AKTUELLE NACHRICHTEN : Schwere Vorwürfe zu Mexikos Umgang mit den Menschenrechten
31/03/2010AKTUALITÄT : Fortschritt, Stagnation oder Verschlechterung?
30/12/2010Am 4. Juli fanden in 12 mexikanischen Bundesstaaten Gouverneurs-, Parlaments- und Gemeinderatswahlen statt, sowie Wahlen der Kongresse und Gemeinderäte in weiteren Bundesstaaten. Für diese Wahlen hatten sich die PAN (rechte Partei, welche momentan an der Macht ist) und die Partei der Demokratischen Revolution (PRD, links) zu einem ungewöhnlichen Bündnis zusammengeschlossen, um den angekündigten Vorstoß der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) entgegenzuwirken, was ihnen sogar in den Bundesstaaten Oaxaca und Puebla, die als historische Bastionen der PRI bekannt sind, gelang. Die Wahlen wurden im Hinblick auf die nächsten Präsidentschaftswahlen als „Probelauf für 2012″ betrachtet, da die PRI sich schon in den Wahlen zur Abgeordnetenkammer im Jahr 2009 als stärkste Partei erwies und ihr daher bereits hohe Chancen für die nächste sechsjährige Regierungsperiode zugerechnet wurden.
Sowohl die PAN als auch die PRI bekräftigten ihre Siege an diesem Wahltag. Die PRI stellt nun neun der zwölf neu gewählten Gouverneure sowie die Mehrheit in verschiedenen Kongressen und Gemeinderäten. Die PAN führte besonders ihre Wahlerfolge in Puebla und Oaxaca an, mit denen die 80 Jahre dauernde Hegemonie der PRI in diesen Bundesstaaten beendet wurde. Die PRD dagegen hatte mehre Gouverneursposten einzubüßen und auch in den drei Staaten, in denen die gemeinsame Allianz mit der PAN Erfolg hatte, stammen die Gewinner der Wahl weder direkt noch indirekt von der PRD. Aus diesem Grund bekräftigen einige Kommentatoren die wachsende Tendenz eines neuen Zweiparteiensystems (PRI und PAN), ohne dass sich die Regierungsprojekte bedeutend ändern würden. Trotz der Verluste der PRD mobilisieren die von Andrés Manuel López Obrador, Präsidentschaftskandidaten dieser Partei im Jahr 2006, initiierten Demonstrationen eine bedeutende Anzahl von Bürgern, die von der aktuellen politischen Situation enttäuscht sind. Damit zeigt sich eine allgemeine Unzufriedenheit, welche dazu führen könnte, dass Andrés Manuel López Obrador auch in den nächsten Präsidentschaftswahlen wieder zu einem bedeutenden politischen Akteur wird.
Große Aufmerksamkeit erzielte im Zusammenhang mit den Wahlen der Bundesstaat Oaxaca. Begleitet von gegenseitigen Anschuldigungen wegen Verstößen gegen das Wahlrecht, deuteten die Umfragen auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Kandidaten der PAN-PRD-Allianz „Unidos por el Progreso y la Paz en Oaxaca“ („Vereint für den Fortschritt und den Frieden in Oaxaca“), Gabino Cué Monteagudo, und dem Kandidaten der PRI und der Grünen Partei Mexikos, Eviel Pérez Magaño, hin. Einige Stimmen der Opposition befürchteten, dass der abtretende Gouverneur, Ulises Ruiz Ortiz, mittels Betrugs versuchen könnte, die PRI an der Macht zu halten. Der Wahlsieg von Cué Monteagudo war jedoch deutlich und sein Gegner Pérez Magaño gestand die Niederlage nach kurzer Zeit ein. Es gelang der Opposition außerdem, die Mehrheit im Kongress des Bundesstaates zu erreichen.
Im Bundesstaat Chiapas standen die Wahlen der 118 Gemeinderäte und des Kongresses im Schatten von gewalttätigen Zwischenfällen und Stimmenkauf. Bereits vor den Wahlen kam es in der Gemeinde Nachig im Landkreis Zinacantán zu Gewalttaten, in deren Folge zwei Menschen getötet und 20 verletzt sowie 15 Häuser und 30 Fahrzeuge durch Brand zerstört wurden. Hinter diesem Konflikt steht der Streit um die Präsidentschaft des Landkreises. Am Tag der Wahlen wurde in Tila der ehemalige Landrat dieses Landkreises Juan José Díaz Solórzano festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, Wählerstimmen zugunsten der Präsidentschaftskandidatin der Grünen Partei Mexikos (PVEM) für den Landkreis, Sandra Luz Cruz Espinosa, und des Kandidaten der Allianz PAN-PRD für das chiapanekische Parlament, Antonio Morales Messner, gekauft zu haben. Am gleichen Tag wurde auch ein mutmaßliches Parteimitglied der PRI in San Juan Chamula festgenommen, in dessen Rucksack man 400 zugunsten der PRI ausgefüllte Wahlzettel fand. Aufgrund des Fehlens von 8.000 Wahlbögen haben im gleichen Landkreis Bewohner der Gemeinde Rancho Narváez einige Funktionäre mehrere Stunden lang festgehalten, bis diese von staatlichen Funktionären befreit wurden. Zudem wurde in den Morgenstunden des Wahlsonntags Francisco Girón Luna, der Präsident der Nationalen Vereinigung von regionalen Organisationen unabhängiger Kleinbauern (UNORCA), ermordet. Girón Luna hatte zwar keinen öffentlichen Posten, er stand jedoch im Landkreis mit den Behörden der PRD in Verbindung.
Der Allianz „Unidad por Chiapas“ (PAN-PRD-Konvergenz) gelang es, die Stimmen in den größten Städten des Bundesstaates zu gewinnen. Sie erhielt in 55 von 118 Landkreisen mit insgesamt 517.421 Stimmen die Mehrheit in den Gemeinderäten. Die PRI kam mit eigenen Kandidaten und mit der Allianz mit der Grünen Partei auf 333.963 Stimmen und bekam damit 41 Gemeinderäte. Die Wahlergebnisse der einzelnen Parteien sagen trotzdem nicht viel über die Position der gewählten Kandidaten aus, da es in Chiapas oft vorkommt, dass die Politiker die Partei wechseln, wenn ihnen die Option, für ihre eigene Partei zu kandidieren, verschlossen wird.
Der Kampf gegen das organisierte Verbrechen – das tägliche Brot
Der vom Präsidenten Felipe Calderón ausgerufene „Krieg gegen den Drogenhandel“ und die Konfrontationen zwischen staatlichen Behörden und dem organisierten Verbrechen beziehungsweise zwischen dessen verschiedenen Gruppen ist seit Beginn der aktuellen Regierungsphase sowohl ein allgegenwärtiges Thema in der Politik als auch in den Medien. Während der Generalstaatsanwalt Mexikos Arturo Chávez Chávez am 16. Juli über 24.826 Todesfälle berichtete, sprach der Direktor des Zentrums für Nachforschungen und Nationale Sicherheit (CISEN; mexikanischer Nachrichtendienst, Anm. der Übers.) Guillermo Valdés am 3. August während der zweiten Sitzung des Forums „Dialog für Sicherheit“ von 28.000 Todesopfern durch Gewalt. Hier stellt sich die Frage nach dem Grund für diese großen Differenzen zwischen den verschiedenen Statistiken und der Art der Datenerfassung in den an diesem Kampf beteiligten staatlichen Instanzen.
In den vergangenen Monaten wurde in den mexikanischen Medien über verschiedene Vorfälle debattiert, die im Zusammenhang mit der Gewalt stehen, die Mexiko seit Beginn dieses „Krieges“ durchlebt. Die Explosion einer Autobombe am 15. Juli in Ciudad Juárez, die von den Behörden dem organisierten Verbrechen zugeschrieben wird, löste eine Diskussion darüber aus, ob Mexiko einer neuen Strategie des „Drogenterrorismus“ gegenübersteht. Der Staatssekretär des Pentagons, William Weschler, bestätigte einige Tage später, dass das US-amerikanische Militär dabei ist, mexikanische Soldaten in Strategien gegen den Drogenterrorismus zu schulen, welche Methoden des irregulären Krieges und der Aufstandsbekämpfung beinhalten. Nach Meinung der Regierung Obama steht Mexiko, so scheint es, in seinem Krieg gegen die Drogenkartelle an einem ähnlichen Punkt wie die US-amerikanischen Truppen im Irak und Afghanistan.
Es erscheint in diesem Zusammenhang merkwürdig, dass die USA, wie ein Bericht der US-amerikanischen Staatlichen Rechnungsprüfbehörde (GOA, Untersuchungsorgan des Kongresses der Vereinigten Staaten) enthüllt, keine effiziente Mechanismen haben, um die Auswirkung der Unterstützung zu messen, die Mexiko von ihnen mittels der Mérida-Initiative erhält. Dieser Bericht kritisiert das Fehlen der genannten Mechanismen, die eine Bewertung der Ergebnisse erlauben würden, und erinnert daran, dass es für eine Reduzierung der Gewalt in Mexiko im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen notwendig ist, dass die USA den Fluss von Geldmitteln aus unerlaubter Herkunft, den Waffenhandel in den Süden sowie die Nachfrage nach Rauschgift in ihrem eigenen Land reduzieren müssen.
Das mexikanische Verteidigungsministerium (Sedena) veröffentlichte hinsichtlich der durch das Militär begangenen Übergriffe einen Bericht, der die Anzahl der eingegangenen Beschwerden und die von der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) geäußerten Empfehlungen enthält. Beide waren im Verlauf dieser sechsjährigen Regierungsperiode drastisch gestiegen. Auch wenn sie die Veröffentlichung dieser Daten von der Sedena als Fortschritt betrachten, kritisieren verschiedene Menschenrechtsorganisationen, dass die ernsthaften Einschränkungen, die die Immunität des Militärs beinhaltet, verschwiegen werden.
Das Rechtssystem bestimmt die Politik
Mit der Freilassung von 12 Häftlingen der Organisation „Frente de Pueblos en Defensa de la Tierra“ (FPDT) in San Salvador Atenco, die am 3./4. Mai 2006 aufgrund einer Konfrontation mit der Polizei inhaftiert wurden, endete Ende Juni ein vier Jahre andauernder politischer Kampf und Lobby-Arbeit der Mitglieder dieser Organisation für dieses Ziel. Am 30. Juni wurde das Hafturteil vom Obersten Gerichtshof in Mexiko mit der Begründung aufgehoben, dass die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Mexiko (in dem San Salvador Atenco liegt, Anm. der Übers.) im Prozess unerlaubte Beweismittel benutzt hatte und bei den Anschuldigungen von falschen Annahmen ausgegangen war.
Vermutlich hat der Druck, den die Bewohner von San Salvador Atenco und die Menschen ausübten, die sich mit ihnen solidarisierten, auch dazu beigetragen, dass der Oberste Gerichtshof diese Entscheidung getroffen hat. Die Festnahme und der Prozess waren von dem Umstand begleitet, dass die Regierung während der Amtszeit von Vicente Fox (2000-2006) als eines ihrer größten Projekte den Bau eines neuen Flughafens in San Salvador Atenco beabsichtigte, was aber im Jahr 2002 durch Proteste der Einwohner verhindert werden konnte. Aus diesem Grund wird der Polizeieinsatz von 2006 von vielen als Racheakt seitens der Regierung gesehen.
Auf der anderen Seite bestätigte der Oberste Gerichtshof die Auflösung des staatlichen Energieversorgers „Luz y Fuerza del Centro“ (LyFC), welche vom Präsidenten Felipe Calderón am 10. Oktober vergangenen Jahres angeordnet wurden war. Der Oberste Gerichtshof erklärte, dass die Exekutive für diese Art von Entscheidung berechtigt sei, womit das Hauptargument der Verteidigung der Mexikanischen Gewerkschaft der Elektriker (SME) zunichte gemacht wurde. Die Entscheidung, die aus juristischer Sicht fundiert zu sein scheint, schließt das Kapitel des Rechtskampfes, den die SME seit letzten Oktober geführt hatte und ist ein schwerer Schlag für die Gewerkschaft, die die Arbeitsplätze von 44.000 Angestellten retten wollte. Trotzdem wird damit nicht die Hinterfragung einer höchst politischen Entscheidung beendet, die faktisch das Ende einer der Gewerkschaften bedeuten würde, die am meisten mit der sozialen Bewegung verbunden sind und Opposition sowohl gegen die Regierungen der PRI als auch gegen die aktuelle und die vorherige PAN-Regierung darstellt.
Aufflammen von Gewalt in Oaxaca
Seit dem Angriff auf die Menschenrechtskarawane, die am 27. April auf dem Weg nach San Juan Copala war, bei dem Bety Cariño und der finnische Menschenrechtsbeobachter Jyri Jaakkola getötet wurden (siehe Sonderbericht und letzter SIPAZ-Bericht), wird in den Medien konstant über den Konflikt in der Triqui-Region berichtet. Am 20. Mai wurden der Leiter der Organisation MULT-I (Movimiento Unificación y Lucha Triqui-Independiente) Timoteo Alejandro Ramírez und seine Frau Cleriberta Castro ermordet. Die Organisation MULT-I macht die Organisation MULT (Movimiento de Unificación y Lucha Triqui), aus der die beiden Opfer 2006 austraten, um ihre eigene Organisation zu gründen, für den Tod verantwortlich. Der ermordete Alejandro Ramírez war eines der Gründungsmitglieder der autonomen Gemeinde San Juan Copala, welche seit Anfang 2009 aufgrund einer faktischen Ausgangssperre unter einer prekären humanitären Situation leidet, die der Gruppe UBISORT (Unión para el Bienestar Social de la Región Triqui) zugeschrieben wird. Die UBISORT, die als eine mit der staatlichen Regierung verbundene paramilitärische Gruppe charakterisiert wurde, verhinderte das Durchkommen der Karawane „Bety Cariño und Jyri Jaakkola“, mit der am 8. Juni mehr als 300 Menschen versuchten, Lebensmittel zu der eingeschlossenen Bevölkerung in San Juan Copala zu bringen. Zuvor hatte die Regierung von Ulises Ruiz Ortiz bereits darauf hingewiesen, dass für die Karawane „keine Voraussetzungen gegeben“ seien, bis Copala durchzukommen, da den drei in der Zone befindlichen Gruppen Waffenbesitz zurechnet wird. Da UBISORT den Weg blockierte, konnte die Karawane nicht an ihr Ziel gelangen, wodurch offensichtlich geworden ist, dass die Regierung von Ruiz Ortiz anscheinend nicht im ganzen Bundesstaat für Rechtsstaatlichkeit garantieren kann, oder -wie einige Aktivisten bekunden- Komplize an der durch UBISORT verursachten Gewalt ist, wenn sie sie nicht sogar selbst veranlasst.
Chiapas – andauernde Tendenz
Am 27. Mai veröffentlichte das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas (CDHFBC) seinen Jahresbericht 2009. Dieser „informiert über das Interesse einzelner Unternehmen an der Ausbeutung der Bodenschätze in Chiapas, besonders in Gebieten der indigenen Dörfer, was dazu führte, dass mehrere Gemeinden Aktionen zur Verteidigung ihrer Böden durchgeführt haben. Weitere wichtige Themen, die dieser Bericht anspricht, sind die Kriminalisierung von sozialen und zivilen Organisationen, die sich der Besitzenteignung und Zerstörung der Umwelt entgegensetzen sowie dem Ignorieren der Rechte der Dörfer; die systematische Gewalt, die gegen die Frauen begangen wird als Teil der Kriegsziele; das Weiterführen der Aufstandsbekämpfungsstrategie und das kollektive Gedenken, das die Dörfer angesichts der Gewalt und der fehlenden Gerechtigkeit seitens des mexikanischen Staates aufbauen“.
Während in Chiapas die Regierung versucht das Bild einer Politik im Sinne der von den Vereinten Nationen aufgestellten Millennium-Entwicklungsziele aufrechtzuerhalten, kommt es auch weiterhin zu Konflikten, deren Ursprung die Ausführung staatlicher Wirtschaftsprojekte oder auch die durch die Politik verursachten Spaltungen zwischen Gruppen im Widerstand gegen die staatliche Politik und den Teilen, die der offiziellen Struktur treu sind, sein kann.
Ein Beispiel für diese Konflikte: Am 21. Juni drohten Parteimitglieder der PRI und der PRD einer Gruppe Zapatisten in der Gemeinde El Pozo in San Juan Cancuc damit ihnen Strom und Wasser abzustellen, woraufhin es einen Toten auf offizieller Seite gab. Laut dem Kommuniqué des Rats der Guten Regierung (JBG) in Oventic: „Unsere Unterstützungsbasen werden von der PRI und der PRD gezwungen für den Strom zu bezahlen, obwohl die Politiker wissen, dass sie sich im Widerstand befinden und für eine gerechte Sache kämpfen und ihre Autonomie aufbauen“. Die zapatistischen Sprecher erklärten weiter: „Was da in El Pozo geschah, war kein Zusammenstoß, wie es in verschiedenen Medien fälschlicherweise dargestellt wird. Noch weniger war es ein Gewaltakt, den die zapatistischen Unterstützungsbasen provoziert haben, wie es die Kommunikationsmedien anprangern. Angesichts der von der PRI und PRD in El Pozo provozierten Aggression mussten sich unsere compañeros in irgendeiner Form verteidigen und so waren sie gezwungen, zu den letzten Mitteln zu greifen, um sich legitim zu verteidigen, als sie sahen, wie ihre compañeros geschlagen, ihnen der Schädel eingeschlagen und sie über die Straße geschliffen wurden“. In den ersten Monaten dieses Jahres gab es bereits fünf Fälle von solchen Zusammenstößen, die von den zapatistischen Autoritäten angezeigt wurden und die als Zeichen einer Zuspitzung im Rahmen des nicht gelösten bewaffneten Konflikts gesehen werden müssen.
Auch wenn in Chiapas das organisierte Verbrechen nicht so omnipräsent wie im Norden Mexikos ist, so lässt sich doch ein wachsender Unmut der Bürger über die Politik der Regierung beobachten, der in den Medien gewöhnlich unerwähnt bleibt. Diese Politik wiederum ist in den lokalen und nationalen Medien sehr präsent. Und wenn kritischen Stimmen in den Medien Gehör geschenkt wird, wird die journalistische Arbeit schnell zu unbequem für die Behörden, wie die Journalisten Isaín Mandujano und Ángeles Mariscal, Korrespondenten der Zeitschrift Proceso und der nationalen Tageszeitung La Jornada in Chiapas, erfahren mussten. Die beiden Journalisten prangerten am 23. Juli an, dass gegen sie eine Verleumdungskampagne mit dem Ziel ihre Arbeit abzuwerten stattfand. An dieser Kampagne haben ihrer Aussage nach aktiv Medien teilgenommen, die der Regierung in Chiapas unterstehen.
Eine Angelegenheit zu der sich die Regierung in Schweigen hüllt, obwohl sie bei anderen Gelegenheiten überaus gerne ihr Projekt der „Ländlichen Städte“ (Ciudades Rurales Sustentables, CRS) bewirbt, ist der mögliche Bau einer eben dieser „Ländlichen Städte“ im Landkreis San Pedro Chenalhó. Die zivile Organisation Las Abejas drückte in ihrem Kommuniqué am 22. Juli ihre Ablehnung gegenüber diesem Projekt aus: „Obwohl die schlechte Regierung des Staates und des Landeskreises es verneint, so weiß man doch, dass schon längst geplant ist, ländliche Städte in Chenalhó zu bauen. Auch wenn viele denken, dass dies Fortschritt bedeutet, so wollen viele andere dieses Großprojekt nicht akzeptieren. Wir sind nicht die einzigen, die wissen, dass dieses Projekt Teil des Mesoamerika-Projekts, ehemals Plan Puebla-Panamá, ist“. Im gleichen Sinne sprach sich auch die Kirchengemeinde von San Pedro Chenalhó am 8. August aus: „Es beunruhigt uns, dass das Projekt der ländlichen Städte einfach durchgesetzt wird, ohne die Bevölkerung vorher zu fragen, ob sie damit einverstanden ist oder nicht. Und wenn eine Befragung gemacht wird, dann basiert diese auf Lügen oder Vertuschungen“. Die erste in Chiapas konstruierte ländliche Stadt war Nuevo Juan del Grijalva und die zweite wird gerade in Santiago el Pinar, einem Landkreis zwischen Chenalhó und San Andrés, gebaut.
Die Militarisierung in Mexiko, die auf nationaler Ebene immer häufiger wird und seit dem Aufstand der Zapatisten auch auf lokaler Ebene vertreten ist, bleibt auch weiterhin für die Bevölkerung ein Einschüchterungsmittel. Auch wenn die Militäreinsätze in den letzten Monaten zurückgingen, so haben sie doch nicht vollkommen aufgehört. Am 22. Juli meldete die „Organización Campesina Emiliano Zapata – Region Carranza“ (OCEZ-RC), dass am Vortag ein Fahrzeug der Marine in eine ihrer Gemeinden kam. Dieses Fahrzeug war mit ungefähr 40 Soldaten in Tarnkleidung beladen, die von einem Kommandanten angeführt wurden, der sich nicht identifizierte. Auf die Frage nach dem Grund für den Einsatz antwortete der Verantwortliche, dass er den Befehl erhalten habe, die Zone zu durchfahren, und dass nach Befehlen der föderalen Behörden konstante Streifen in der Zone durchgeführt werden würden.
Die Verteidigung von Menschenrechten kann – wenn ihre Arbeit soziale Prozesse von Basisorganisationen begleitet, die für die Behörden unbequem werden könnten – zu einer Kriminalisierung dieser Arbeit führen, so wie dies der Fall bei Nataniel Hernández Núñez, Leiter des Menschenrechtszentrums Digna Ochoa der Stadt Tonalá, war. Gegen ihn laufen Ermittlungen wegen des Vergehens „Angriff auf Kommunikationswege“, da er als Menschenrechtsbeobachter einer Demonstration des Regionalen Autonomen Rats der Küstenzone im vergangenen April teilnahm.