SIPAZ-Aktivitäten (Von Oktober 2005 bis 15. Januar 2006)
28/04/2006ANALYSE : Mexiko – Zwei Präsidenten?
30/11/2006Am vergangenen 2. Juli fanden in Mexiko landesweit Wahlen statt. Es wurden die Abgeordneten für den Senat und den Kongress sowie der Präsident gewählt. Noch in der selben Nacht erklärte sich das Nationale Wahlinstitut (IFE), das für die Stimmenauszählung zuständig ist, unfähig, den Gewinner festzustellen. Der Grund: der Unterschied in der Menge der Wählerstimmen zwischen den beiden stärksten Kandidaten sei zu klein. Die Verkündung des Wahlergebnisses wurde also verschoben. Trotzdem erklärten sich sowohl Andrés Manuel López Obrador (kurz AMLO, der Kandidat des Bündnis „Für das Wohl Aller“, dem mehrere Parteien der Mitte und Linken angehören: Partei der Demokratischen Revolution (PRD); Partei der Arbeit (PT) und die Convergencia) wie auch Felipe Calderón (von der rechten Partei der Nationalen Aktion (PAN) als Wahlsieger. In den folgenden Tagen wurden die Stimmen nach Wahldistrikten ausgezählt. Damit gewann Calderón mit einem Vorsprung von 0,58 Prozent. Gegen diese Entscheidung wurden mehrfach vor dem Bundeswahlgericht (TRIFE) Klage eingelegt. Die Richter haben Zeit bis 31. August, die Anfechtungen zu bearbeiten. Spätestens am 6. September muss der Name des neuen Präsidenten bekannt gegeben werden.
Ein nicht beendeter Wahlprozess
Der Wahltag lief relativ ruhig ab. Es wurden 99,4% der Wahlurnen aufgestellt, also 130.407 von ursprünglich 130.488 geplanten. Das liegt in der mexikanischen Wahlgeschichte auf höchstem Niveau. Fast 60 Prozent der mexikanischen Wahlberechtigten nahmen teil. Die Wahlenthaltung lag bei 41 Prozent im Vergleich zu 36 Prozent bei den Wahlen im Jahre 2000. Um acht Uhr abends bezeichnete Luis Carlos Ugalde, der Sprecher der IFE, den Wahltag als „erfolgreiches Beispiel“.
In den folgenden Stunden zeigten die veröffentlichten Zahlen ein „technisches Unentschieden“ mit einem kleinen Vorsprung für Calderon vor López Obrador. Dieser klagte ein, dass fast 3 Millionen bei der Auszählung fehlen würden. Am folgenden Tag rechtfertigte das IFE diese Tatsache mit den über 11.000 Wahlakten, die in der ersten Auszählung wegen „Unbeständigkeit“ nicht berücksichtigt worden seien. Nachdem diese Akten berücksichtigt wurden, reduzierte sich der Abstand zwischen Calderón und AMLO auf 0,64 Prozent. Der dritte Präsidentschaftskandidat Roberto Madrazo Pintado (von der Allianz für Mexiko, welche die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) und die Grüne Ökologiepartei Mexikos (PVEM) einschliesst), hat sofort seine Niederlage akzeptiert.
Wie vom Gesetz vorgesehen, war der nächste Schritt, die Auszählung der Stimmzettel der 300 Wahldistrikte, die im Land existieren, am Mittwoch 5. und Donnerstag 6.Juli. Diese fand unter der Aufsicht der IFE statt. Im Unterschied zur ersten Auszählung behielt AMLO zunächst noch einen Vorsprung vor Calderón, der aber immer geringer wurde, bis ihn der PAN Kandidat letztlich mit einem Endvorsprung von 0.58 Prozent überholte. Als Calderón im Morgengrauen den Vorsprung erlangte, gab er eine Erklährung zur nationalen Versöhnung ab. Am 6. Juli, als noch 400 Wahlurnen in der Computerzählung fehlten, kündigte Andrés Manuel López Obrador an, die Ergebnisse vor dem Wahltribunal anzufechten. „Der Apparat und die Gelder des Staates werden weiterhin zu Gunsten des Kandidaten der Rechten genutzt (…). Eine Manipulation des PREP (Wählerumfragenprogramm, das eine schnelle Stimmauszählung des IFE ermöglicht) ist offensichtlich. Es gab wenig Transparenz. Dem IFE fehlte Unabhängigkeit. Es gab Anordnungen, die Wahlpakete nicht zu öffnen und in ungewöhnlicher Eile in weniger als 24 Stunden eine umstrittenen Wahl zu beenden. Wir können das Ergebnis angesichts der Unregelmäßigkeiten und Regelverstöße nicht anerkennen. Wir werden die Wahlen anfechten, wir werden verlangen, dass die Pakete geöffnet und Stimme für Stimme gezählt werden.“ Am 7.7. wurde auf illegale Weise, denn dies ist Aufgabe des Wahltribunals, vom Vorsitzenden des IFE Luis Carlos Ugalde der PAN-Kandidat Felipe Calderón zum Sieger erklärt.
In den nächsten Tagen präsentierte das Bündnis „Für das Wohl aller“ über 300 Klagen vor dem Wahltribunal. Diese schließen Unregelmäßigkeiten in ca 50.000 der über 130.000 aufgebauten Wahltischen ein. Die PAN und ihr Kandidat haben sich dagegen ausgesprochen, dass die Wahlpakete geöffnet und die Stimmen von über 41 Milionen Wählern gezählt werden. Beide Seiten haben zu friedlichen Protesten aufgerufen. Am 16. Juli versammelten sich über eine Millionen Menschen zu einer Demonstration für AMLO auf dem Zocaló, dem Hauptplatz von Mexiko Stadt.
as Bundeswahlgericht hat gegen die PAN wegen der Fernsehspots, die sie gegen Lopez Obrador ausgestrahlt hatten, geurteilt. Es hat die juristische Macht, den Wahlprozess für ungültig zu erklären, falls dies notwendig sein sollte. Bis zum 31. August, dem letzt möglichen Zeitpunkt für Anfechtungen, sind die Ergebnisse abzuwarten.
Erste Billanz während des Wartens auf endgültige Ergebnisse
Egal welcher der beiden Präsidentschaftskandidaten gewinnen wird, AMLO oder Calderón, wird nur ein Drittel der abgegebenen Stimmen erhalten haben, bzw von einem Fünftel der Wahlberechtigten gewählt worden sein. Dies ist das schlechteste Ergebnis, das ein mexikanischer Präsident bisher je verbuchen konnte. Die Zahl von 14 Millionen Stimmen für jeden der „beiden Ersten“ zeigt ein Bild von Gespaltenheit. Das Risiko von sozialen Konfliktiviten ist auf kurze und mittlere Sicht sehr hoch.
Ein anderer Aspekt dieser Wahlen war die Polarisierung zwischen dem Norden (in der Mehrheit PAN) und dem Süden des Landes (in der Mehrheit für AMLO). Auch sollte unterstrichen werden, dass bei den Wahlen am selbigen 2.Juli die PRD in der Hauptstadt zum dritten Mal hintereinander die Regierung stellen wird.
Ein weiteres Ergebnis der Wahlen ist, dass der Kongress gespalten bleibt. Egal welcher der beiden Kandidaten die Präsidentschaft gewinnt, er muss ohne parlamentarische Mehrheit regieren. Calderón (dessen PAN mit 206 von 500 Abgeordneten und 52 der Senatsmitglieder über die stärkste Minderheit verfügt), müsste einen Teil der beleidigten und wiederspenstigen Opposition anführen. Das „Bündnis zum Wohl Aller“ erreichte 160 Abgeordnete und 36 Senatsmitglieder.
Die PRI erreichte nur 21 Prozent der Stimmen der Präsidentschaftswahl. Sie wurde auch in ihren Hochburgen Oaxaca und Chiapas geschlagen. Sie verlor fünf Millionen Stimmen im Vergleich zu den Wahlen im Jahre 2000 und wurde damit zur drittstärksten Kraft im Land. Trotzdem kann sie im Kongress in Allianzen und Verhandlungen zwischen den Parteien noch eine wichtige Rolle spielen. Sie hat 121 Abgeordnete und 39 Senatsmitglieder.
m Schluss sollten wir noch erwähnen, das die Partei Neue Allianz überraschenderweise neun Abgeordnete und einen Senator stellt und die Sozialdemokratische Alternative vier Abgeordnete.
Wirkung eines turbulenten Vorwahlkampf
Die Art, wie die Wahlkampagnen abliefen (bis zu persönlichen Disqualifizierungen zwischen den Kandidaten) hat vermutlich zur weiteren Komplexität der Szene nach den Wahlen beigetragen. Auch wenn Beobachter und Experten von Wahlprozessen die Möglichkeit eines vorausgeplanten Wahlbetrugs und einen Betrug an den Urnen nach klassischen Methoden ausschliessen, wurden doch bereits Monate vor den Wahlen deutliche Beeinflussungen des Stimmverhaltens und zahlreiche andere Wahldelikte festgestellt. Diese nahmen in den letzten Tagen vor den Wahlen zu.
Diese Tatsache wurde durch die Ergebnisse eines Sozialmonitorings bestätigt, das in 22 Bundesstaaten von 25 Nichtregierungsorganisationen wie der mexikanischen Alianza Cívica A.C. und der US-amerikanischen Global Exchange durchgeführt worden war. Diverse föderale Sozialprogramme wurden an Wahlstimmen gebunden, vor allem zum Vorteil der PAN.
Im Mai beklagten sowohl die PRI als auch die PRD, dass es eine „Staatswahl“ gäbe, in welcher der gesamte exekutive Staatsapparat beteiligt sei, um den Kandidaten der Partei zu unterstützen, die an der Macht sei. Sogar Roberto Madrazo rief die PRD zu einer formellen Allianz auf, um sich gegen die „Staatswahl“ zu wehren.
Während der zweiten Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten am 6.Juni – es war die erste, an der AMLO teilnahm – klagte der PRD-Politiker Steuerhinterziehungen des Schwagers von Calderón, Diego Hildebrando Zavala, an. Spätere Nachforschungen der Presse brachten die Machenschaften dieser Person ans Licht. Durch in seinem Besitz befindliche Informationdienste hatte Hildebrando direkten und kompletten Zugang sowohl zu den Listen der Begünstigten der wichtigsten Sozialhilfeprogramme der Regierung als auch zu den Wählerlisten und dem Wählerumfragen-Programm (PREP) der IFE.
Dies führte dazu, das unterschiedliche politische, intellektuelle und publizistische Bereiche der Gesellschaft eine elektronischen Wahlbetrug bei den Präsidentschaftswahlen befürchteten
Zur selben Zeit, in der die meisten Umfragen AMLO mit drei Prozentpunkten Vorsprung als den aussichtsreichsten Kandidaten ausmachten, wurde gegen den PRD-Politiker eine intensive Kampagne im nationalen Fernsehn gestartet. Angeführt wurde diese vom Unternehmerverband CCE. Dort wurde AMLO als „Stimme der Angst“ gebrandmarkt und so für Calderón Stimmung gemacht wurde. In den letzten Monaten verstärkten sich die Spaltungen in der PRI. Hohe Funktionäre der PRI riefen offen ihre Basis zur „brauchbaren Stimme“ auf, da sie schon vermuteten Roberto Madrazo habe keine Chance die Wahlen zu gewinnen. Einige riefen zur Stimme für AMLO, andere für die PAN auf.
Wahlstimmen der Angst im glühenden sozialen Kontext?
Die millionenschwere, vom CEE finanzierte Propaganda gegen AMLO fand in einem Moment hoher sozialer Spannungen statt. In den Monaten vor den Wahlen gab es ernste gewalttätige Ereignisse in verschiedenen Teilen des Landes. Im Mai war der Fall Atenco der sichtbarste (siehe: www.sipaz.org). Acht ambulante Blumenverkäufer kamen in Konflikt mit der Polizei in der Stadt Texcoco (Bundesstaat Mexiko). Der PRD-Bürgermeister hatte den Verkäufern verboten, auf dem Land Stände aufzubauen, das für den Bau des Walmart Konzerns vorgesehen ist. Das Ergebnis der beiden brutalen Polizeieinsätze waren zwei Tote (ein Minderjähriger starb am selben Tag und ein weiterer junger Mann starb Wochen später an einer Kopfverletzung durch Tränengasbomben), viele Verletzte, 211 Festgenommene, und fünf Ausweisungen von Ausländerinnen. Über 20 Frauen wurden sexuell missbraucht, sieben von ihnen wurden durch die Staatssicherheitskräfte auf dem Weg ins Gefängnis vergewaltigt.
Im Moment sind noch 28 der 211 Festgenommenen wegen schwerwiegender Vorwürfe (gemeinschaftliche Entführung von Staatsfunktionären) im Gefängnis. 146 der Gefangenen kamen auf Kaution (814.125 Pesos pro Person) frei. Die Nationale Menschenrechtskommission CNDH erhielt über 150 Anklagen wegen unterschiedlicher Formen von Menschenrechtsverletzungen.
Der lokale Konflikt der Lehrerbewegung in Oaxaca, der sich im Juni entwickelte, hatte Einfluß auf nationaler Ebene. 40.000 Lehrer mobilisierten zu einer Mahnwache, der sich große Teil der sozialen Sektoren des Bundesstaates anschlossen. Die Aktionen begannen mit gewerkschaftlichen Forderungen und schlossen dann die Forderung nach Rücktritt des priistischen Gouverneurs Ulises Ruiz mit ein. Dieser wird als repressiver Politiker wahrgenommen. Ein Räumungseinsatz der Polizei wurde durch den Widerstand der Lehrer verhindert. Die Lehrer brachen nach der Polizeiaktion die Gespräche mit dem Innenministerium ab und drohten damit, die Präsidentschaftswahlen zu boykottieren. Es gab keine größeren Probleme am Wahltag, an dem die PRI besiegt wurde.
In Chiapas hat die Regierung Anfang Mai zwei Polizeieinsätze durchgeführt, um Mahnwachen von durch den Hurracan Stan in Escuintla und Motozintla Geschädigten zu räumen. Die geschädigte Zivilbevölkerung protestierte für die Einhaltung von staatlichen Versprechen und gegen die Verzögerung der Bauarbeiten, um die Flüsse einzubetten.
Am 8.Mai gab es einen Polizeieinsatz, um das Rathaus in Bochil (Hochland) zu räumen. Dieses war über einen Monat aus Protest gegen die Korruption des Bürgermeisters besetzt worden. Nach Aussagen des Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de las Casas war das Ergebnis dieses repressiven Einsatzes dutzende Verletzte und 64 Verhaftete.
Die andere Kampagne: Änderungen nach Atenco
Dieser von der Zapatistischen Armee Nationaler Befreiung (EZLN) vor einem Jahr initiierte politische Prozess erfuhr durch die Konfrontation in Atenco eine Wende. Am Tag der Geschehnisse entschied der Delegierten Null (Subkommandant Marcos), seine nationale Rundreise abzubrechen, um bis zur Befeiung der Gefangenen von Atenco in Mexico-City zu bleiben. Sofort wurde in Chiapas roter Alarm aufgerufen, was die Schließung der zivilen zapatistischen Strukturen bedeutet (Autonome Bezirke, Räte der Guten Regierungen). Das gilt noch immer. Der Delegierte Null gab Interviews in kommerziellen Medien und nahm an einer Reihe von Mobilisierungen und Treffen verschiedener Sektoren teil. In mehreren Bundesstaaten fanden lokale Mobilisierungen statt. Im Mai fanden zwei große Versammlungen statt: der 4. nationale Indianerkongresses (CNI) im Staat Mexiko mit 800 Vertretern von 31 indigenen Völkern aus 25 Bundesstaaten und das nationale Treffen, um Strategien gerichtlicher Verteidigung zu verbreiten. Es nahmen 30 NGOs aus 17 Bundesstaaten teil.
Der Befreiung der Gefangenen von Atenco wurde Vorrang gegeben. Am 28. Mai, während einer bundesweiten Demonstration für die Befreiung der Gefangenen und für die Gerechtigkeit für die vergewaltigten Frauen von Atenco in Mexiko Stadt erklärte der Subkommandant Marcos: „Für die Zapatistas hat sich die andere Kampagne schon in die Etappe des Organisierens entwickelt. Auch wenn noch wichtige Dinge für ihr Profil definiert werden müssen, antwortet die andere Kampagne schon wie eine nationale Organisation (in 32 Bundesstaaten), mit ethischem Anspruch (da sie die Gefangenen nicht ihrem Schicksal überlässt). Mit hoher Moral (sich dem Terror entgegenzutellen, den die Regierungsaktionen in Atenco aufzwingt) und mit Kapazitäten zu autonomer und unabhängiger Mobilisierung.“ Die Zahl der Teilnehmenden variierte je nach Quelle zwischen 7000 und 50.000 Personen.
Am nächsten Tag, rief Marcos auf einem nationalen Treffen der anderen Kampagne dazu auf, am 2.Juli „eine nationale Mobilisierungen der Anderen Kampagne auszurufen, um den Wahlprozess mit zivilen und friedlichen Mitteln zu behindern.“ Dies hat kritische Analytiker und Intellektuelle dazu bewegt diese als Aktion als eine zu qualifizieren, die im Interesse der Rechten stattfinde.
Gerichtsprozesse gegen die Gefangenen wurden kritisiert und die Einleitung von Verfahren wegen Vergewaltigungen der Frauen gefordert, da diese immer wieder verzögert werden. Nur gegen 23 Polizisten niedriger Ränge wurde überhaupt ermittelt. Selbst diese wurden wegen Geringfügigkeit sofort gegen Kaution freigelassen.
Auf nationaler Ebene haben die Forderungen der anderen Kampagne gegen die Repression und Menschenrechtsverletzungen in Atenco den größten Effekt gehabt. Parallel zu den nationalen Mobilisierungen in Bezug auf die so genannte Intergalaktische Komission der „Sexta“ gab es auf internationaler Ebene 124 Aktionen in 52 Städten in 24 Ländern, um gegen die Gewalt in Atenco zu protestieren.
nternationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch klagten den Fall an. Die Internationale Zivile Komission zur Menschenrechtsbeobachtung (CCOIDH), die sich vom 29. Mai bis 4.Juni in Mexiko aufhielt, versandte einen vorläufigen Bericht, dessen Ergebnisse auf Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung von Atenco hinweisen: „Der exzessive Polizeieinsatz steht im krassen Gegensatz zur Verhältnismäßigkeit, Angemessenheit und Notwendigkeit, in der er durchgeführt hätte werden dürfen.“ Daher sollten alle hohen Polizeiführer aus ihrem Amt entlassen werden und die Gefangenen aufgrund ihrer Unschuld freigelassen werden.
Wahlen im Bundesstaat Chiapas: Bruch und Wechsel der Parteien
Die mexikanischen Wahlen (besonders die des Präsidenten) haben die Gouverneurswahlen in Chiapas am kommenden 20.August überschattet. Die Bestimmung der Kandidaten der unterschiedlichen Parteien und Allianzen war geprägt von Spannungen, Brüchen und Wechsel der Parteien.
Am Schluss waren folgende registriert:
- Juan Sabines für die PRD/PT/Convergencia (bis Ende April 2006 Bürgermeister von Tuxtla Gutiérrez für die PRI);
- Antonio Aguilar Bodegas für die PRI/PVEM (ehemals Senator, siehe Bericht von April 2006: www.sipaz.org);
- Francisco Rojas Toledo für die PAN (Bundesabgeordneter, Bürgermeister vom Tuxtla zwischen 2001 und 2004, und Ex-Kandidat zum Senator);
- Gilberto Gómez Maza für die Partei Sozialdemokratischer Alternative (Gründer der PRD in Chiapas, Austritt aus der Partei 2002 aus Protest gegen den internen Zerfall und die Kontrolle durch den aktuellen Gouverneur Pablo Salazar Mendiguchía über die Partei).
- Emilio Zebadúa für die Partei neuer Alianz (PANAL), Ex-Bürgerberater des IFE, Ex- Innenminister von Chiapas und Ex-Bundestagsabgeordneter der PRD, der seine Wahlkampagne mit Unterstützung der PRD-Basis, in der Mehrheit Indigene des Hochlands und Urwald, führte.
Diese Ernennungen und Brüche bewirken soviel für die Parteien wie auch für ihre Wähler. Sie weisen auf eine mögliche große Wahlenthaltung hin (die sowieso schon bei 60 bis 70 Prozent liegt). Besonders in der breiten, im vorigen Jahr vom Hurrakan Stan betroffene Zone (41 Gemeinden, 26 davon schwer betroffen) wird es sehr schwer sein, in der Regenzeit die Bevölkerung an die Wahlurnen zu bewegen. Siehe Bericht „Das vom Hurrikan Stan betroffene Gebiet, sozialer und Wahlpolitischer Brennpunkt“.
Es muss auch noch der Einfluss des nationalen Wahlprozesses auf den Kontext in Chiapas gesehen werden. Die Aufmerksamkeit in Chiapas galt auch der Unterschrift von Juan Sabines unter die so genannte „Erklärung von Comitán“, ein Entwicklungsplan für Chiapas, der von Roberto Albores Guillén (Ex-Gouverneur, Priist, Ex-Vorkandidat für die Wahlen in Chiapas) ausgearbeitet und veröffentlicht wurde. Er kann auf einen erheblichen Teil der Wählerstimmen setzen. Sabines versprach öffentlich, die Vorschläge dieser Erklährung in seinen Regierungsplan aufzunehmen.
Laut einigen Analytikern präsentiert dieser Plan neoliberale Charakteristiken wie zum Beispiel den Bau eines Netzes von Straßen und Autobahnen, die Schaffung eines „neuen Cancun“ im Norden von Chiapas“ und den Bau eines Bewässerungssystems für agroindustrielle Produkte im Soconusco und im Küstengebiet. Er schließt auch Aktionen der Aufstandbekämpfung ein, so die Entstehung neuer verfassungsmässiger Landkreise, die meisten davon in autonomen Landkreisen der Zapatistas.