AKTUELLES: Der Fall Ayotzinapa hält die Behörden in Schach
21/02/2015ARTIKEL: “Gesichter des Raubes” – Kampagne der Solidarität mit den Vertriebenen aus Viejo Velasco, Banavil und San Marcos Avilés
21/02/2015„Das Risiko liegt in der Recherchearbeit. Manche Themen gefährden den Status von Personen in hohen Positionen. Wir tun es aus Überzeugung, doch der Journalismus trägt ein hohes Risiko. Anschuldigungen bringen uns am meisten in Gefahr. Wir weisen nach, wer sich etwas hat zu Schulden kommen lassen. Nicht etwa weil wir links sind, sondern weil wir recherchieren.“
Zósimo Camacho, Contralínea
Seit vielen Jahren hat Mexiko den unzweifelhaften Ruf eines der gefährlichsten Länder der Welt für JournalistInnen zu sein. In einem Bericht vom Februar 2015 bestätigen die internationalen Organisationen Peace Brigades International (PBI) und Washington Office for Latin America (WOLA), dass „die mexikanische Sektion der internationalen Organisation „Artículo 19″ in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 222 Aggressionen gegen PressemitarbeiterInnen registriert hat“. In den Jahren 2007 bis 2013 hat Artículo 19 etwa 100 ermordete JournalistInnen in Mexiko verzeichnet, vornehmlich in den nördlichen Bundesstaaten, sowie in Veracruz, Guerrero und Oaxaca. Angesichts der Verschleppung und Ermordung des Journalisten Moisés Sánchez Anfang Januar und Mordrohungen gegen zwei weitere Journalistinnen in Veracruz scheint sich im neuen Jahr nicht viel an dieser Lage geändert zu haben. Moisés Sánchez arbeitete für die Zeitung „La Unión“ in Medellín, Veracruz, und berichtete dort über Straftaten und Regierungskorruption. Francisco Sandoval, Journalist bei Artículo 19, spricht von einer besorgniserregenden Tendenz: zwei von drei dokumentierten („nicht schwerwiegenden“) Aggressionen werden von Beamten des öffentlichen Dienstes begangen. Eine weitere Rolle spielt das organisierte Verbrechen und seine Verwicklung mit den staatlichen Behörden.
Im Bericht „Inmitten der Stille widersprechen: Gewalt gegen die Presse und Kriminalisierung des Protestes, Mexiko 2013″ von Artículo 19 wird aufgezeigt, dass mehr als 60 Angriffe auf Journalisten während Demonstrationen erfolgten, was bedeutet, dass „die Staatsgewalt auf den Weg der Repression und der direkten Konfrontation setzt“. In fast 60% der Fälle war der Verantwortliche ein Staatsbediensteter. Im „Haus der Rechte der Journalisten“ in Mexiko-Stadt wird täglich Statistik geführt: im Schnitt werden 12 bis 13 Aggressionen gegen JournalistInnen am Tag erfasst, darunter Cyberattacken, Einbrüche, Raubüberfälle und Drohungen.
Differenzierte Gewalt gegen Journalistinnen
Bedenkt man, dass in diesem Beruf mehr Männer als Frauen arbeiten, überrascht die Tatsache nicht, dass sich die meisten Gewaltakte gegen männliche Journalisten richten. Im Interview mit SIPAZ erklärt jedoch Omar Rábago Vital, Leiter des „nationalen Zentrums der sozialen Kommunikation“ (CENCOS), dass sich die Gewalt gegen Männer von derjenigen gegen Frauen unterscheidet. Die Gewalt gegen Männer äußert sich zumeist in physischer Form, wie Schlägen, Entführungen bis hin zum Mord, wohingegen Frauen häufiger Drohungen gegen ihre Familien, sexuelle Belästigungen, Diskreditierung ihrer Arbeit oder ihrer Person sowie Beschimpfungen erfahren. Hinzu kommt die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sowie die Tatsache, dass sich in höheren Positionen der Pressebranche nur wenige Frauen finden.
Laut dem Bericht von „Kommunikation und Information der Frau AC“ (CIMAC) mit dem Titel „Straflosigkeit, Gewalt gegen Journalistinnen – juristische Analyse“ aus dem Jahr 2014 nimmt die Gewalt gegen Journalistinnen trotz aller Maßnahmen zu. Es wurden mehrere Instanzen gegründet und Mittel zur Verfügung gestellt, jedoch hat dies nicht zu einer Minderung der Gewalt geführt, geschweige denn zu ihrem Ende. Der Bericht besagt, dass in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 86 Fälle von Gewalt gegen Journalistinnen in Mexiko verzeichnet wurden. Bei allen registrierten und dokumentierten Fällen handelt es sich um psychologische Gewalt. In etwa 75% der Fälle wurden die Journalistinnen unmittelbar von Beamten, meistens einer bundesstaatlichen Instanz angehörend, angegriffen. „Diese Tatsache spiegelt sich zwangsläufig in der Aufrechterhaltung der Straflosigkeit wieder“, so der Bericht. Darin werden auch vier Fälle von Gewalt gegen Journalistinnen und die Art ihrer Präsentation in den Medien detailliert analysiert: „Dem Medienzuständigen der CIMAC zufolge, bezogen die Behörden bei ihren Ermittlungen nie den journalistischen Beruf der Frauen mit ein. Diese Version wurde von den Medien unangezweifelt reproduziert, was zu einer falschen und sexistischen Rezeption der Frauen und ihrer Situationen in der Gesellschaft führte“.
Die Investigationsjournalistin, Érika Ramírez, geriet im April 2010 in eine unmittelbare Gewaltsituation, als sie als Reporterin eine Karawane in die Gemeinde San Juan Copala, Oaxaca, begleitete. Die Karawane wurde von einer bewaffneten Gruppe angegriffen, wobei zwei der Teilnehmer, Jyri Yaakkola und Bety Cariño, starben. Obwohl ihr Auto von 64 Kugeln getroffen wurde, gelang es Érika, zusammen mit drei weiteren Personen, zu entkommen. Die vier hielten sich 72 Stunden lang in den Bergen versteckt, bis sie gerettet wurden. Érika berichtet: „Überlebt zu haben, versetzte mir einen Adrenalinstoß. Ich dachte viel an meinen Sohn, hatte Angst, all das zu verlieren. Meine Familie sagte: ʹHör auf mit dieser Arbeit, es reicht. Denk an deinen Sohn.ʹ Aber ich denke sehr wohl an meinen Sohn und das ist es, was ich ihm beibringen will. Ein starkes soziales Engagement. Nach dem die Angst verschwunden war, wollte ich unbedingt weitermachen, weil so viele Menschen täglich dasselbe erleben. Ich kehrte zwei Jahre später an den Ort des Geschehens zurück und es half mir, die Angst zu überwinden. In diesem Job darf man keine Angst haben“.
Der Fall Contralínea: In Gefahr wegen ihrer Überzeugung
Contralínea ist der meistverklagte Akteur in der Medienlandschaft. Dessen MitarbeiterInnen erhielten als Erste Sicherheitsmaßnahmen von der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH), nachdem sie einige Fälle von Drohungen und Einschüchterungsversuchen erlebt hatten. Im Interview mit SIPAZ spricht der Informationskoordinator, Zósimo Camacho, von der weitgeöffneten Wohlsstandsschere in der mexikanischen Gesellschaft. Wenn er manche prosperierenden Personen oder Unternehmen betrachte, sagt er, komme ihm der Gedanke, dass „ein Reichtum solchen Ausmaßes auf Kosten von jemand anderem gehen“ müsse. Diese Überzeugung bewegt ihn dazu, den Dingen gründlich nachzugehen und darüber zu berichten. Contralínea teilt sich in zwei Arbeitsfelder auf: die Rechnungslegung der drei Staatsgewalten und Menschenrechte. Die Aufdeckung von Nepotismus, Korruption und Menschenrechtsverletzungen bringt die Reporterinnen und Reporter der Wochenzeitung in Gefahr. Die MitarbeiterInnen wurden bereits auf unterschiedliche Art und Weise unter Druck gesetzt, zum Beispiel durch einen Werbeboykott, der ihre finanzielle Situation in den letzten Jahren erschwerte. Im Juni 2014 wurde in ihr Büro in Mexiko-Stadt eingebrochen und es wurden „lediglich“ viele Informationen und technisches Equipment gestohlen. Trotz allem betont Zósimo Camacho die Begeisterung und das Engagement des Teams, mit dem Investigationsjournalismus fortzufahren.
Der Schutzmechanismus für JournalistInnen lässt viel zu wünschen übrig
Der Schutzmechanismus für MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen des Regierungssekretariats, der 2012 eingeführt wurde, „funktioniert nicht“, was zur Folge hat, dass diejenigen, die sich davon Schutz erhofft hatten, diesen nicht erhielten, so PBI und WOLA im Februar 2015. In ihrem Bericht stellten sie fest, dass die Institution noch immer etliche Probleme und Deffizite zu bewältigen hat. Als Problempunkte wurden identifiziert: Personalmangel, unzureichende Mittel und Qualifikation, um auf dringende Gesuche angemessen und schnell zu reagieren, sowie die Tastache, dass die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen zu einem Großteil von der Mitarbeit der budesstaatlichen Regierungen und lokalen Behörden abhängt.
Die Organisation Artículo 19 war, sowohl maßgeblich am Entstehungsprozess des Sicherheitsmechanismus beteiligt, als auch im Jahr 2013 auf ihn angewiesen, nachdem sie ein anonymer Brief mit Morddrohungen gegen den Leiter sowie Mitarbeiter erreicht hatte. Schließlich wurde den Betroffenen vom Mechanismus nahe gelegt, die Vorsichtsmaßnahmen aufzugeben, in der Annahme, Artículo 19 befinde sich nicht in Gefahr, weil ihnen „nichts Schlimmes“ passiert sei. In dem Dokument „Inmitten der Stille widersprechen“ aus dem Jahr 2013 berichtet Artículo 19 jedoch von mindestens sieben weiteren Sicherheitsvorfällen nach besagten Morddrohungen.
Oaxaca: Verteidigerinnen besonders in Gefahr
Oaxaca ist einer der gefährlichsten Bundesstaaten für JournalistInnen in Mexiko und sogar der gefährlichste für weibliche Verteidigerinnen der Meinungsfreiheit. Im Februar 2015 äußerte das „Netzwerk der Aktivistinnen und Menschenrechtsverteidigerinnen in Oaxaca“, bestehend aus 100 Frauen, seine Besorgnis angesichts des beträchtlichen Anstiegs der Angriffe auf weibliche Journalistinnen und Verteidigerinnen im Bundesstaat Oaxaca. Es gibt an, dass „Oxaca seit dem Jahr 2010 landesweit den ersten Platz bei den Angriffen belegt. Noch gravierender ist der konstante Anstieg der Anzahl der Angriffe zu bewerten; so wurden 2012 noch 48 Aggressionen registriert, 2013 waren es 122 und 2014 stieg die Zahl auf 198″. Im August 2014 verurteilten medienschaffende Frauen und Organisationen in Oaxaca drei verschiedene Fälle von Aggressionen gegen Journalistinnen. In einem Kommuniqué machen sie deutlich, dass „die unsichere Lage, in der sich der Bundesstaat befindet, die Journalistinnen ohne Schutz dastehen lässt, sodass uns weder angemessene Bedingungen für die Ausführung unserer Arbeit zugesichert werden, noch eine Garantie dafür existiert, dass sich eventuelle Vorfälle nicht wiederholen. Der Bericht [von CIMAC] zeigt, dass Oaxaca zusammen mit Chiapas und Puebla im landesweiten Vergleich der Aggressionen gegen Journalistinnen an vierter Stelle liegt.“
Chiapas – „Journalismus der Destabilisierung“
Auch in Chiapas kann es riskant sein, seine Meinung zu äußern. Die Onlinezeitung Chiapas Paralelo beklagte am 2. Februar, die Strategie der Gouverneure sei es, „unbequeme Journalisten“ in sozialen Netzwerken zu degradieren und zu diffamieren. Solche Praktiken der Diffamierung, Bedrohung und Einschüchterung von Reportern seien nicht neu. Erwähnt wird hierbei der ehemalige Gouverneur Juan Sabines, der Journalisten wie z.B. Pablo Salazar verumglimpfte, welcher „durch die unfaire Verfolgung der Leitungen der Zeitungen Cuarto Poder und El Orbe gebrandmarkt wurde“. Dem aktuellen Gouverneur Manuel Velasco wird ein ähnlicher Umgang mit bestimmten Journalisten zugesprochen, „da ihm geraten wird, diese zu diffamieren, zu blockieren und ihnen das Leben schwer zu machen.“ So wurde erst kürzlich die Chiapas Paralelo-Reporterin, Ángeles Mariscal, beschuldigt, einen „schmutzigen Krieg“ in den sozialen Medien initiiert zu haben, weil sie auf die Verletzung des Artikels 33 der mexikanischen Konstitution hinwies, die fünf Ausländer begingen, als sie in einem Videoclip als Touristen Werbung für einen lokalen Abgeordneten machten. Laut Gesetz dürfen Ausländer sich nicht in die internen politischen Belange des Landes einmischen, somit ist eine öffentliche Äußerung zugunsten eines Abgeordenten nicht erlaubt.
Guerrero: unterdrückte Meinungsfreiheit bei Protesten
In Guerrero ist die Situation ähnlich prekär. In letzter Zeit hat es vermehrt Vorfälle von Repression gegen Demonstranten und kritische Stimmen gegeben, vor allem im Rahmen der Proteste anlässlich des Verschwindenlassens von 43 Studenten aus Ayotzinapa. Am 11. November schlugen Polizisten den El Sur-Journalisten, Carlos Navarrete, zusammen und nahmen 10 weitere Berichterstatter fest, die die Gewaltausschreitungen bei der Auflösung der Demonstration der Lehrergewerkschaft CETEG vor dem Büro der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) in Chilpancingo festhielten. Am darauffolgenden Tag demonstrierten Medienschaffende vor dem Regierungspalast und dem Posten der CETEG, um Sicherheiten für die Ausübung ihrer Arbeit zu fordern. Die internationale Organisation Artículo 19 verlangt von der bundesstaatlichen Polizei Guerreros, die nötigen Maßnahmen zum Schutz dieses Rechtes zu treffen, wie zum Beispiel „im Kontext von Demonstrationen und Protestaktionen die Einführung von Verhaltensprotokollen für die Sicherheitskräfte und andere Beamte, damit sie ihre entsprechende Pflicht erfüllen, die BerichterstatterInnen in solchen Situationen vor jeglichen Aggressionen zu schützen“.
Der Selbstschutz von JournalistInnen
In dem Bericht von 2014 erklärt CIMAC, dass die ständigen Agressionen gegen die Meinungsfreiheit in Mexiko viele Journalisten und Medien dazu gebracht haben, auf die Publikation von Nachrichten über Korruptionsfälle und das organisierte Verbrechen zu verzichten, womit der mexikanischen Gesellschaft wichtige Informationen verwehrt bleiben. Eine der Reaktionen auf diese Selbstzensur ist das Auftauchen von Internetplattformen, auf denen Informationen anonym zur Verfügung gestellt werden können. Dies ist eine Lösung sowohl für jene Bundesstaaten, in denen die Gewalt vornehmlich durch das organisierte Verbrechen verursacht wird, wie Veracruz und Tamaulipas, als auch für solche, wo die Repression und Zensur der traditionellen Medien vor allem durch Staatsbedienstete geschieht, wie im Beispiel von Chiapas. So beschreibt es auch Ángeles Mariscal: „Dank des Internets ist es möglich, in Chiapas professionellen Journalismus zu betreiben. Früher benötigte man wegen der hohen Druckereikosten einen Sponsor, welcher fast immer die bundesstaatliche Regierung war. Heute manifestiert sich der Traum eines jeden Journalisten in den sozialen Netzwerken und Internetplattformen“. Eine andere Antwort auf die Selbstzensur bildet die Strategie, Artikel als „Redaktion“ zu unterzeichnen, um sich auf diese Weise als Einzelperson so verdeckt wie möglich zu halten.
Angesichts der schwerwiegenden Sicherheitsprobleme gründete eine Gruppe von Journalisten und auf Menschenrechte spezialisierter Anwälte 2010 das „Haus der Rechte der Journalisten“. Einer der Gründer, Víctor Ruíz Arrazola, erzählt im Interview mit SIPAZ, dass damals keine Verteidigungs- und Präventionsmaßnahmen für gefährdete Journalisten existierten. Deshalb wurde in Mexiko-Stadt ein Zufluchtsort geschaffen, wo sich JournalistInnen, die sich in Gefahr befinden, eine Weile aufhalten können. Dafür brauchen sie nicht unbedingt eine Strafanzeige zu stellen. „Wir führen eine Risikoanalyse durch und überlegen, wie wir helfen können und welche Bedingungen nötig sind, damit sie wieder in ihren journalistischen Alltag zurückkehren können. Das Ziel ist, dass sie uns nicht in die Ecke drängen und wir unsere Arbeit aufgeben müssen“, erklärt Víctor Ruíz. Um die 20 Journalisten wurden dort in den letzten drei Jahren aufgenommen. Sie kamen mehrheitlich aus Veracruz, Michoacán, Guerrero, Mexiko-Stadt, Durango, Chihuahua und Sinaloa.
Um die journalistische Arbeit so sicher wie möglich weiterführen zu können, muss man vor allem vorbereitet sein, meint Érika Ramírez: „Man muss wissen, was man bleiben lassen sollte, wie zum Beispiel an der Spitze von Karawanen zu laufen, auch wenn es dort die besten Fotos gibt. Außerdem muss man physisch und emotional vorbereitet sein. Oftmals trainieren wir nicht und lassen Sicherheitsmaßnahmen außer Acht. Ich habe es drei Tage lang in den Bergen ausgehalten, weil ich körperlich fit war. Wir müssen auch in ständigem Kontakt bleiben. Damals in San Juan Copala hatten wir eine Liste mit Telefonnummern für den Notfall erstellt. So konnte man uns schnell helfen, als wir es geschafft hatten, jemanden von dieser Liste zu erreichen“. Ihr Kollege Zósimo Camacho hält Sicherheitsschulungen für wichtig, auch wenn die darin gegebenen Tipps nicht immer befolgt werden können. Er erzählt: „Manchmal wird uns geraten ʹnicht hinzugehenʹ, aber das ist keine Option für uns. Im Falle von Copala hatten wir beschlossen, schon hinzugehen, aber nicht die Militärstation zu passieren. Keine Nachricht ist so viel wert wie ein Leben. Man sollte sich nicht unnötig in Gefahr bringen. Der Angriff erfolgte allerdings schon vor der Militärstation“.
Als JournalistIn auf alles vorbeireitet zu sein, bedeutet ebenfalls sich ein schützendes Netz von Verbündeten aufzubauen, so Ángeles Mariscal. Heute existiert ein solches Netz von JournalistInnen in Mexiko und im Ausland. Sie sagt auch, dass „der beste Schutz eine gute Arbeitspraxis ist. Denn wenn du deinen Job gut machst, wird man um dich herum ein schützendes Netz spinnen. Ohne die Solidarität der Gesellschaft können wir unsere Arbeit nicht ausüben.“
Die Meinungsfreiheit scheint in Mexiko in Anbetracht der vielen Angriffe auf ihre Verteidigerinnen und Verteidiger in den letzten Jahren unter Beschuss zu stehen. Entführte und Ermordete JournalistInnen, verfolgte BloggerInnen, Gemeinderadios, die wegen Drohungen schließen, und kritische Stimmen, die in Hetzkampagnen diffamiert werden, gehören im Land seit Jahren zur Tagesordnung. All das führt dazu, dass weite Teile der Gesellschaft keinen Zugang zu umfassenden und zuverlässigen Informationen erhalten. Umso wichtiger ist es, den Mut derer anzuerkennen, die einen täglichen Beitrag zur Verbreitung von Informationen leisten, um die Gesellschaft darüber aufzuklären, was in ihrer Gemeinde, ihrem Bundesstaat, ihrem Land vor sich geht, seien es professionelle JournalistInnen, MitarbeiterInnen von freien und alternativen Medien oder normale BürgerInnen. Wie Ángeles Mariscal bekräftigt: „Auch wenn sie uns in Gefahr bringt, hören wir mit unserer Arbeit nicht auf. Das Recht der Gesellschaft auf Wissen ist Gemeingut“.