2003
02/01/2004AKTUELLE SITUATION : Mexiko-Chiapas, Regierungsberichte
30/09/2004ANALYSE I : Chiapas, Zunahme der Brennpunkte im Zusammenhang mit erhöhten Spannungen
Sicherlich füllt der Konflikt im Chiapas nicht mehr so oft die ersten Seiten der nationalen Zeitungen wie noch in den ersten Jahren nach dem bewaffneten Aufstand der Zapatistischen Nationalen Befreiungsarmee (EZLN) im Jahre 1994. Dennoch, liest man die darauf folgenden Seiten oder die lokale Presse, wird man zwangsläufig gewisse Warnzeichen vernehmen, wenn man die Zunahme gewalttätiger Auseinandersetzungen bzw. Brennpunkte registriert, die jeder Zeit zu stärkerer Gewalt führen könnten. Mehr noch, wenn wir uns bewusst machen, dass ein Großteil der Ursachen dafür eben jenen strukturellen Faktoren entsprechen, die den Aufstand herbeiführten.
Von der Hochebene…
Eine erste gewalttätige Auseinandersetzung in den letzten Monaten ereignete sich am 10. April in der Gemeinde von Zinacantán, wo Hunderte von zapatistischen Unterstützungsbasen einen Friedensmarsch veranstalteten zum Gedenken an den traurigen Jahrestag des Todes von Emiliano Zapata. Nach der Kundgebung wurde Wasser an die Gemeinden verteilt, denen der Zugang durch die Gemeindebehörden der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) entzogen worden war. Dabei wurden sie von Sympathisanten der PRD aus einem Hinterhalt angegriffen und als Ergebnis blieben Dutzende von Verletzten und 125 vertriebene Familien zurück, die nach 15 Tagen zu ihren Gemeinden zurückkehren durften (siehe Artikel dazu in diesem Bericht).
Auch in dem Bezirk Tenejapa besteht ein ähnlicher Konflikt im Hinblick auf die Frage des Eigentums und der Nutzung einer Wasserquelle, der sich in Gewalt äußern könnte, wie die Bewohner einer der betroffenen Gemeinden verlautbarten.
Ende Mai machte der autonome Rat von Polhó (Chenalhó) darauf aufmerksam, dass „die bewaffneten Gruppen, die in Verbindung stehen zu der PRD-Regierung in Zinacantán, und welche schon zuvor in Erscheinung getreten sind, mit wenigstens einem Sektor der Paramilitärs in Chenalhó verbündet sind, welche nie entwaffnet wurden und seit 1997 weder damit aufhörten zu operieren, noch Tausende zapatistischen Indigenas zu bedrohen und im Exil zu halten“.
Bis zur Selva (Urwald)…
Der bekannteste Fall steht im Zusammenhang mit dem Naturschutzreservat Montes Azules, wo weiterhin mit Vertreibung gedroht wird und die Umsiedelung von mehr als 30 Dörfern noch offen ist. Bundesstaatliche und staatliche Instanzen betonen seit längerer Zeit, dass man den Weg des Dialoges mit den „irregulären“ Niederlassungen bevorzugt habe. Im März lehnten zehn im Naturreservat gelegene Gemeinden und Gruppenmitglieder der Unión de Comunidades Indígenas de la Selva Chiapaneca (Union Indigener Gemeinschaften des chiapanekischen Waldes) den Dialog mit dem Sekretariat für Agrarreformen über die mögliche Umsiedelung ab, indem sie sagten, sie werden „keine weiteren angeblichen Dialoge und Verhandlungen“ mehr akzeptieren, „bei denen keine ernsthaften Kompromisse und Abkommen ausgearbeitet werden“.
Andere öffentliche Erklärungen klingen mehrdeutiger. Beispielsweise schlug der PAN-Abgeordnete Jorge Nordhausen von der Kommission für Umwelt, Naturressourcen und Fischfang des Senats der Republik im April vor, mit den Räumungen in Montes Azules fortzufahren „mit dem Ziel, Ordnung und Gesetzmäßigkeit im Naturreservat des Lacandonen-Waldes wiederherzustellen“. Er betonte, dass die Räumungen „nicht aus willkürlichen Maßnahmen bestehen, sondern aus rechtlich fundierten Aktionen, begründet durch das schädliche Eindringen in das Naturerbe der Nation.“
Im Mai versicherte das Sekretariat für Umweltschutz (PROFEPA) 13 Abkommen über die Umsiedlungen und fünf zur Normalisierung geschlossen zu haben, welche im Juni in die Tat umgesetzt werden sollen.
In der Region Las Cañadas kam es im April zu starken gegenseitigen Anschuldigungen zwischen den Organisationen des Gebietes: die Junta der Guten Regierung „Der Weg der Zukunft“ dementierten, dass die Zapatisten Polizeigruppen aufstellen würden. Im Gegenteil, sie beklagten, PRI-Anhänger und Mitglieder der Asociación Rural de Interés Colectivo (ARIC Independiente – Unabhängige Ländliche Vereinigung Gemeinschaftlicher Interessen) seien diejenigen, welche seit zwei Monaten Reserveeinheiten in der Nähe von Ocosingo aufbauten trotz der Missbilligung durch die Zapatisten.
Von der nördlichen Zone bis zur Küste
Ende April beschuldigte die Junta der guten Regierung „Saat die erzeugen wird“ mutmaßliche Paramilitärs, die in Verbindung stehen zur PRI, Familien der Unterstützungsbasen des EZLN der Gemeinde Tiutzol im Regierungsbezirk Tila (Nördliche Zone) attackiert zu haben.
Die Konflikte um den Widerstand gegen die Zahlung der Elektrizität bestehen fort. Es wurde berichtet von Blockaden (Tapachula) und Behinderungen von Angestellten der Bundesstaatlichen Kommission für Elektrizität, CFE (Küste, Nördliche Zone). Dessen ungeachtet versicherte der Geschäftsführer der Abteilung Süd-Südost der CFE, dass 90% der Küstenregion das bevorzugte Programm „Vida mejor“ („Besseres Leben„; siehe SIPAZ-Bericht März 2004) akzeptiert hätten. Er bekräftigte, dass die sich ereigneten Konflikte „kleine Streitigkeiten“ seien und man weiterhin allen den Strom sperren werde, die sich weigerten zu zahlen.
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Gemeindekonflikte oder die Spitze des Eisbergs?
Einige versuchen diese Ausschreitungen der Gewalt den Problemen untereinander und innerhalb der Gemeinen zu zuschreiben. Als der Staatssekretär Santiago Creel im April zu Besuch im Chiapas war, sagte er, dass „Chiapas der bundesstaatlichen Regierung kein Kopfzerbrechen mehr bereite“ und dass trotz der Zusammenstöße in Zinacantán „dort eine politische Stabilität herrsche“. Er beurteilte die Ausschreitung als „Zwischenfall„.
Andere jedoch sehen in diesen Vorfällen Symptome für eine Situation mit weitreichenderem Charakter. Die Kommission zur Unterstützung der kommunitären
Einheit und Versöhnung (Coreco) erklärte, dass „das, was am 10. April vorfiel, weder eine einfache Streiterei gewesen ist, noch die schlichte Konsequenz aus dem Unvermögen der staatlichen Regierung sowie der Bezirksregierung, den Forderungen der Bevölkerung nachzukommen. Auch ist dies nicht das Resultat einer Verschärfung des Konfliktes aufgrund der Existenz von zwei Rechtsrahmen. Der Hinterhalt, der Angriff, die Gewaltanwendung, die Bedrohung und die Störung des Marsches und den Widerstand leistenden Kommunen in Zinacantán erfolgten einmal mehr als Versuch, die Unterstützungsbasen des EZLN zu zwingen, ihre politische Stellung aufzugeben“.
Abgeordnete der Cocopa (Kommission zur Schlichtung und Befriedung – eine legislative Instanz, die gebildet wurde um den Dialog zwischen EZLN und der Regierung zu unterstützen) bekräftigten, dass die Vorfälle in Zinacantán das „Links liegen lassen“ des Themas Chiapas auf der Agenda der bundesstaatlichen Regierung reflektierten.
Luis H. Àlvarez, Friedensbeauftragter des Bundesstaates Chiapas hält seinerseits fest: „Der EZLN hat eine wichtige Verantwortung bei der Schaffung eines Raumes für politische Verhandlungen, der es erlaubt, größere Konflikte und das Blutvergießen bei den Indigenas zu vermeiden. Es ist wichtig, dass der EZLN noch einmal die Notwendigkeit anerkennt, den Dialog mit den staatlichen Behörden wieder zu eröffnen, um grundsätzliche Einigungen zu erreichen, die ein friedliches Zusammenleben ermöglichen“.
Im Juni sagte die Fraktion der PRD in der Abgeordnetenkammer, dass sie das Erscheinen des Friedensbeauftragten für Chiapas, Luis H. Álvarez, vor einer Kommission beantragen werden, da sie der Ansicht sind, dass der Repräsentant seinem Auftrag nicht gerecht wurde, indem er bei seinen Besuchen sich der Übergabe von Wellblechdächern und anderen materiellen Hilfsgütern und Arbeiten innerhalb der Bevölkerung widme, die dem Zapatismus gegenüber abtrünnig geworden sind oder gegen ihn sind. Gerardo Ulloa von der PRD dagegen beurteilte, die Austeilung von Materialien durch den Beauftragten, mache ihn zu einem Instrument der Regierung, um die zapatistischen Basen zu untergraben, was nicht zu der Wiederaufnahme des Dialoges beitrage, sondern seine moralische Eigenschaft als Unterhändler einschränke.
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Der nährboden
Hinter den gewalttätigen Vorfällen stecken zahlreiche Faktoren.
Folgeerscheinungen der Kriegsjahre
Zu den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Ausgrenzungen der indigenen Kommunen im Chiapas die vor 1994 existierten, kommen die Auswirkungen des Krieges niedriger Intensität (versteckter Krieg) hinzu, die in diesen Jahren in der Region erlitten wurden. Einer der augenscheinlichsten Aspekte ist die permanente Militärpräsenz in Chiapas. Eine andere Folge ist die Auflösung sozialer Netzwerke, die zu Konflikten innerhalb der Gemeinden und untereinander geführt hat, wo eine Kultur von wachsender Intoleranz vorherrscht und die Tendenz, ideologische, politische oder religiöse Verschiedenartigkeit aufzulösen.
Anfang Juni kritisierte das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas, dass die Situation der, aufgrund des bewaffneten Konfliktes, mehr als 12000 Vertriebebenen im Chiapas noch immer eines der ungelösten Themen sei. Es wurde darauf hingewiesen, dass trotz einiger Versuche mit der Regierung zu verhandeln, in keinem der Fälle ihnen Land zum Leben zugewiesen wurde, noch gegen die Verantwortlichen für die Vertreibungen ermittelt wurde.
Einige Tage später betonte der PRD-Abgeordnete Emilio Zebadúa, dass die Vertriebenen sich in einer Situation von „hoher Verwundbarkeit“ befinden, resultierend aus dem Verlassen des Internationalen Roten Kreuzes, das den Sektor unterstützte. Zebadúa erklärte, dass die bundesstaatliche Regierung nicht die Empfehlungen bezüglich der Vertriebenen, die vor einem Jahr von Francis Deng, Beauftragter der UNO, abgegeben wurden, befolgt habe.
Bevorstehende Wahlen
Ein weiterer Umstand, der den Anstieg sozialer Spannungen erklärt, hängt zusammen mit den Regionalwahlen am 3. Oktober, bei denen 118 Bürgermeister und 40 staatliche Abgeordnete gewählt werden. Der Kampf um die Macht (Kandidaturen und Wahlen) verschärft das Klima.
Auch wenn die nächsten Wahlen in 2006 stattfinden, ist die politische Tagesordnung auf bundesstaatlicher Ebene schon darauf ausgerichtet in Form von Skandalen, parteiinternen Kämpfen und Rücktritten.
Innerhalb der Nationalen Aktionspartei (PAN) in der Staatsregierung kam es erst vor Kurzem zu Reibereien zwischen dem Präsidenten Fox und seinen möglichen Nachfolgern innerhalb der Partei, so wie in dem Fall des Energieministers Felipe Calderón, welcher seine Präsidentschaftskandidatur beim Dritten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik niederlegte. Der Präsident zwang ihn sein derzeitiges Amt niederzulegen, wenn sich dieser dem politischen Wahlkampf widme, wobei sich die Differenzen zwischen den einzelnen PAN-Fraktionen widerspiegelten.
Im Rahmen der Oppositionsparteien kursiert ein sehr undurchsichtiger Fall um die Konflikte zwischen der bundesstaatlichen Regierung und dem aktuellen Regierungschef des Bundesdistriktes, Andrés Manuel López Obrador, ein möglicher Präsidentschaftskandidat der PRD.
Kritik an Beschneidung von Freiräumen
Das „Knebel„-Gesetz
Am vergangenen 17. Februar wurde im Chiapas Reformen zum Strafgesetz verabschiedet, die sich auf Delikte gegen die Ehre beziehen, auf die Strafen von neun Jahren Gefängnis und Geldbußen in Höhe von bis zu tausend Tagessätzen des Mindestgehaltes auferlegt werden. Menschrechtsorganisationen, Journalistengruppen und die zivile Gesellschaft demonstrierten ihre Ablehnung der genannten Reformen, in dem sie argumentierten, diese verletzten die freie Meinungsäußerung sowie das Recht auf Information. Ferner unterstrichen sie, dass diese gegen, von der mexikanischen Regierung unterschriebene, Rechtsdokumente verstießen, so wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Amerikanische Menschenrechtskonvention. Dem zum Trotz traten diese Reformen Ende Mai 2004 in Kraft.
CEDH
Eine andere Situation, die für Besorgnis bei den Menschenrechtsorganisationen im Chiapas sorgte, eine Kontroverse zwischen der Nationalen Menschenrechtskommissionen CNDH und ihrer staatlichen Schwesterorganisation CEDH, bezüglich einer herausgegeben Empfehlung der letzteren, was die vorherrschenden Verfahren betrifft, die die öffentliche Schutzorganismen den Bürgern anbieten sollen. Laut der CNDH ermöglichte die ungenügende Berücksichtigung der Empfehlung seitens der CEDH, dass der Polizeisektor und die Gemeinderäte von Comitán, die 66 Personen während einer Räumung im Jahre 2002 angriffen, weiterhin Straffreiheit genießen.
Im Juni gab der Kongress von Chiapas der Klage wegen Missachtung statt, die der CNDH gegen seine staatliche Schwesterorganisation präsentierte. Der Ombudsmann Pedro Raúl López Hernández bat die Abgeordneten das Recht auf Anhörung zu respektieren, bevor sie diesbezüglich eine Entscheidung treffen.
Das Gesetz über Menschenrechte
Die Reforminitiative zu einer Konstitution hinsichtlich Menschrechten, diesmal auf Bundesebene, sorgte ebenfalls für Polemik. Die Mitgliedsorganisationen des Verbindungskomitees zwischen der Regierung und dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (ACNUDH) beklagten, dass, auch wenn wichtige Aspekte angerissen würden, die Reforminitiative sich vom Wortlaut und Geist des gemeinsam erarbeiteten Entwurfes entferne und den Prozess des aufgenommen Dialoges untergrabe. (Für weitere Details siehe Webseite des Menschenrechtszentrums Augustín Pro Juárez).
Sie hinterfragten die sinngemäßen Aussagen des Präsidenten Fox, niemand könne bezweifeln, die Regierung respektiere nicht die Menschenrechte: „Es gibt wichtige Beweise, die seiner Behauptung widersprechen, welche man im Bericht des Hochkommissars der UN für Menschenrechte (ACNUDH) findet, die vielen, durch die Nationale Menschenrechtskommission und internationale Einrichtungen eingegangenen und dokumentierten Beschwerden. So wie all die Menschenrechtsverletzungen, deren Großteil nicht durch die Bevölkerung angeklagt wurden aufgrund von Zweifeln an der Kompetenz der gerichtlichen als auch nicht gerichtlichen Institutionen, die für den Schutz ihrer Menschenrechte verantwortlich sind. Die Situation erfordert keine realitätsfernen Reden, sondern dringend eine greifbare Politik seitens des Staates, die die Menschenrechte respektiert, garantiert und schützt“.
Ende Mai bestätigte Amnesty International in seinem Jahresbericht 2004, dass die Bemühungen der Regierung Vicente Fox um die Respektierung der Menschenrechte „unzureichend“ gewesen sind um die „regelmäßigen und allgemeinen Verstöße“ zu bremsen. Es wird gemahnt, dass „das strukturelle Versagen“ des Strafjustizsystems nach wie vor Hauptursache für die Verletzung der Menschenrechte und Straflosigkeit sind. Des Weiteren heißt es bezüglich der Thematik indigener Völker, dass die Diskriminierung, Marginalisierung und die Konflikte der Gemeinden weiterhin vielfache Menschenrechtsverstöße hervorrufen. Der Bericht ruft in Erinnerung, dass im Juni 2003 Mexiko dazu aufgerufen wurde, die Verhandlungen mit dem EZLN wieder aufzunehmen und die „strittige“ Gesetzgebung von 2001 für die Rechte der Indígenas zu ändern. Auch wird auf die Befürchtung hingewiesen, dass der Puebla-Panama-Plan für die indigenen Gemeinschaften im Süden Mexikos eine Gefahr darstelle, da dieser damit drohe, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte dieser Gemeinden zu verletzen.
Ebenfalls Ende Mai trafen sich Repräsentanten ziviler Organisationen mit dem Staatssekretär Santiago Creel und erreichten eine Serie von Abkommen um die Fortdauer des Dialoges mit der Regierung zu garantieren.
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Soziale Prozesse und offizielle Verhandlungsräume
In Bezug auf die indigenen Völker wurde Mitte Mai die dreizehnte Versammlung des Nationalen Indígena Kongresses (CNI) in Unión Hidalgo, Oaxaca, abgehalten. Abgeordnete der Region Zentral-Pazifik vereinbarten die Abkommen von San Andrés als „Indígena-Konstitution“ zu ratifizieren und in einer „friedlichen Rebellion“ fortzuschreiten mit Hilfe der Autonomieausübung. Juan Chávez, ein Purépecha aus Nurio, betonte: „Wir dürfen nicht dahingehend verfallen, den Staat weiterhin darum zu bitten, was er uns schon versagt hat (die konstitutionelle Anerkennung der Rechte der indigenen Völker mit der Verabschiedung der Gesetzesinitiative der Cocopa), wir müssen die Regierung nicht um Erlaubnis bitten, noch in ihrem Schatten stehen, die Forderung wurde überholt durch die Bildung der Caracoles im Chiapas und der autonomen Gemeinden wie Xochistlahuaca (Guerrero) und das, was in Unión Hidalgo (Oaxaca) und Tlalnepantla (Morelos) passiert“.
Am 28 Mai begann das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik mit Repräsentanten aus 58 Ländern in Guadalajara, Jalisco. Parallel dazu wurden verschiedene soziale „altermundistas“ Foren veranstaltet (siehe dazu gesonderten Bericht). Leider wurde in den Medien wenig des Inhaltes der Diskussionen wiedergegeben, da der Protestmarsch, welcher den Höhepunkt der tagelangen Arbeit bilden sollte, in gewalttätigen Ausschreitungen endete. Verschiedene anwesende Organisationen beklagten, dass die Intensität der Polizeirepressionen die Sicherheitsmaßnahmen überschritten habe, die hätten erlassen werden können, um gegen Ausschreitungen durch kleinere Gruppen bei der Demonstration vorzugehen.
45 junge Mexikaner wurden verhaftet, acht Ausländer wurden ihrer Freiheit beraubt und schließlich des Landes verwiesen. Menschenrechtsorganisationen verurteilten den Missbrauch, die Schikanen und die Verletzung des Rechts auf Zugang zur Justiz sowie den mangelnden Schutz der physischen Integrität derer, die festgehalten wurden. Eine Woche später wurden die mexikanischen Verhafteten offiziell zu Inhaftierten erklärt, die sich des Aufstands, der Bandenbildung, des Widerstandes bzw. Ungehorsam gegenüber der Staatsgewalt, des Übergriffs auf die öffentlichen Verkehrsmittel, der Körperverletzung, des Diebstahls und des Sachschadens schuldig gemacht hätten.
Als letztes verweisen wir auf die Erklärung von Tepeaca (im Staate Puebla), wo vom 4. bis zum 6. Juni das Mexikanische Treffen für Alternative Lebensweisen der Völker abgehalten wurde, eine Vorbereitung auf die die nächsten mittelamerikanischen sozialen Foren im Juli in El Salvador. Versammelte Repräsentanten von 112 sozialen Organisationen aus dem ganzen Land wiesen die, vom Präsidenten durchgeführte, neoliberale Politik, sowie die daraus resultierenden Konsequenzen, zurück. Wiederholt versicherten sie ihren Kampf für die Autonomie der Völker und so die Erfüllung der Abkommen von San Andrés. Sie schlugen vor, einen alternativen Plan für das Leben der mittelamerikanischen Völker zu erarbeiten, der auf ihrer Würde, ihrer Kultur und der Mutter Erde basiert.