2017
16/11/2018FOKUS: Mexiko – Meinungsfreiheit unter Beschuss
27/12/2018Seit dem 19. Oktober haben tausende Migranten- darunter Minderjährige, Frauen und ältere Menschen- in Migrantenkarawanen Mexiko betreten, mit dem Ziel, bis zur Grenze der USA zu kommen (siehe Artikel).
Zahlreiche Organisationen, die an der südlichen Grenze präsent sind, bestätigen, dass das, was passiert, ein „Exodos“ ist, der eine humanitäre Krise verursacht, wobei „keine Koordination der verschiedenen Regierungsebenen existiert (…), um eine einheitliche und regionale Antwort auf die Situation zu finden“. Diese Karawanen haben die Wut des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, provoziert, der die Länder in Zentralamerika und Mexiko dazu aufgerufen hat, alles notwendige zu tun, um die Migranten aufzuhalten. Er hat unter anderem damit gedroht, ansonsten die finanzielle Unterstätzung für diese Länder zu kürzen.
Im ersten Moment beorderten die mexikanischen Behörden Bundespolizisten an die südliche Grenze, um eine Operation des Nationalen Migrationsinstituts zu begleiten. Eine Woche später kündigte der mexikanische Präsident, Enrique Peña Nieto ein Hilfsprogramm für die Migranten mit dem Namen „Du bist zu Hause“ an, das denen, die kürzlich die südliche Grenze überschritten haben, medizinische Versorgung, Bildung, vorübergehende Arbeit und einen Ausweis gewährt. Gleichzeitihg beinhaltete das Programm einige Einschränkungen: die Antragssteller müssen sich in Oaxaca und Chiapas befinden und ihr Einkommen oder einen Asylantrag registriert haben. „99% der Mitglieder der Karawane lehnen das Angebot ab, weil es sie an Oaxaca und Chiapas bindet, Staaten, die sich in einem ähnlichen Zustand befinden wie die Länder, aus denen sie kommen“, bekräftigte die Organisation Völker ohne Grenzen.
Mitte November kamen die ersten in Tijuana an. Auch nach der Ankunft bei der Grenze besteht die Unsicherheit weiter, da die Migranten, um den Flüchtlingsstatus zu erhalten und für einen offiziellen Zugang, laut einem Dekret, das Donald Trump eine Woche vorher unterzeichnet hatte, die Grenze überschreiten müssen. Andernfalls würden die Migranten verhaftet, sodass sie nicht mehr in der Lage wären, im Land zu bleiben oder Asyl zu beantragen. Die Vereinigten Staaten kündigten außerdem die Operation „Faithful Patriot“ an, die 5.200 Soldaten an die mexikanische Grenze beruft. Der mexikanische Innenminister, Alfonso Navarrete Prida, bestätigte, dass die Möglichkeiten, in die Vereinigten Staaten zu kommen, „praktisch gleich null“ sind und bestätigte, dass die mexikanische Regierung, zu verhindern versucht, dass die Migranten die USA gewaltsam betreten.
„Über Wandel und Kontinuität“ während der Übergangsperiode von zwei Kabinetten
Im September präsentierte Präsident Enrique Peña Nieto (EPN) seinen letzten Regierungsbericht. Darin bekräftigte er, dass er ein „wohlhabendes und stabiles“ Land zurücklässt, nachdem er „99% seiner Wahlversprechen“ erfüllt hat. In Hinblick auf den Kampf gegen das organisierte Verbrechen, erkennt er an, dass „die Regierung Erfolg dabei hatte, den Handlungsspielraum dieser Organisationen zu verkleinern. Aber ebendiese Schwächung hat für das Entstehen kleinerer krimineller Banden gesorgt, auf die die lokale Polizei nicht reagieren konnte“. Laut der Tageszeitung Sin Embargo erfüllte EPN nur 49,50% seiner Versprechen: „Es bleiben nicht nur Baustellen bei der Infrastruktur, bei Projekten, um die Sicherheit auf der mexikanischen Karte wiederherzustellen oder bei der Konstruktion eines nationalen Systems gegen die Korruption. (…) Die auslaufende Regierung hat einen historischen Rekord erreicht: die geringste Verabschiedungsrate (…) der letzten 30 Jahre“.
Der gewählte Präsident Andrés López Obrador (AMLO) und sein zukünftiges Kabinett waren allgegenwärtig in den Medien mit der Präsentation von Entscheidungen und Projekten, die sie implementieren wollen. Dabei sendeten sie widersprüchliche Signale aus und widersprachen manchmal direkt den vorherigen Wahlversprechen. Erklärungen und Nominierungen für Schlüsselpositionen der zukünftigen Regierung machten klar, dass es keine signifikanten strukturellen Veränderungen beim sozio-ökonomischen Modell geben wird, das sich in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt hatte.
Im August bestätigte AMLO, dass seine Regierung die Politik, die seit 2006 bewaffnete Kräfte für Aufgaben der öffentlichen Sicherheit im Angesicht „der bitteren Realität“ der Gewalt im Land weiterführen wird. Außerdem gab er an, dass „unter den aktuellen Umständen keine Alternative besteht“ und dass es „verantwortungslos“ wäre, da es die Bevölkerung in einem „Zustand der Wehrlosigkeit“ lassen würde. Er wies darauf hin, dass seine Regierung einen schrittweisen Ausstieg ermöglichen möchte, aber dass es „keine Änderung im Gesetz zur öffentlichen Sicherheit geben wird, isofern dies keine Ergebnisse bringt“.
Das Kollektiv #SicherheitOhneKrieg erklärte, dass „auf der einen Seite im ganzen Land Foren zum Frieden und zur Versöhnung stattfinden, sich aber auf der anderen Seite Fragmengte des Diskurses, die wir in den fast 12 Jahren des Krieges gehört haben, wiederholen“. Außerdem beklagten sie „das Ausbleiben des Versprechens, das Gesetz zur Inneren Sicherheit abzuschaffen, (…) was die Unsicherheit über den Willen der nächsten Regierung, die Militarisierung einzudämmen, bestärkt“.
Im November rief die Nationale Menschenrechtskomission (CNDH) den Obersten Gerichtshof der Nation (SCJN) dazu auf, besagtes Gesetz als verfassungswidrig zu erklären. Sie betonte, dass die Beteiligung von bewaffneten Kräften an Aufgaben der öffentlichen Sicherheit „nicht die angemessenste Antwort ist; um die Kriminalität zu bewältigen (…), muss der Aus- und Weiterbildung von Polizeikräften, den Finanzgeheimdiensten und der Vermögensinvestigation, der Stärkung von Präventionsmaßnahmen wie das Angehen von Ungleichheiten, das Priorisieren (…) sozialer Rechte sowie Aufmerksamkeit für den Waffenhandel Vorrang eingeräumt werden“. Der SCJN wies das Gesetz letztlich vollständig zurück.
Trotzdem enthält der „Nationale Friedens- und Sicherheitsplan 2018-2024“ des gewählten Präsidenten als Hauptvorschlag die Gründung einer nationalen Garde, die 120 000 bis 200 000 Kräfte enthalten würde. Sobald der Plan präsentiert wurde, wurde er von Menschenrechtsorganisationen hinterfragt. Amnesty International betrachtet den Plan als „besorgniserrregend“, da er „das gescheiterte Sicherheitsmodell im Wesentlichen wiederholt“.
Das Risiko des „Herunterspielens“ der Volksbefragungen
Wie bereits erwähnt, hat AMLO vorgeschlagen, 43 Konsultierungsforen stattfinden zu lassen, um sich mit der politischen Basis hinzusetzen und eine Pazifizierung zu erreichen. Unter den Themen befand sich die Legalisierung einiger Drogen, Amnestie für einige Verbrechen und die zukünftige Rolle der Armee. Zahlreiche Organisationen von Opfern und Menschenrechtsorganisationen haben ihre Besorgnis über die Gefahr zum Ausdruck gebracht, dass Teilnehmer erneut zu Opfern gemacht oder gefährdet werden könnten oder zur Legitimation einer im Voraus festgelegten Agenda herangezogen werden könnten.
Auch andere Themen wurden in den Beratungen diskutiert. Im Oktober kündigte AMLO den Abbruch der Bauarbeiten des neuen internationalen Flughafens Mexikos in Texcoco an und verlegte das Projekt zur aktuellen Militärbasis in Santa Lucía. Zu der Entscheidung kam es nach einer nationalen Volksbefragung, an der mehr als eine Millionen Personen teilnahmen. EPN kündigte an, dass seine Regierung den Bau in Texcoco bis zum letzten Tag seiner Amtszeit fortsetzen wird. Unternehmer und Oppositionsparteien der Movimiento de Regeneración Nacional (MORENA, Nationale Regenrierungsbewegung, Partei von AMLO) haben den Vorschlag von Santa Lucía kritisch hinterfragt und sehen die Volksbefragung als illegal, ohne Verbindlichkeit und lediglich als eine Simulation, um für eine Entscheidung zu bürgen, die AMLO bereits getroffen hatte. Sie gehen davon aus, dass die Entscheidung einen negativen Einfluss auf die Finanzmärkte haben wird und wirtschaftliche Verluste verursachen wird.
Der Nationale Indigene Rat (CNI) und die Zapatistische Armee der nationalen Befreeiung (EZLN) lehnten die Konstruktion des neuen Fluhhafens für ihren Teil ab, wo auch immer er letztlich gebaut wird: „Zu entscheiden, wo der neue Flughafen platziert wird, sollte nicht die Frage sein, die uns die Regierenden fragen, wenn sie ein bisschen Schamgefühl den Millionen gegenüber hätten, die Enteignung, Armut, Unterdrückung erleiden müssen, gegenüber denen, die angesichts der Zerstörung, die auf der ganzen Welt hinterlassen wurde, zu Tausenden migrieren müssen, gegenüber unserer Mutter Erde, die die schwerwiegende Krankheit, die der Kapitalismus verursacht hat, nicht erträgt; die Frage müsste sein, ob wir damit einverstanden sind oder nicht, diesen Weg weiter zu gehen, der uns alle in den Tod, in den Krieg und in die Auslöschung führt“.
Im Oktober wurde angekündigt, dass es eine weitere Volksbefragung über die Schaffung eines Nationalen Instituts der indigenen und afroamerikanischen Völker geben wird. Anschließend kündigte AMLO an, dass zudem über den Tren Maya (Maya-Zug) sowie Raffinerien in Tabasco und Oaxaca und 10 soziale Programme abgestimmt werden wird.
Der Forscher Francisco López Cárdenas sieht diese Tendenz, die indigenen Volksbefragungen zu trivialisieren, kritisch: „Wenn in den vorherigen Regierungen (…) das sich wiederholende Muster war, sie zu ignorieren, erscheint es, als würde die neue Regierung sie mit einbeziehen, allerdings abseits jedes internationalen normativen Rahmens, nur um Handeln der Regierung, das bereits vorher entschieden wurde, zu legitimieren“.
„Beachtliche Hürden“ im Bereich der Menschenrechte
Im November als Teil der universellen regelmäßigen Überprüfung (EPU) des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, erarbeiteten 108 Länder Fragen und Empfehlungen in der Angelegeheit für Mexiko. Die Delegation der mexikanischen Regierung erkannte an, dass im Bereich des Schutzes von Menschenrechtsverteidigern und Journalisten, im Bereich der Folter, dem gewaltsamen Verschwinden, der Gewalt gegen Frauen und gegen Migranten sowie bei der Straflosigkeit „beachtliche Hürden“ bestehen.
Das ColectivoEPUmx erklärte, dass die Teilnehmer der Staaten bestätigt haben, dass die Menschenrechtskrise in Mexiko anhält. Es rief die gewählte Regierung dazu auf, nach Abgabe der Empfehlungen, eine öffentliche Sitzung abzuhalten und die internationale Unterstützung für deren Umsetzung zu bestärken.
Seit August kam es zu Warnungen, dass es an Geldern für den Schutzmechanismus für Menschenrechtsverteidiger und Journalisten fehlt. Das Büro des Hochkomissariats für Menschenrechte der Vereinten Nationen (UNHCHR) betonte, dass „ein Risiko für die aktuell 595 vom Mechanismus Begünstigten“ besteht und „es würde auch bedeuten, dass neue gefährdete Personen keinen Schutz erhalten können“. Die UN-Hochkomissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, bedauerte zutiefst die Zahl der ermordeten Menschenrechtsverteidiger in Mexiko und betonte auch, dass „viele mehr das Opfer von Kriminalisierung, missbräuchlichen Klagen, Verleumdungskampagnen, Überwachung, Todesdrohungen und Attacken“ geworden sind. „Das letzte Jahr war auch das tödlichste Jahr für Journalisten in Mexiko mit mindestens 12 Morden.“
Im September präsentierte die UN-Sonderberichterstatterin über die Rechte der indigenen Völker, Victoria Tauli-Corpuz den Bericht über ihren Besuch in Mexiko 2017. Sie folgert, dass der Kontext trotz der von Mexiko unterzeichneten internationalen Verträge weiter von „tiefgreifender Ungleichheit, Armut und Diskriminierung der indigenen Völker“ zeugt, was „ihren Zugang zu Justiz, Bildung, Gesundheit und anderen grundlegenden Dienstleistungen limitiert“. Sie bestätigte, dass die aktuelle Politik der Megaprojekte „eine enorme Hürde“ für die Rechte der indigenen Völker darstellt. „In Bezug auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung sollten die sozialen Programme und die Politik mit einem assistiven Fokus gegen solche mit einem Menschenrechtsfokus ersetzt werden, die die Ermächtigung, die freie Selbstbestimmung und die Prioritäten und Vorschläge dieser Völker befördern“, äußerte sie sich.
CHIAPAS: Ein „unvergleichlicher“ post-elektoraler Kontext
Ein ungewöhnliches Ereignis in diesem Zusammenhang ist die Annulierung der Wahlen vom 1. Juli in 10 Gemeindebezirken. Dort fanden am 25. November Sonderwahlen statt. Ein weiteres bemerkenswertes Ereignis, das verhindert werden konnte, war im September der Rücktritt von mindestens 30 Frauen, die gewählt wurden. Es wurde befürchtet, dass sie diese Möglichkeit gezwungenermaßen eröffnet hatten, damit ihre Ämter mit Männern besetzt werden könnten.
Im September erklärte das Institut für Wahlen und Bürgerbeteiligung (IEPC) die Implementierung einer Volksbefragung darüber, ob die Wahlen auf Gemeindeebene in Oxchuc in Zukunft den indigenen Sitten und Bräuchen zufolge stattfinden sollen. Zuvor war das Nationale Institut für Anthropologie und Geschichte (INAH) zu dem Schluss gekommen, dass interne und eigene normative Systeme existieren.
Das letzte Ereignis in Verbindung mit dem post-elektoralen Kontext ist der Antrag von Manuel Velasco Coello (Grüne Partei) im August für eine Genehmigung als Gouverneur, in sein Amt als Senator einzutreten. Tage zuvor hatte der Kongress von Chiapas zahlreiche Artikel der Verfassung angepasst und so die Möglichkeit eröffnet, vor dem Amtsantritt des gewählten Gouverneurs, Rutilio Escandón Cadenas, einige Monate zur Regierung in Chiapas zurückzukehren. Anschließend billigte der Senat den Antrag von Velasco, seine Position als Gesetzesgeber aufzugeben. Mehrere Analysten wiesen darauf hin, dass im Austausch für eine entsprechende Abstimmung, 5 Abgeordnete von der Grünen Partei zu Morena gewechselt sind- der Partei des gewählten Präsidenten- damit diese in der Abgeordnetenkammer eine absolute Mehrheit sichern konnte.
Hochland von Chiapas: das Problem der Zwangsvertreibung breitet sich weiter aus
Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas dokumentierte zwischen Oktober und November mindestens drei Aggressionen gegen die Einwohner des Gemeindebezirks Aldama von Seiten bewaffneter Bürgergruppen, die zum Ejido Manuel Utrilla im Gemeindebzirk Chenalhó gehören. Deshalb sind die Einwohner von 5 Gemeinden in Almada seit März 2018 aus ihren Gemeinden vertrieben. Angesichts der jüngsten Ereignisse, zu denen es aufgrund eines 1977 entstandenen und noch immer ungelösten Agrarkonflikts gekommen ist, fordert das Zentrum die Behörden dazu auf, „dringend“ zu handeln. Es bat darum, „eine effektive Strategie der Zerschlagung, Entwaffnung, Festnahme und Sanktionierung der bewaffneten Bürgergruppen von Santa Martha Manuel Utrilla zu implentieren und die für die Organisation und für das Handeln dieser Gruppen verantwortlichen Behörden umfassend zu ermitteln“.
Anfang Oktober verabschiedete der Kongress von Chiapas eine Vereinbarung über den Umgang mit den Vertriebenen im Staat. Er drängte darauf, dass die notwendigen Aktionen umgesetzt werden, um das Leben und die Unversehrtheit der Betroffenen zu sichern und eine Rückkehr zu ermöglichen. Dem Antrag wurde nach einem 18-tägigen Sitzstreik der Koordination von Vertriebenen in Chiapas, unter anderem vor dem Kongressgebäude, stattgegeben.
Trotzdem erreichte die Krise der internen Zwangsvertreibung im Hochland von Chiapas einen neuen Höhepunkt am 7. November in der Gemeinde Chavajeval im Gemeindebezirk El Bosque, aus der fast 2000 Menschen flohen. Die Wurzel der Vertreibung geht aus einem Konflikt zwischen den Bewohnern der Gemeinde hervor, nachdem am 24. Oktober zwei Personen bei einem Hinterhalt am Eingang der Gemeinde starben. Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas drängte darauf, „den Dialog und die Versöhnung zu priorisieren“, „unparteiisch und effektiv die Ereignisse, die zur Vertreibung geführt haben, zu ermitteln“ und „die Situation als eine humanitäre Krise anzugehen“.
Fortschritte und Hürden bei der Verteidigung des Landes und des Territoriums
In Hinblick auf das Land und das Territorium verweigerte das Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen im August die Genehmigung für den Bau des hydroelektrischen Staudamms Santo Domingo. Einwohner von 51 Gemeinden des Gemeindebezirks Las Magaritas hatten das besagte Projekt abgelehnt. Im September hatte das erste Forum gegen hydroelektrische Staudämme in der Grenzregion einen endgültigen Abbruch des Projektes gefordert. Im Oktober setzte die Bundesanwaltschaft für Umweltschutz (Profepa) das Bergbauprojekt im Ejido Nueva Francia im Gemeindebezirk Escuintla aus, da eine Genehmigung zur Änderung der Landnutzung nicht vorlag.
Im Oktober hielt der Nationale Indigene Kongress (CNI) seine zweite Sitzung in San Cristóbal de Las Casas ab. Die mehr als 500 Teilnehmer denunzierten die Verletzungen ihrer Rechte in verschiedenen Teilen des Landes. Sie betonten eine klare Distanz zur neuen Regierung und verurteilten die „Weiterführung der neoliberalen Politik“. Sie informierten darüber, dass sie die Beschlüsse in ihre Regionen bringen werden, um darüber zu beraten „die Organisation weiter in eine eigene, autonome und rebellische Regierung zu wandeln, mit Genossen und Genossinnen aus verschiedenen Gebieten, um gemeinsam die Trägheit zu brechen, die uns auferlegt wurde, um zu sehen, woher der Sturm kommt und in seiner Mitte weiter zu weben, bis sich unser Stoff mit dem der anderen vereint, die aus allen Ecken Mexikos und der Welt kommen, damit Räte gegründet werden, damit wir gemeinsam ein Regierungsrat sein können“.
Im November fand in Chicomuselo eine Pilgerfahrt gegen die Militarisierung und die Gewalt und gegen die Drohungen gegen ihren Pfarrer statt. Das Netzwerk für den Frieden (Red por la Paz) drückte seine Besorgnis angesichts „der Installation und des Funktionierens des kürzlich in Chicomuselo eingeweihten militärischen Quartiers“ aufgrund der Befürchtung es könnte zu „Akten der Einschüchterung und Provokationen“ kommen, gegen die, „die die Personen, Organisationen und Gemeinden begleiten, die den Schutz des Lebens anstreben durch einen Zustand der Sicherheit, aber ohne Krieg und durch eine Konstruktion des Friedens mit Gerechtigkeit und Würde“.
OAXACA: Menschenrechte „unter Beschuss“
Im September wurde der Bürgerbericht „Unter Beschuss, die Menschenrechte in Oaxaca“ vorgestellt. Er betonte, dass sich der Staat unter den ersten drei Plätzen des Landes bei Attacken gegen Menschenrechtsverteidiger und Journalisten befindet und auf dem ersten Platz im Fall von Menschenrechtsverteidigerinnen. Zudem betonte er die systematische Nutzung der Kriminalisierung des Protestes, um die Stimmen des Widerstands zum Schweigen zu bringen. Als Illustration dieser Tendenzen denunzierte das Komitee zur Verteidigung der indigenen Völker (CODEDI) im Oktober den Mord an Noël Castillo Aguilar. Er ist das fünfte getötete Mitglied der Organisation im Jahr 2018.
Eine der verletzlichsten Gruppen waren die Umweltschützer. Im Oktober beriefen 50 indigene Gemeinden und zivilgesellschaftliche Organisationen zum „gemeinschaftlichen Bürgerprozess“ gegen nationale und internationale Bergbauunternehmen sowie gegen den mexikanischen Staat wegen Menschenrechtsverletzungen gegenüber den originären Völkern, die aus den 322 Konzessionen des Staates hervorgegangen sind, auf. Die Geschworenen forderten, dass Maßnahmen ergriffen werden, um die Ausübung der freien Selbstbestimmung zu sichern, dass die Vergabe von Bergbaulizenzen ausgesetzt wird (bis zur Entwicklung eines neuen Rechtsrahmens), dass das aktuelle Berbaugesetz abgeschafft und ein neues verabschiedet wird, das die indigenen Rechte respektiert und versucht, die bereits verursachten Menschenrechtsverletzungen zu beheben.
Im Oktober riefen zivilgesellschaftliche Organisationen den SCJN dazu auf, „die kollektiven Rechte der zapotekischen Gemeinschaft zu beschützen und die an Eólica del Sur bereits erteilten Lizenzen für den Bau eines Windparkes in Juchitán aufzuheben“. Die Organisationen regten den SCJN dazu an, „diese einmalige Chance, einen historischen Präzedenzfall im Sinne eines effektiven Schutzes der Rechte indigener Völker zu schaffen, nicht verstreichen zu lassen“. Dennoch verweigerte der SCJN im November besagten Schutz. „[Das Gericht] konnte die Rechte der indigenen Völker schützen, aber es hat vorgezogen, eine falsche Volksbefragung zu unterstützen. Seine Entscheidung für die Megaprojekte ist gegensätzlich und regressiv gegenüber den internationalen Prinzipien und Standards der Menschenrechte“, kritisierte Fundar.
Nach der Warnung vor geschlechterspezifischer Gewalt (AVG) im September in 40 Gemeindebezirken in Oaxaca, kam es weiter zu neuen Feminiziden in dem Bundesstaat. Journalisten und zivilgesellschaftliche Organisationen denunzierten, dass weiter 300 Morde an Frauen, 278 Fälle von gewaltsamem Verschwinden, 146 Vergewaltigungen und 209 Fälle von geschlechtsspezifischer politischer Gewalt unaufgeklärt bleiben.
GUERRERO: alte und neue Herausforderungen für Aktivisten und Journalisten
Im September, 4 Jahre nach dem gewaltsamen Verwschwinden von 43 Studenten der pädagogischen ländlichen Hochschule von Ayotzinapa in Iguala, gingen tausende Bürger in verschiedenen Städten der Republik auf die Straße, um Gerechtigkeit in dem Fall zu fordern. Am gleichen Tag traf sich AMLO mit Familienangehörigen der Opfer und versprach, die Geschehnisse mithilfe einer Wahrheitskomission, die unabhängig von den Entscheidungen des Gerichtes ist, aufzuklären. Zusätzlich vereinbarte er, um die Hilfe der UN und der Interamerikanischen Menschenrechtskomission (CIDH) zu bitten. Seit Juli hatte ein mexikanisches Gericht die Gründung einer Wahrheitskomission angeordnet, um die Ermittlungen wieder aufzunehmen, aber die Bundesstaatsanwaltschaft (PGR) hatte sich selbst als arbeitsunfähig in dem Zusammenhang erklärt.
In Hinblick auf das Justizsystem wurde nur Wochen nach der Freilassung von 9 Mitgliedern des Rates von Ejidos und Gemeinden gegen den Staudamm Parota (CECOP), der regionalen Koordination der Gemeindebehörden- Gemeindepolizei (CRAC-PC) und Bauern des Gemeindebezirks von Acapulco mit einern neue Strafverfolgung der Mitglieder der Bewegung begonnen, wie das Menschenrechtszentrum der Berge von Tlachinollan denunzierte: „Die Staatsanwaltschaft hat mehr als 50 Haftbefehle gegen die entsprechende Zahl an Gemeindemitgliedern des CECOP erlassen, deren Verbrechen es war, ihr Land und ihre Naturschätze zu verteidigen.“
Hinsichtlich der Meinungsfreiheit wurde im Oktober Gabriel Soriano Kuri ermordet, ein Mitabeiter von Radio und Fernsehen Guerrero (RTG). Artikel 19 berichtete, dass ein Tag nach dem Mord „eine zerstückelte Leiche gefunden wurde (…) mit einer Nachricht, die (…) folgendes sagt: „Hier werde ich respektiert Scheiß-Regierung, habt weiter eure Verträge mit dem Cita (unabhängiges Kartell von Acapulco) und so werdet ihr alle enden, ob sie Journalisten oder von der Regierung sind, sie werden mir alle einen runterholen““. Hätte dieser Mord politische Absichten, „wäre es eine unvergleichliche Tat, die bestätigen würde, dass der Drogenhandel die Presse als Kanonenfutter benutzt, um politischen Druck auf die Behörden auszuüben, um seine Ziele zu erreichen. Das würde den Anfang einer neuen Form der Gewalt von Seiten des organisierten Verbrechens gegen Journalisten bedeuten“, bestätigte die Organisation.