderes „legales Prinzip“ beruft, „welches sie völlig entstellen und welche sie dafür benutzen, um Regierungsfunktionäre zu schützen, die ihre Macht missbrauchen, anstatt die Opfer zu schützen; außerdem haben sie sich den internationalen Standards gegenüber, die sie eigentlich durchsetzen sollen, extrem gleichgültig gezeigt. Im Fall des neuen Mediengesetzes (Ley Televisa) und im Fall der Militärtribunale sind sie kaum aktiv geworden“. Der Vorsitzende des CNDH widersprach dem Bericht und gab an, er enthalte falsche Angaben, die nicht der Realität entsprächen.
Gleichzeitig wurde im Kongress der Union (Senat und Abgeordnetenhaus, a.d.Ü, Congreso de la Unión) eine Verfassungsreform im Bereich der sozialen Rechte diskutiert, die sowohl auf die Struktur des CNDH als auch auf die der lokalen Menschenrechtskommissionen Einfluss gehabt hätte. Der im April angenommene Vorschlag setzt Teile der ursprünglichen Vorschläge außer Kraft. 6 von 93 Änderungsvorschlägen wurden angenommen: Garantie der Autonomie für die lokalen Menschenrechtskommissionen, Aufnahme des Rechts auf ein Leben ohne Gewalt in die Verfassung, Tribunal und politischer Prozess gegen den Präsidenten der CNDH, Respekt der Menschenrechte im Strafvollzug und das Recht auf Bildung für Frauen.
Atenco
Die Anklagen gegen 15 der 21 Polizisten, die im Januar wegen der Übergriffe im Jahr 2006 während der polizeilichen Repression in San Salvador Atenco vor Gericht standen, wurden fallen gelassen. Sie erhielten die Unterstützung des Bundesstaates aufgrund von Formfehlern in der Anklage, die die mexikanische Staatsanwaltschaft gegen sie erhoben hatte.
Nichtsdestotrotz hat die Untersuchungskommission des Obersten Mexikanischen Gerichts SCJN (Comisión Investigadora de la Suprema Corte de Justicia de la Nación) im März die erste Fase ihrer Untersuchung der Ereignisse in Atenco 2006 abgeschlossen und kam dabei zu dem Ergebnis, dass es „möglicherweise schwere Vergehen“ gegen die Grundrechte gegeben hat. Zudem waren „sehr hochrangige“ Polizisten an der Koordinierung und Planung des Einsatzes beteiligt, der mit dem Tod von 2 Personen und der Verhaftung von 207 endete, von denen „nur neun nicht verletzt wurden“. Die der Beteiligung bezichtigten staatlichen Organe werden benachrichtigt werden, damit sie ihre Verteidigung präsentieren. Ist dieser Vorgang abgeschlossen, wird dem Plenum des Gerichts ein Vorschlag für ein Urteil vorgelegt (ohne rechtliche Konsequenzen)
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Chiapas: weiter Alarm
Im April gab das Innenministerium (Secretaría de Gobernación) bekannt, die 1994 mit dem Aufstand des Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) entstandene Koordinierungsstelle für Dialog und Verhandlungen in Chiapas (Coordinación para el Diálogo y la Negociación en Chiapas) aus Spargründen und weil sie deren Existenz für überflüssig hält, aufzugeben. Auch wenn die Rückkehr an den Verhandlungstisch sowieso unwahrscheinlich war (die Verhandlungen sind seit 1995 in der Schwebe), sprach die Gruppe Frieden mit Demokratie (Paz con Democracia), zu deren Mitgliedern verschiedene mexikanische Prominente und Intellektuelle gehören, von einer „neuen kriegerischen Zuspitzung in Chiapas“. Ein paar Tage zuvor, unter dem Eindruck der verschärften Aggressionen gegen „Völker, Nationen und Stämme“, sprach sich der Nationale Indigene Kongress CNI (Congreso Nacional Indígena) ebenfalls gegen die Aggressionen gegen die zapatistischen Dörfer in Chiapas aus, „die durch paramilitärische Organisationen wie die Organisation zur Verteidigung der Rechte der Indigenen und Bauern OPDDIC (Organización para la Defensa de los Derechos Indígenas y Campesinos) in den vergangenen Monaten intensiviert wurden.
Angriffe und die Räumungsdrohungen gab es in verschiedenen Ejidos, Dörfern und Gemeinden, unter anderem in Ch´oles de Tumbalá, Huitepec, Bolom Ajaw, Chilón und Agua Azul. Die Gruppe Paz con Democracia gab bekannt: „Immer wieder gibt es Fälle von Diebstahl, Häuser werden niedergebrannt, es gibt Morde, Morddrohungen und Räumungen. Man versucht die aufständischen Gemeinden aus ihren Ländereien und Gebieten zu vertreiben.“
Weiterhin sind auf den verschiedenen Ebenen des Staates widersprüchliche Signale wahrzunehmen. Während einige Bürgermeister Räumungen zapatisticher Gemeinden und Ländereien angekündigt haben, rief die Regierung Mexikos die Präsidenten der Gemeinden dazu auf „alle Formen“ zu respektieren und an „jedwede Situation die sich in ihren Gemeinden ergibt“ mit Dialog und Toleranz zu reagieren. Zudem teilte sie ihr Interesse mit, die OPDDIC auseinander zu nehmen. Interessanterweise wiederholten mehr als tausend Bauern des ejidos Nazareth in der Gemeinde von Ocosingo ihren völligen Bruch mit dieser Organisation.
Allgemeiner wies die zivile internationale Kommission zur Beobachtung der Menschenrechte CCIODH (Comisión Civil Internacional de Observación de Derechos Humanos) darauf hin, dass unter der jetzigen Regierung „die Einheiten der Polizei weiterhin aufgrund falscher Anschuldigungen unschuldige Personen in Zusammenarbeit mit paramilitärischen Einheiten festnehmen; Anzeigen für nicht begangene Straftaten erstellen; Selbstbeschuldigungen durch Folter erzwingen, und auf dieser Basis werden dann Prozesse begonnen. Alles in Prozessen voller Unregelmäßigkeiten.“
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MIGRATION: Weder an der nördlichen noch an der südlichen mexikanischen Grenze ein gelöstes Problem
Soziale Bewegungen und Palamentarier prangern an, dass mexikanische Migranten an der Grenze zu den USA zunehmend der Verfolgung, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Zudem hat die Verschärfung der Einwanderungspolitik der USA die Situation der mexikanischen Migranten zusätzlich verschlechtert, sodass die wirtschaftliche Rezession dort, die Ausländerfeindlichkeit und die Verschärfung der Gesetze dazu führen, dass ganze Familien nach Mexiko zurückkehren. 2007 wurden 513014 Mexikaner zurückgeführt, das heißt über 1400 pro Tag.
Ende Februar startete in El Paso in Texas eine Zero Tolerance Operation mit dem Namen Halt! (No pase), die Strafprozesse gegen solche Migranten einleiten wird, die mehr als einmal versuchen, illegal in die USA zu gelangen. Diese können dann zu einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren verurteilt werden und mit eine Geldstrafe von bis zu 500 Dollar belegt werden. Neben Protesten von Bürgerbewegungen lehnte auch der Repräsentant der Organisation Amerikanischer Staaten OEA (Organización de Estados Americanos) in Mexiko, Oscar Maúrtua de Romaña, dieses Programm ab.
Im März stattete der Sondergesandte für die Rechte der Migranten der Vereinten Nationen, Jorge Bustamente, Mexiko einen Arbeitsbesuch ab. Zum Abschluss seiner Reise versicherte er, dass die Menschenrechte von Migranten in Mexiko weitaus weniger respektiert werden als die der mexikanischen Migranten in den USA.