ARTIKEL : Es spricht „Die Stimme von El Amate“
31/08/20092009
04/01/2010Im Juli gab die Menschenrechtskommission von Mexiko-Stadt zu bedenken, dass Mexikos Wirtschaft zwar weltweit auf Platz 13 rangiert, aber beim Globalen Friedensindex (Global Peace Index) auf Platz 108 liegt, sogar hinter afrikanischen Ländern wie Ruanda oder Kongo. Dieser Index misst die Wahrnehmung von Gewalt in 144 Ländern. Er berücksichtigt, dass Frieden nicht bloß die Abwesenheit unmittelbarer Gewalt (Krieg) ist, sondern auch die Abwesenheit von kultureller und struktureller Gewalt, weswegen er auch Faktoren wie Bildung, materieller Wohlstand und die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte einbezieht.
Im Rahmen der Zweiten Konferenz mexikanischer MenschenrechtsverteidigerInnnen, welches in Mexiko-Stadt stattfand (August 2009), wurden einige Merkmale der derzeitigen Menschenrechtssituation im Land herausgearbeitet. Dazu zählen:
- „Von Staatsseite her gibt es zwei Diskurse, einen auf internationaler Ebene, bei dem man sich als den Menschenrechten verpflichtet zeigt, während es intern nicht nur kein Interesse gibt, die Menschenrechte zu schützen und zu verteidigen, sondern diese Rechte sogar behindert werden und internacionales Menschenrechtsstandards nicht umgesetzt werden“.
- „Unser Land wird unter dem Vorwand der Bekämpfung der organisierten Kriminalität militarisiert und die Situation wird noch dadurch verschlimmert, dass Soldaten, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben sollen, vor Militärgerichte gestellt werden, was zur Schutzlosigkeit der Opfer führt“.
- „Schwächen bei der Anwendung und Durchsetzung des Rechts, die zu Straflosigkeit führen“.
- „MenschenrechtsverteidigerInnen, die auf ihre Rechte pochen, werden von Gerichten bestraft, Demonstranten werden von der Polizei systematisch angegriffen, verfolgt und bedrängt.“
- „Direkte Angriffe auf das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Angehörigen politischer Gefangener, Gefangener aus Gewissensgründen und MenschenrechtsverteidigerInnen, wie z. B. willkürliche Verhaftungen, illegale Verhaftungen, Folter, Verschwindenlassen, Ermordung, und mit besonderer Härte in den indigenen Gemeinden“.
- „Kampagnen, die darauf zielen, das Image von MenschenrechtsverteidigerInnen und Aktivisten der sozialen Bewegungen und ihrer Arbeit zu zerstören
In Chiapas lassen sich dieselben Tendenzen feststellen, hinzu kommt aber noch eine gravierende Verschlechterung der Menschenrechtssituation im Bundesstaat, der einige Indikatoren tief in den roten Bereich hat rutschen lassen.
Straflosigkeit
Im Oktober stellte das Beobachtungszentrum für soziale Konflikte von Servicios y Asesoría para la Paz (Serapaz; dt. Dienste und Beratung für den Frieden) fest, dass 24% aller sozialen Mobilisierungen zwischen Januar und August diesen Jahres die Forderung hatten, mit der Straflosigkeit Schluss zu machen.
Der aufsehenerregendste –und mit Sicherheit der paradigmatischste – Fall in Chiapas war zwischen August und November die Entscheidung des höchsten Gerichtshofs (Suprema Corte de Justicia de la Nación; SCJN), 35 Indigene auf freien Fuß zu setzen, die verurteilt worden waren, weil sie 1997 45 Indigene in der Gemeinde Acteal im Landkreis Chenalhó ermordet haben sollen. 22 Verurteilte für die gleichen Taten erreichten die Revision ihrer Prozesse.
Als Begründung gab der SCJN an, die Urteile beruhten auf illegal beschafften Beweisen und auf Zeugenaussagen, die von der Generalstaatsanwaltschaft (Procuraduría General de la República; PGR) fabriziert wurden. Das Gericht betonte, die Rechte dieser Gefangenen auf ein rechtmäßiges Verfahren und eine angemessene Verteidigung seien nicht respektiert worden und dass die Entscheidung daher einen überzeugenden Fortschritt im Kampf gegen Straflosigkeit und in der Stärkung des Rechtsstaates darstelle.
Im Gegensatz dazu beklagte die Organisation Las Abejas, der die Opfer aus Acteal angehörten, angesichts dieser Entscheidung: „Das Wenige, das bisher an Gerechtigkeit für die Opfer von Acteal erreicht wurde, hat der SCJN vor ein paar Tagen in Straflosigkeit verwandelt“. Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas (CDHFBC), das die Abejas verteidigt, warnte: „Anstatt auf wahre, den ‚Rechtsstaat‘ stärkende Gerechtigkeit zu setzen, hat man die Paramilitärs freigelassen, die von den Überlebenden und Zeugen eindeutig identifiziert wurden und werden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben“.
Es bleibt festzuhalten, dass der SCJN nicht die Unschuld der Freigelassenen festgestellt hat. Deswegen beklagen einige den Widerspruch zwischen einer juristischen Entscheidung, der nicht mehr widersprochen werden kann, und der Notwendigkeit, in dem Fall Gerechtigkeit herzustellen. Die Entscheidung ist auch kritisiert worden, weil sie den Kontext des Massakers von Acteal und des andauernden Kriegs in Chiapas außer Acht lässt.
Offizielle US-Dokumente, die im August vom National Security Archive deklassifiziert wurden, stützen eine von Menschenrechtsorganisationen seit über 10 Jahren aufrechterhaltene Behauptung und beweisen, dass die Mexikanische Armee Paramilitärs im Rahmen der Aufstandsbekämpfung gegen die zapatistischen Basen in den 1990er Jahren direkt unterstützt hat. Außerdem informierte die chiapanekische Staatsanwaltschaft (Procuraduría General de Justicia del Estado; PGJE) Anfang Oktober, dass es Aussagen gäbe, die mehrere hohe bundesstaatliche und föderale Funktionäre belasten, im Fall Acteal nachlässig gehandelt zu sein.
Ein ebenfalls besorgniserregender Aspekt der SCJN-Entscheidung sind ihre Folgen für Chenalhó und mehrere weitere Regionen in Chiapas, wo sie als Freibrief verstanden wird und zu neuerlichen paramilitärischen Aktionen führen könnte. Einen gewissen politischen Realitätssinn hat die Regierung von Chiapas bewiesen, als sie versuchte die Rückkehr der Freigekommenen nach Chenalhó und damit mögliche Konfrontationen zu verhindern und ihnen Land, ein Haus und Arbeit anbot. Die Abejas verurteilten den sehr begrenzten Effekt dieser Beschwichtigungsmaßnahme. Seit August haben sie auch Versuche der Regierung öffentlich gemacht, sie zu spalten und mit bewaffneten Gruppen in Verbindung zu bringen.
Menschenrechtsverteidiger und die kriminalisierung des protests
Bei der Vorstellung des Berichts über die Situation der Menschenrechtsverteidiger in Mexiko Mitte Oktober kritisierte der Vertreter des Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Mexiko (Oficina del Alto Comisionado de las Naciones Unidas para los Derechos Humanos; OACNUDH) die mexikanischen Behörden für das offenbare Fehlen einer klaren Politik, die die Risiken für Menschenrechtsverteidiger reduziert oder beseitigt. Er wies darauf hin, dass es in den 128 gemeldeten Fällen von Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger in 98,5% der Fälle Straffreiheit gäbe. Das OACNUDH stellt eine wachsende Stigmatisierung der Menschenrechtsverteidiger fest, besonders durch staatliche Stellen, bis hin zu ihrer Darstellung als „Verteidiger von Kriminellen, oder dass man sagt, sie wollten das Land destabilisieren. In weiteren Fällen wird versichert, dass sie bloß Profit aus den Fällen schlagen und dass sie die Problematik aufbauschen, um einseitig Stellung zu beziehen“.
Im Fall von Chiapas lässt sich eine zunehmende Kriminalisierung von sozialen Kämpfen feststellen, besonders von unabhängigen Organisationen, Menschenrechtsverteidigern und der lokalen katholischen Kirche, die der Regierung des Bundesstaats nicht nahe stehen, was sehr an die Situation in den 1990er Jahren erinnert.
Am 18. September meldete das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas einen bewaffneten Angriff der Organisation zur Verteidigung der Rechte der Indigenen und Kleinbauern (Organización para la Defensa de los Derechos Indígenas y Campesinos; OPDDIC) auf einen seiner Mitarbeiter im Ejido Jotolá im Landkreis Chilón. Dieser jüngste Angriff, der direkt auf die Sicherheit eines ihrer Mitglieder zielt, spielt sich in einem Kontext von Überwachung, Angriffen und Herabwürdigung von Menschenrechtsarbeit durch verschiedene Akteure und die Medien ab. Zwei Monate nach den Vorfällen wurden die angezeigten Angreifer verhaftet und nach kurzer Zeit wieder entlassen. Sie drohten sich zu rächen, berichten die Bewohner von Jotolá.
Am 19. November hat die Landesweite Front im Kampf für den Sozialismus (Frente Nacional de Lucha por el Socialismo; FNLS), eine weitere besonders verfolgte Organisation, einen Bericht unter dem Titel „Kriminalisierung und Verfolgung sozialer Bewegungen durch die chiapanekische Regierung“ veröffentlicht, der die verschiedenen von ihr erlittenen Angriffe auflistet.
Einige Tage zuvor hatte die Zeitung La Jornada einige Teile des Berichts „Situation im Landkreis Venustiano Carranza“ der PGJE veröffentlicht. Dieser versucht, die Existenz eines subversiven Netzwerks zu beweisen, das für 2010 Destabilisierungsaktionen plane und in dessen Zentrum der katholische Pfarrer von Venustiano Carranza, Jesus Landín, stehen soll. Dieser Bericht „rechtfertigt“ sowohl die vom CDHFBC, der Diözese und weiteren Akteuren beklagten Übergriffe, als auch die Aktionen der Polizei und des Militärs in Venustiano Carranza und benachbarten Landkreisen.
Die FNLS machte deutlich, dass die in dem Bericht gegen sie erhobenen Anschuldigungen völlig falsch sind, und verurteilt die derzeitige „Strategie der Aufstandsbekämpfung, die sich prinzipiell gegen Zusammenschlüsse und organisierte Akteure“ richtet, „die ihre Unabhängigkeit von der Regierung und politischen Parteien erhalten haben und dabei vor allem gegen solche, die sich gegen Unrecht und systematische Menschenrechtsverletzungen in Chiapas während der aktuellen Regierungsperiode von Juan Sabines Guerrero stellen“.
Eine weitere in dem Bericht genannte Organisation, die in den letzten Monaten unter Repressalien zu leiden hatte, ist die Bauernorganisation Emiliano Zapata in der Region Carranza (Organización Campesina Emiliano Zapata-Región Carranza; OCEZ-RC). Ins Auge springt, dass diese Organisation, die vor allem landwirtschaftliche Ziele verfolgt, Repression erlebt, obwohl sie erst vor kurzem einen „Regierbarkeitspakt“ mit der Regierung des Bundesstaats unterschrieben hat, der wirtschaftliche Unterstützung vorsieht und die Verpflichtung, keine Proteste zu organisieren und keine Forderungen zu stellen.
Ab dem 26. Oktober richteten rund 150 ihrer Mitglieder eine Mahnwache im Zentrum von San Cristóbal de las Casas ein, um auf Einschüchterungsversuche durch die Polizei und das Militär aufmerksam zu machen und die Befreiung ihrer Anführer zu verlangen, die im September und im Oktober verhaftet worden waren. Amnesty International bat die mexikanische Regierung, die Foltervorwürfe gegen Polizisten an Anführern der OCEZ zu untersuchen und José Manuel Hernández Martínez ein faires Verfahren zu garantieren, der sich in Isolationshaft in einem von Chiapas weit entfernten Hochsicherheitsgefängnis befand. Am 30. Oktober besetzten Teilnehmer des Dauerprotests die Büros der Vereinten Nationen in San Cristóbal.
Am 23. November kamen die drei Anführer der OCEZ nach Zahlung einer Kaution durch die chiapanekische Regierung frei, welche darum bat, die Gespräche wieder aufzunehmen und im Gegenzug anbot, weitere bestehende Haftbefehle aufzuheben. Bei Redaktionsschluss dieses Berichts wurde weiter die Möglichkeit ausgelotet, einen runden Tisch zur Entspannung der Situation zu bilden und die verbleibenden Forderungen der OCEZ zu verhandeln.
Im Fall der Diözese gab es ende November eine öffentliche Erklärung der Priester und religiösen der Süd-Region, die reklamierte, dass sie „statt Verleumdung, Einschüchterungen und Verfolgung gehofft hatten, dass sich der Gouverneur zusammen mit der Bevölkerung an der Verteidigung der heiligen Erde Chiapas beteiligen würde, die die Lunge Mexikos ist und ein gutes Beispiel geben würde für den Respekt der Menschenrechte, die in der Verfassung stehen und von Verträgen gestützt werden, die Mexiko vor der internationalen Gemeinschaft unterschrieben hat“.
Umstrittenes land
In dem Bericht von Amnesty International für das Jahr 2009 steht über Mexiko: „Verschiedene ökonomische Investitions- und Entwicklungsprojekte riefen die Proteste einiger örtlicher Gemeinden hervor, weil es vorher keine entsprechenden Konsultationen gegeben habe und weil negative Auswirkungen der genannten Projekte auf die sozialen Rechte, negative Umwelteinflüsse usw. befürchtet werden müssen. Die indigenen Gemeinden waren Opfer zahlreicher schwerwiegender Repressalien.“
In Chiapas entstehen die meisten sozialen Konflikte – die scheinbar unabhängig voneinander auftreten – um die Landfrage: Widerstand gegen Bergwerke in neun Gemeinden oder der Bau der Autobahn zwischen San Cristóbal de Las Casas und Palenque (z.B. Mitzitón ), der Kampf für die autonome Verwaltung der Wasserfälle von Agua Azul (der Fall von Bachajón), der Kampf gegen die hohen Stromtarife (siehe Schwerpunkt), um nur einige zu nennen.
Ein typisches Beispiel für die Kriminalisierung des eben genannten Protests ist die Verhaftung von Mariano Abarca, ein Gegner des Bergwerks in Chicomuselo (Zentralgebirge von Chiapas), im August, weil er seit Juni eine Mahnwache abhielt und so die Arbeit von Blackfire (transnationales Unternehmen mit Sitz in Kanada) verhinderte. Er wurde eine Woche später frei gelassen, obwohl der Druck auf die Anti-Bergwerksbewegung aufrechterhalten wurde, wie auf dem Treffen des Mexikanischen Netzes der vom Bergbau Betroffenen (REMA – Red Mexicana de Afectados por la Minería) Ende August gerade in Chicomuselo deutlich wurde, als Polizisten sich als Journalisten ausgaben.
Ende Juli führten die Mitglieder der Anderen Kampagne der Gemeinde Mitzitón eine Straßenblockade durch, um ihre verschiedenen Forderungen bekannt zu machen wie die Ablehnung der Autobahn San Cristóbal de Las Casas – Palenque (die vermutlich durch das Gemeindeland von Mitzitón führen würde), die freie Selbstbestimmung ihrer Dörfer und sofortige Gerechtigkeit für Aurelio Díaz Hernández, der am 21. Juli absichtlich überfahren wurde.
In Bachajón wurden seit April acht Gemeindemitglieder verhaftet, zwei von ihnen sind immer noch im Strafgefängnis von El Amate inhaftiert. Die Bevölkerung von Bachajón verlangt nach wie vor ihre Freilassung und beklagt, dass „Staats- und die Bundespolizei weiterhin illegal ihr Land“ besetzen.
Das Konfliktpotential um zurückerobertes Land bleibt bestehen. Im August wurden 15 Personen während eines Zusammenstoßes von zapatistischen Unterstützerbasen mit Mitgliedern der Orcao Organización Regional de Cafeticultores de Ocosingo; Regionale Organisation der Kaffeeanbauer von Ocosingo) verletzt. Auslöser war ein Konflikt um das Landstück Bosque Bonito und ein Teil der Gemeinde El Prado in der Region von Cuxuljá, im Landkreis Ocosingo. Im September kam es zwischen Indigenen der ARIC-UU (Asociación Rural de Interés Colectivo-Unión de Uniones; Ländlichen Vereinigung kollektiver Interessen – Vereinigung der Vereinigungen) und Unterstützerbasen der EZLN zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit einem Toten und mindestens 15 Verletzten und vier Festgehaltenen. Streitobjekt waren 200 Hektar Land in Santo Tomás, Landkreis Ocosingo.
Die staatsregierung: Widersprüchliche antworten
Die Staatsregierung hat verschiedene Abkommen mit internationalen Organismen diskutiert und unterzeichnet. Ende Juli wurde Chiapas der erste Bundesstaat der Welt, der in seine Verfassung die Verpflichtung aufnahm, die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (VN) aufzunehmen. Im September erklärten die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und der Gouverneur Juan Sabines, dass es möglich sei, eine Arbeitsagenda zu schaffen, um die den indigenen Gemeinden des Staates gewidmete Aufmerksamkeit zu verstärken und zu überprüfen.
Im Gegensatz dazu scheint die Regierung von Chiapas die im Bundesstaat vorherrschenden „Konflikte zu negieren oder herunterzuspielen“ (Hermann Bellinghausen, La Jornada). Angesichts der Klagen über den Bergbau bekräftigt die Regierung, dass diesbezüglich keine Projekte existierten und dass sie in jedem Fall zum Wohle der Bevölkerung sein sollten. Sie leugnet, dass die Autobahn San Cristóbal-Palenque durch Orte führen wird, in denen es jetzt Widerstand gegen den Autobahnbau gibt. Im Fall des Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de Las Casas weist sie die gegen das Zentrum verübten Aggressionen zurück. In der von der chiapanekischen Regierung nach einem Treffen mit dem Bischof Felipe Arizmendi herausgegebenen Pressemitteilung steht, „dass unter anderem Übereinstimmung erzielt wurde hinsichtlich der Bergwerke in Chiapas, dass eine gründliche Analyse notwendig sei, die eine Veränderung zugunsten der vom Bergbau betroffenen Dörfer nach sich ziehe. (…) Juan Sabines bot dem Bischof Arizmendi all seine Bereitschaft an, den Pfarrer von Carranza zu empfangen und jedwedes Missverständnis zu klären.“
Die chiapanekische Regierung scheint eine Antwort auf all diese Konflikte zu haben, ohne die Rolle zu anzuerkennen, die sie bei deren Entstehen gespielt haben könnte und ohne die tiefergehenden Ursachen der Konflikte zu beachten. Andererseits haben einige zweideutige Erklärungen nicht gerade den Spielraum für die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte begünstigt, als zum Beispiel im November der chiapanekische Innenminister Noé Castañón die Bevölkerung aufrief, „sich nicht von denen betrügen zu lassen, die wie der Wolf im Schafspelz einerseits den Frieden proklamieren und hinten herum Gewalt provozieren. (…) Niemand sollte sich von denen provozieren lassen, die das Volk als Kanonenfutter benutzen wollen, um im Jahr 2010 neues Blutvergießen auszulösen oder vorher, aus seltsamen persönlicher Interessen heraus“.
Die militarisierung und DDHH
Wenn man von Chiapas berichtet, so kommt man in keinem Fall umhin, von „Re-Militarisierung“ zu sprechen. Als Folge des bewaffneten Aufstands der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) ist Chiapas einer der am meisten militarisierten Staaten des Landes (was die Anzahl der Kasernen betrifft). So wurden in den letzten Wochen erneut zahlreiche Hausdurchsuchungen und militärische Einsätze im Zentrum (in der Gegend um Venustiano Carranza), in der Urwaldregion nahe der Grenze und im Hochland gemeldet, letztere am Gründungstag der EZLN.
Auf nationaler Ebene haben sich die Klagen über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen vervielfacht, weil die Armee am Kampf gegen den Drogenhandel beteiligt ist, so dass ständig 45.000 Soldaten auf den Straßen im Einsatz sind, ohne dass es gelingt, das Gewaltpotential der entsprechenden Verbrechernetze zu verringern.
Trotz allem versuchen sowohl der Leiter der Menschenrechtsabteilung des Verteidigungsministeriums, General López Portillo, wie auch Felipe Calderón selbst die Kritik herunterzuspielen oder abzuqualifizieren. Im Juli erklärte López Portillo, dass, „die meisten Delikte fahrlässig begangen wurden (sic), Kollateralschäden der Einsätze sind und aus Unkenntnis über die Folgen einer Menschenrechtsverletzung geschehen“. Im August am Ende des Gipfels von Mexiko, den USA und Kanada bekräftigte Felipe Calderón, dass seine Regierung „peinlich genau“ die eingegangenen Verpflichtungen bezüglich der Menschenrechte erfüllen würde und dass „diejenigen, die das Gegenteil behaupten, verpflichtet sind, einen Fall, nur einen einzigen Fall zu beweisen“. Als Antwort sendeten ihm fünf Menschenrechtsorganisationen einen Brief, in dem sie sieben, vom Militär verübte Fälle von Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilpersonen in seiner Amtszeit beschrieben.
Im August kündigte das Verteidigungsministerium an, dass die Vereinten Nationen die Ergebnisse im Bereich der Menschenrechte prüfen wird. Der nationale Ombudsmann, José Luis Soberanes, war der Meinung, dass diese Ankündigung lediglich „ein schönes Spektakel“ sei. Das mit der föderalen Regierung ausgemachte Abkommen, welches die bisherigen Anstrengungen stärker betonte als noch ausstehende Vorhaben, schien zu genügen, damit die Vereinigten Staaten 214 Millionen Dollar im Rahmen des Plans Mérida1 bereitstellen werden, um damit Mexiko in seinem Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu helfen.
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