Aktivitäten von SIPAZ (Von Mitte Februar bis Mitte Mai 2013)
27/05/2013FOKUS : Auswirkungen und Schäden von Windkraft-Projekten in der Landenge von Tehuantepec
04/09/2013Die Amtszeit von Felipe Calderón war von einem hohen Ausmaß an Gewalt in mehreren Teilen des Landes charakterisiert, der sich aus seiner frontalen Strategie des „Kriegs“ gegen das organisierte Verbrechen ergab. Dies führte einer dramatischen Anzahl an Toten, Verschwundenen und Vertriebenen. Enrique Peña Nieto von der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) versprach, als er die Präsidentschaft antrat, einen Wechsel in der Sicherheitsstrategie. Jedoch haben mehrere Organisationen betont, dass der einzige Wechsel ein diskursiver gewesen sei, begleitet von einer Tendenz der Massenmedien, weniger über das Thema zu sprechen (mit Ausnahmen, wenn es um die Festnahme von Drogenbossen geht). Die Schaffung einer „Nationalgarde“ – einer Art militarisierter Polizei – wurde mehrmals verschoben. Währenddessen sind die durch die organisierte Kriminalität hervorgerufenen Opferzahlen nicht zurückgegangen, auch wenn sich die Regierung bemüht hat, die Unsicherheit herunterzuspielen.
Parallel dazu ist die Regierung in verschiedenen Punkten ihrer politischen Agenda vorangekommen. Zu diesen Themen, die im „Pakt für Mexiko“ zwischen den drei wichtigsten Parteien des Landes festgehalten sind, gehören die Arbeits-, die Bildungs- sowie die Telekommunikationsreform, und die Energie- wie auch die Steuerreform werden verhandelt oder stehen vor der Verhandlung.
Die Opposition seitens der Nationalen Koordination der LehrerInnen (CNTE) gegen die Bildungsreform führt weiterhin zu Massenkundgebungen. Die Gesetzesinitiative für die Energiereform, die Peña Nieto kürzlich vorstellte, rief noch mehr Polemik hervor bei denen, die meinen, dies sei von neoliberalen Interessen geprägt, wenn dem Staat die alleinige Zuständigkeit entzogen werde, strategische Bereiche der Öl- und Elektrizitätsindustrie zu führen. Die Bewegung Nationale Erneuerung (MORENA), soziale Basis des ehemaligen Mitte-Links-Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador, kündigte bereits Mobilisierungen für September an.
Im Sozialen wurde der Umfang des Programms des „Nationalen Kreuzzugs gegen den Hunger“ reduziert, der in 400 Landkreisen zur Bekämpfung extremer Armut und des Hungers stattfinden sollte. Zudem hat es sich bisher nicht als wirkliche Lösung der prekären Situation etabliert, in der sich eine wachsende Zahl der Bevölkerung befindet.
Menschenrechte: Eine Lawine von Berichten, die ein Mexiko in einer „humanitärer Krise“ präsentieren
Im Juli gaben über 30 Organisationen einen Bericht über die Situation der Menschenrechte bekannt. Dieser war im Hinblick auf die zweite Überprüfung Mexikos im Verfahren des Universal Periodic Review (UPR) seitens des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (VN) erstellt worden, letztere findet im Oktober statt. Der Bericht hebt den „exponentiellen Anstieg“ von Verletzungen der Menschenrechte hervor, der sich hauptsächlich aus dem Kontext der Gewalt und Straffreiheit im Land ergibt. Er stellt aktualisierte Informationen vor und gibt für jedes der elf behandelten Themen Empfehlungen ab. Die Organisationen unterstreichen, dass viele dieser Empfehlungen bereits vom Menschenrechtsrat an Mexiko im Jahr 2009 abgegeben wurden, jedoch nicht effektiv vom mexikanischen Staat umgesetzt wurden.
Im Rahmen des Internationalen Tags gegen Folter gaben mehrere Organisationen im Juni Erklärungen heraus. Das Nationale Netzwerk „Alle Rechte für Alle“ betonte, dass „wenngleich der mexikanische Staat die wichtigsten internationalen Verträge zum Thema Folter unterschrieben und sich den regelmäßigen Überprüfungen durch Menschenrechtsmechanismen unterzogen hat, die von diesen Mechanismen ausgesprochenen Empfehlungen weit davon entfernt sind, umgesetzt zu werden […] Im Gegensatz dazu ist eine Zunahme der Praxis der Folter in unserem Land zu beobachten, ebenso der Straflosigkeit.“
Die Vertretung des Hochkommissariats der VN für Menschenrechte hat ihrerseits einen „Bericht über die Situation der MenschenrechtsverteidigerInnen in Mexiko“ präsentiert, in dem sie berichtet, dass sie von 2010 bis 2012 89 Fälle von Angriffen auf AktivistInnen dokumentiert hat und die Behörden nur drei vermeintliche Verantwortliche in diesen Fällen ausfindig gemacht hat. Sie hob hervor, dass „die fehlenden Sanktionen gegen die Täter nicht nur zur Wiederholung der Vorfälle beiträgt, sondern auch das Risiko erhöht, unter welchem die [Menschenrechts-]VerteidigerInnen ihre Arbeit fortführen.“
Ebenfalls im Juni, ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetztes zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und Journalisten, wiesen über 80 Organisationen darauf hin, dass „schwere Hindernisse und Versäumnisse zu seiner adäquaten und effektiven Anwendung existieren.“ Sie zeigten drei große Problematiken auf: fehlender Zugang zu Ressourcen, kein geschultes Personal, sowie nicht ausreichender politischer und institutioneller Rückhalt für den Mechanismus, der zu „seiner adäquaten Umsetzung auf Bundes- und Landesebene sowie in den Landkreisen“ nötig sei.
Im selben Monat stellte Amnesty International (AI) einen Bericht über Erzwungenes Verschwindenlassen in Mexiko vor, der „das Ausmaß dessen, was passiert ist, und die Versäumnisse des Staates“ aufzeigt, um Tausenden Menschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Laut dem Bericht „wurden zwischen 2006 und 2012 in Mexiko mehr als 26.000 Menschen als verschwunden oder vermisst gemeldet. Es ist nicht klar, wieviele derzeit noch verschwunden sind. Manche sind Opfer erzwungenen Verschwindenlassens, worin staatliche Stellen verwickelt sind“.
Im Mai wies AI darauf hin, dass trotz der Fortschritte in der Gesetzgebung zugunsten der Mexikanerinnen diese weiterhin in einer Situation leben, in der ihre Rechte andauernd angreifbar seien. Die Organisation erklärte, dass die Versprechen und Reden der guten Absichten der neuen mexikanischen Bundesregierung nicht zu einer anderen Realität führen, denn die Vergewaltigungen nähmen zu anstatt zurück zu gehen. Laut AI gab es in diesem Jahr mehr als 14.000 Fälle von sexueller Vergewaltigung und nur bei jedem 21 Fall eine Verurteilung.
Chiapas: Soziale Konflikte und Veränderungen in der chiapanekischen Regierung
Die bedeutendste Veränderung in der Regierung des Bundesstaates gab es im Juli, als der Gouverneur von Chiapas, Manuel Velasco Coello, Eduardo Ramírez Aguilar zum neuen Innenminister ernannte. Er ersetzte damit Noé Castañón in diesem Amt, der dieses bereits einen Großteil der Amtszeit der Regierung von Juan Sabines ausübte.
Diese Veränderung wird der Notwendigkeit anderer Arten von Antworten angesichts der zunehmenden Konflikte und sozialen Mobilisierungen zugeschrieben, wofür es mehrere Beispiele gäbe. Am 6. August gaben Nichtregierungsorganisationen den Bericht „Verbreitete Gewalt in der Kreisstadt Venustiano Carranza“ heraus, der auf der Grundlage der bei einer Dokumentationsmission gesammelten Informationen „versucht, die gewalttätigen Vorfälle aufzuklären, die am 5. Mai in der Kreisstadt Venustiano Carranza geschahen.“ Sie erklärten, dass diese Vorfälle sich ergaben infolge des „fehlenden Interesses der Regierung des Bundesstaates, jahrelange Forderungen beider Gruppen umfassend zu lösen. Das Handeln der Regierung, sowohl vor, während als auch nach dem 5. Mai, führte zu Polarisierung und Zunahme der Gewalt im Landkreis.“ Die Organisationen erinnerten daran, dass „Folge davon sind: der Mord an zwei Menschen (…); die Vertreibung von 49 Familien – die bis heute in einer Situation hoher Verletzlichkeit leben, ohne dass die Regierung in der Lage wäre, die notwendigen Bedingungen für ihre Rückkehr oder Umsiedlung zu garantieren – ; Sachschäden bei 42 Wohnhäusern, 22 Fahrzeugen und acht Geschäften; die willkürliche Verhaftung von 19 Kleinbauer (…); neun willkürlich Inhaftierte; zwei Gefolterte; und 167 Haftbefehle, deren Vollstreckung noch aussteht.“
Ein weiterer angespannter Fall ist der des Ortes Colonia Puebla im Landkreis Chenalhó, wo neue Angriffe unter scheinbaren religiösen Vorzeichen mit der Freilassung einer Reihe von des Massakers von Acteal (1997) Angeklagten und Verurteilten zusammenfiel. Am 10. Juni beschwerten sich die Katholiken von Chenalhó über die Enteignung des Grundstücks, wo sich ihre Kirche und Baumaterial befindet. Die Enteignung geschah durch die Dorfvorsteher. Am 18. Juni gab es eine Demonstration-Pilgermarsch in die Kreisstadt, um auf fehlendes Eingreifen der Behörden hinzuweisen. Am 18. Juli nahm die Anspannung wieder zu, als Gegner der katholischen Minderheit mit Unterstützung der Dorfvorsteher den Rohbau der Kirche zerstörten, die im Bau war. Am 20. Juli wurden zwei Bewohner, Mariano Méndez Méndez und Luciano Méndez Hernández, festgehalten und beschuldigt, das Wasser in der Gemeinde vergiftet zu haben. Beide gehören der zivilen Basis der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) an. Eine dritte Person baptistischen Glaubens wurde verhaftet, weil sie mit der Festnahme nicht einverstanden war. Sie alle wurden drei Tage später freigelassen, nachdem keine Grundlage für die Anschuldigung der Vergiftung festgestellt werden konnte, doch das grundsätzliche Problem ist weiterhin ungelöst, obwohl am 8. August ein Pakt zivilen Verhaltens geschlossen wurde. Die Organisation Las Abejas hat beklagt, dass „die Paramilitärs von Chenalhó reaktiviert wurden, mit ihren Waffen schießen und Vertreibung verursachen wie 1997.“ Ende August waren mehr als 90 Personen (Katholiken und zwei Baptisten-Familien) aus Colonia Puebla geflohen.
Am 29. Juni störten mehr als Tausend Einsatzkräfte der bundesstaatlichen Polizei den Außerordentlichen Kongress der Sektion 7 der Nationalen LehrerInnengewerkschaft (SNTE) in Tuxtla Gutiérrez. Infolge des Polizeieinsatzes wurden über 200 LehrerInnen verletzt, davon einige schwer, und 29 von ihnen verhaftet, die kurze Zeit später wieder freigelassen wurden.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass organisierte Frauen des Landkreises San Cristóbal de Las Casas eine „Warnung zur Gewalt gegen Frauen“ heraus gegeben haben. Dies geschah aufgrund der Weigerung der Behörden, Maßnahmen zur Unterbindung der Gewalt gegen Frauen in Chiapas zu ergreifen. Es wird geschätzt, dass sich seit Jahresbeginn mehr als 55 Frauenmorde und dutzende Fälle von verschwundenen Frauen im Bundesstaat ereignet haben.
Ein weiterer Grund für Mobilisierungen war mit dem Thema ‚Gefangene‚ verbunden. Im Rahmen des 13. Jahrestags seiner Verhaftung wurden im Juni Veranstaltungen mit der Forderungen um Freilassung von Alberto Patishtán Gómez, Tsotsil-Indigener und Lehrer, der der Organisation ‚Die Stimme von El Amate‚ angehört, organisiert. Er sitzt im Gefängnis von San Cristóbal de Las Casas. Vor der Haftanstalt fand ein Gottesdienst sowie eine Demonstration statt, mit der die Anwesenden ihre Forderung unterstrichen. Am 4. Juli wurden neun Gefangene, die AnhängerInnen der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald sind, in Anwesenheit des Gouverneurs Manuel Velasco Coello freigelassen. Nicht frei kamen Alberto Patishtán Gómez und Alejandro Díaz Sántiz, Unterstützer der ‚Stimme von El Amate‘. Im August schloss sich Amnesty International der Forderung nach Freilassung von Patishtán an.
Im Berichtszeitraum dieses Berichts wurden mehrere Kommuniqués der EZLN verbreitet, die von Subcomandante Marcos oder Subcomandante Moisés unterzeichnet waren. Einige bezogen sich auf die aktuelle Situation, andere auf ihre neuen Initiativen wie die so genannte „Kleine Schule“ und die Schaffung des „Wanderlehrstuhls ‚Tata Juan Chávez Alonso'“, zu welchem sie zusammen mit den Nationalen Indigenen Kongress (CNI) für den 17. und 18. August eingeladen hatten (siehe Artikel). Mehr als 2000 SchülerInnen aus verschiedenen Bundesstaaten Mexikos und anderen Ländern nahmen an der „Kleinen Schule“ teil, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit in den fünf Caracoles sowie im CIDECI-Unitierra in San Cristóbal de Las Casas stattfand. Die SchülerInnen erhielten ein Paket mit zwei DVDs und mehreren Büchern zu den Themen „Autonome Regierung, Beteiligung der Frauen an der autonomen Regierung und Autonomer Widerstand“. Sie konnten diese Zeit über mit einem „Votán“ (Teil der zivilen Basis oder Mitglied der EZLN, dazu bestimmt, compañero, LehrerIn und Vertrauensperson zu sein) verbringen. In jenen Tagen wurde bekannt gemacht, dass „am 12. und 13. August nachts Militärflugzeuge Überflüge über die Gebiete der fünf Caracoles durchführten.“
Guerrero: Gewalt und Unregierbarkeit
Im Mai trat Innenminister Humberto Salgado zurück aufgrund der Krise, in der sich die Regierung des Bundesstaates wegen der Zuspitzung der sozialen Konflikte befand, unter anderem der Proteste der LehrerInnenbewegung gegen die Bildungsreform und der Entstehung von Selbstverteidigungsgruppen. Auf ihn folgte Florentino Cruz Ramírez, der seinerseits Anfang Juli zurücktrat, weil ihm, wie zu erfahren war, politisch und finanziell kein Spielraum gegeben wurde. An seiner Stelle wurde Jesús Martínez Garnelo nominiert. Dieser zweite Wechsel verstärkte den Eindruck der Unregierbarkeit, der im Bundesstaat empfunden wird, und wozu auch die nicht enden wollende Welle der Gewalt und Hinrichtungen gehört. Ein Beispiel dafür die Ermordung von drei AktivistInnen – unter ihnen der PRD-Politiker Arturo Hernández Cardona – im Juni, nachdem sie drei Tage zuvor in Iguala „hochgenommen“ wurden zusammen mit fünf weiteren Menschen, die entkommen konnten. Zudem wurde eine Reihe von Entführungen von Angestellten der Regierung beklagt. In der Region der Sierra haben Gruppen des Drogenhandels im Rahmen ihres Kampfes um Anbaugebiete und Routen die Vertreibung von (mindestens) 2000 Menschen verursacht. Diese kommen aus drei Landkreisen: San Miguel Totolapan, General Heliodoro Castillo und Apaxtla de Castrejón.
In diesem angespannten Kontext herrscht Straflosigkeit vor und es bleiben wenig Räume für soziale Akteure, die einen Wandel herbeiführen wollen. Nichtregierungsorganisationen haben beklagt, dass das Bundesinnenministerium Maßnahmen als durchgeführt erklärt hat, die nicht umgesetzt wurden. Dies bezieht sich auf Urteile des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Fällen von Inés Fernández und Valentina Rosendo, zwei indigenen Frauen, die 2002 von Soldaten vergewaltigt wurden. Im Juni demonstrierten ca. 500 Personen, Mitglieder sozialer oder von Nichtregierungsorganisationen, in Coyuca de Benítez, um an den 18. Jahrestag des Massakers von Aguas Blancas zu erinnern, das im Juni 1995 geschehen war und bei welchem 17 KleinbäuerInnen umkamen. Die DemonstrantInnen beklagten, dass 18 Jahre danach noch keine Gerechtigkeit geschehen sei, weshalb sie eine Neuaufrollung des Falles, Verurteilung der Verantwortlichen sowie mehr Sicherheit forderten, denn – so versicherten sie – die Repression gegen soziale Anführer würde bis heute andauern.
Ein weiteres Thema, dem sich viele soziale Prozesse verschrieben haben, ist die Zurückweisung der Militarisierung. Im August berichtete das Kollektiv gegen Folter und Straflosigkeit, dass Julián Blanco, einer der Anführer des Rats der Dörfer und Gemeinden in Opposition zum Staudamm La Parota (CECOP), zum sechsten Mal von Soldaten eingeschüchtert wurde. Des Weiteren haben Gemeindepolizisten von El Paraíso, Landkreis Ayutla de Los Libres (zugehörig zur Regionalen Koordination der Gemeindeautoritäten, CRAC) Landstraßen blockiert als Protest gegen die strukturellen Reformen, die im „Pakt für Mexiko“ aufgeführt sind, sowie als Unterstützung der Dörfer der Küste (wo sich der CECOP befindet) aufgrund der Belästigungen durch die Armee. Sie erklärten, ihre Hauptforderung gegenüber der Regierung des Bundesstaates sei, dass die Einschüchterungen seitens der Bundes- und Landespolizei sowie der Einheiten der Landkreise, der Armee und der Marine eingestellt würden. Die Regionale Koordination für Sicherheit und Gerechtigkeit – Bürger- und Basispolizei (CRSJ-PCP) ihrerseits forderte „von der Regierung von Guerrero und der Bundesregierung, dass sie unverzüglich die Armee aus unserem kommunalen Territorium abzieht. Hier brauchen wir ihre Dienste nicht, hier schützen und beschützen wir uns selbst.“
Oaxaca: politische Kontinuität trotz Zunahme der Brennpunkte
Am 7. Juli fanden in Oaxaca die Wahlen zum Kongress des Bundesstaates sowie der LandrätInnen, die nach dem Parteiensystem gewählt werden, statt. Die Wahlallianz „Vereint für die Entwicklung“ der Partei der Nationalen Aktion (PAN), der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) und der Partei der Arbeit (PT) gewann die Sitze in 14 der 25 Wahlkreise für den Kongress, womit sie die Mehrheit in im Parlament behält. Auch gewann sie die meisten der Kreisratswahlen, jedoch verlor sie die Wahl für das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt des Bundesstaates. Es sei darauf hingewiesen, dass sowohl vor den Wahlen wie auch am Wahltag mehrere im Zusammenhang mit den Wahlen stehende gewaltsame Vorfälle stattfanden.
Diese Wahlergebnisse, die in gewisser Weise die politischen Parteien bestätigen, die Gabino Cué zum Gouverneur gemacht haben, spiegeln allerdings nicht die Kritik wider, die es an der aktuellen Regierung gegeben hat. Nichtregierungsorganisationen stellten öffentlich den Bericht „Die Menschenrechte in Oaxaca 2009-2013. Bürgerbericht: Eine ausstehende Rechnung“ vor. Der Bericht erklärt, dass wenngleich es Fortschritte auf der Ebene der Gesetzgebung gegeben habe, diese sich nicht in der staatlichen Politik widerspiegelten. Er benennt die hauptsächlichen Probleme im Bundesstaates: Angriffe auf MenschenrechtsverteidigerInnen und Straflosigkeit in diesen Fällen; die Menschenrechtskommission von Oaxaca, die keine Kriterien zur Anordnung von Schutzmaßnahmen hat und weder Budget noch Personal; indigene Bevölkerung mit hoher Marginalisierung, fehlendem Zugang zur Justiz und Verletzungen ihrer kollektiven Rechte bei der Umsetzung von Megaprojekten, Kriminalisierung des sozialen Protests, Folter, willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen und erzwungenes Verschwindenlassen, neben anderen Menschenrechtsverletzungen.
Im Rahmen des Forums „Die Verteidigung der Menschenrechte in Oaxaca“, das im Juli stattfand, beklagten Nichtregierungsorganisationen, dass sich die Angriffe auf MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen in Oaxaca seit 2012 auf beunruhigende Weise intensiviert hätten. Sie erklärten, dass „zwischen 2012 und 2013 35 Angriffe auf MenschenrechtsverteidigerInnen gemeldet wurden, was Oaxaca zum Bundesstaat mit der höchsten Rate an Angriffen macht.“ Es wurden Fälle genannt, die einige Tage zuvor geschehen waren: „bewaffnete und vermummte Personen drehten am helllichten Tag ihre Runden vor dem Haus von Mariano López von der Basisversammlung von Juchitán, das Verschwinden des Verteidigers Herón Sixto López, Mixteco-Indigener und Mitarbeiter des Zentrums für Orientierung und Beratung indigener Gruppen von Santiago Juxtlahuaca [dessen Leiche ein paar Tage später gefunden wurde] und der Tod des Reporters Alberto López Bello der lokalen Zeitung El Imparcial.“
Im Mai wurde die Bildung des „Netzwerks kommunitärer VerteidigerInnen der Völker von Oaxaca: Das Territorium schützend säen wir die Zukunft“ angekündigt. Es hob hervor, dass „in Oaxaca die kommunitären VerteidigerInnen [der Menschenrechte, Anm. d. Übers.] diejenigen sind, die ein größeres Risiko eingehen, da sie auf direktere Weise mit Machtmissbrauch der Behörden der Landkreise konfrontiert sind. Sie sind auch den tatsächlichen Machthabern oder regionalen Akteuren ausgeliefert, die Projekte der Vertreibung von ihren Territorien und natürlichen Ressourcen unterstützen.“ Es wurde von Belästigungen, Angriffen und Toten im Istmus von Tehuantepec berichtet, wo ein Teil der Bevölkerung sich gegen den Bau von Windradparks in der Region organisiert hat, gleiches geschieht in San José del Progreso (gegen Gegner des Bergbaus des Minenunternehmens Cuzcatlán).
Außerdem sollte an dieser Stelle eine Vielzahl an Aktivitäten erwähnt werden, mit denen gegen die steigende Welle von Gewalt gegen Frauen protestiert wurde. Im Kontext letzterer sind 58 Frauen und Kinder verschwunden. Auch wurde gegen irreguläres Handeln der zuständigen Behörden in diesem Zusammenhang protestiert.