FOKUS: Firmen, Regierung, Menschenrechte in Mexiko – Zwischen Geschäften und Ausbeutungen
16/02/2017TÄTIGKEITEN VON SIPAZ (von anfang juli bis ende oktober 2016)
17/02/2017(Grenze Arizona – Sonora)
SIPAZ hatte im Oktober die Möglichkeit bis an die Grenze von Mexiko und den USA zu reisen, um an einem binationalen Zusammentreffen teilzunehmen, sowie an einem Ausflug, bei dem wir die Möglichkeit hatten, die aktuelle sozial-politische Situation aus dem Süden Mexikos zu präsentieren. Zusätzlich hielten wir Tagungen mit sozialen Akteuren, Kollektiven, Netzwerken und Menschenrechtsorganisationen in den Bundesstaaten Arizona, Michigan, Chicago, Washington D.C. und Texas ab.
“Wanderer, es gibt keine Brücken, Brücken entstehen beim Gehen.” (Sic)
Die Nacht in der Wüste war recht frisch und dunkel an jenem 7. Oktober, als die Bewegung zur Grenze begann, einem Aufruf der Amerika Schule (SOAW als Abkürzung in Englisch) folgend. Hunderte von Personen, Migranten und solidare Mitmenschen, demonstrierten vor der Haftanstalt der Migranten Eloy (Eloy). Sie sangen und schrien mit ihren Megaphonen “IHR SEID NICHT ALLEINE, IHR SEID NICHT ALLEINE!”, stets mit dem Risiko, wegen der Teilnahme an einem ungehorsamen Akt verhaftet werden zu können. Aus dem Inneren des Gebäudes antworteten die verhafteten Migranten, indem sie die Lichter ihrer Schlafräume an- und ausschalteten. Trotz der Anweisungen alle Lichter des Zentrums auszuschalten, konnten die Migrationsbeamten es nicht verhindern, dass die Migranten weiter kommunizierten, indem sie ihre Hemden aus den Fenstern auf- und abschüttelten.
So begann das Zusammentreffen, welches vom 7. bis zum 10. Oktober Tausende von Aktivisten und Organisationen versammelte, im südlichsten Arizona (USA), den USA und dem Norden Sonoras (Mexiko). Das “Überschreiten der Grenze” sollte erreicht werden, um die Außenpolitik der USA “als eine der wichtigsten Ursachen der Migration in Lateinamerika“ aufzuzeigen.
In der Hitze der Wüste, Schulter an Schulter, sind sie vereint durch Trauer und Wut, um Kollektivräume mit undokumentierten Gemeinden zu konstruieren. Sie fordern das Ende der Militarisierung der Grenze, sowie “den Abbau von rassistischen und sexistischen Systemen, welche Migranten, Geflüchtete, Indigene, Transgender und nichtkonventionelle Geschlechter, farbige Gemeinden und andere ausrauben, kriminalisieren und töten”[1]. 626 Kilometer Grenze, die die Trockenheit der Wüste von Arizona und die extrem hohen Temperaturen aus Sonora vereint. Eine Grenze, die sogar Risiken für die erfahrenen ExkursionsteilnehmerInnen birgt, welche mit Wasser, Essen und mehreren Schichten von Kleidung ausgestattet sind. Eine Grenze, die oft tödlich endet für die meisten Einwanderer, die sie ohne minimale Versorgung überqueren. Nach Angaben der New York Times gab es „mehr als 2.100 Todesfälle der Migranten seit 2001”[2].
Am 13. Mai 2015 feierte José de Jesús Deniz Sahagun seinen 31. Geburtstag zusammen mit seiner Familie, in seinem Haus in Jalisco, Mexiko. Ein Tag der Freude und des Abschieds, da er am nächsten Tag an die Grenze von Mexiko und den USA reiste. Er wollte diese überqueren, um seine drei Söhne in Las Vegas, Nevada, wiederzusehen. Sieben Tage später, am 20. Mai, starb José in Eloy, Arizona. Er hatte sich den Einwanderungsbeamten genähert, da er seine Route nicht fortsetzen konnte. Sein Tod wird als Selbstmord identifiziert, obwohl bei der ärztlichen Untersuchung eine dicke Socke tief in seiner Kehle gefunden wurde.
In den letzten 13 Jahren starben 160 Migranten im Gewahrsam der Einwanderungs- und Zollbehörde der USA (ICE, Abkürzung in Englisch). Diese Bundesbehörde nimmt Personen fest und deportiert jene, die sich ohne legale Ausweise in den USA aufhalten. Von sieben Suizid-Fällen, die vom ICE aufgenommen wurden, passierten fünf in Eloy, was die Aufmerksamkeit von MenschenrechtsaktivistInnen erregte.
Der Bericht Fatal Vernachlässigt: Wie die ICE Todesfälle in der Haft ignoriert, der in Zusammenarbeit von der Amerikanischen Union für bürgerliche Freiheit (ACLU), dem Detention Watch Network und dem Nationalen Zentrum der Gerechtigkeit für Immigranten entstand, stellte fest, dass zwischen 2010 und 2013 acht Personen wegen mangelnder medizinischer Versorgung während ihres Haftaufenthaltes im ICE starben. Außerdem signalisiert der Bericht, dass der ICE nicht einmal die medizinischen Standards seiner eigenen Behörde einhält. Dies sind “Faktoren, die zu diesen Todesfällen beitragen.”
Das Zentrum Eloy beherbergt über 1.600 Migranten. Wie viele Haftanstalten gehört es dem Corrections Corporation of America (CCA), einem der größten Gefängnisunternehmen im Land, von dem es auch betrieben wird. Auch wenn die Einrichtungen des ICE Gefängnischarakter besitzen, sind die Personen nicht wegen begangener Straftaten dort. Zwar gibt es Vorbestrafte, aber viele Menschen, wie José, warten nur darauf abgeschoben zu werden oder darauf, dass ihr Fall in einem Einwanderungsgericht gehört wird. ACLU berichtet, dass die USA die Möglichkeit hat 34.000 Personen in mehr als 200 Einrichtungen festzuhalten (mit einbezogen: Zivilgefängnisse, Bezirksgefängnisse, Privathaftzentren und Bundesgefängnisse).
Angesichts dieser Tatsachen bauen Organisationen, Kollektive und SOAW Brücken auf beiden Seiten der Grenze, um den in den USA nicht dokumentierten Migranten Verfahren zu ermöglichen.
Ein wenig mehr als vier Wochen nach der Versammlung wurde Donald Trump, Unternehmer, öffentliche Person und republikanischer Kandidat, als Präsident der USA von 2016 bis 2020 gewählt. Trump sagte, dass er unter seinem Mandat eine Mauer an der Grenze zu Mexiko konstruieren wird, welche von „Mexiko finanziert“ werden soll. Er hat Massendeportationen aller Migranten ohne Papiere und die Blockierung der Überweisungen illegaler Löhne vorgeschlagen. Die Vereinigung hat mit Hinblick darauf, was unter Präsident Trump in Mexiko und Lateinamerika zu erwarten ist, festgestellt, dass „(…) während die Politiker Mauern konstruieren, (…) wir Brücken konstruieren“ müssen und sie versichert, dass „wir hier sind und hier bleiben werden!“.