AKTUELLES: “Armes Mexiko, so weit von Gott, und so nah an den USA”
29/04/2017ARTIKEL: Menschenrechtsverletzungen in der Grenzregion zwischen Guatemala und Mexiko
29/04/2017Am 1. Januar 2017 bestätigte der Nationale Indigene Kongress (CNI) aus dem autonomen Verwaltungszentrum der Zapatistas in Oventik öffentlich seine Entscheidung “einen Indigenen Regierungsrat mit männlichen und weiblichen RepräsentantInnen einer jeden Gemeinde, Gemeinschaft und Völker, die jenen bilden. (…) Dieser Rat hat die Absicht dieses Land zu regieren. (…) Der als Stimme eine indigene Frau des CNI haben wird, das heißt, die indigenes Blut hat und ihre Kultur kennt. Beziehungsweise, dass er als Sprecherin eine indigene Frau des CNI hat, die unabhängige Kandidatin für die Präsidentschaft von Mexiko zu den Wahlen im Jahr 2018 sein wird.“
Dieser Vorschlag hat am Ende der fünften Versammlung des CNI mi vergangenen Oktober für viel Aufregung und Kontroversen gesorgt. Das Kommuniqe “Damit die Erde in ihren Zentren bebt“ (paraphrasiert die Nationalhymne) wurde dazu gemeinsam mit der Zapatistischen Armee der nationalen Befreiung (EZLN) veröffentlicht. . Bis Januar wurden insgesamt 525 Gemeinden in 43 Dörfern und 25 Bundesstaaten Mexikos befragt. 430, also 82% der konsultierten Gemeinden, stimmten für den Vorschlag. Die Befragung dauert bis heute an und die konstituierende Versammlung des indigenen Rates der Regierung für Mexiko ist für Mai in Chiapas angedacht. In diesen Tagen wird dann der Name der Kandidatin bekannt gegeben.
Obwohl die Idee zunächst von der EZLN stammt und es die Kommandanten waren, die dies dem CNI vorgeschlagen hatten, wurde mehrmals deutlich gemacht, dass “der CNI selbst entscheidet, ob er mit einer eigenen Delegierten teilnehmen wird oder nicht. Im Falle einer Teilnahme, rechnet er mit der Unterstützung der Zapatisten ”. Außerdem machte der CNI klar, “es wäre gleichgültig, ob sie die Präsidentschaft gewinnen oder nicht, was zählte, sei die Herausforderung, die Unehrerbietigkeit, der Ungehorsam, die vollkommene Erschütterung des Bildes vom Indigenen als Objekt von Almosen und Mitleid (…). Ihre Kühnheit würde das gesamte politische System ins Schwanken bringen und Echos der Hoffnung erzeugen, nicht nur in einem sondern in vielen der Mexikos von unten… und der Welt.“. Genauso erklärt die EZLN, dass „Es geht nicht darum, dass eine indigene Frau des CNI Präsidentin wird, sondern was gewollt wird, ist, den Armen auf dem Land und in der Stadt, in Mexiko und der Welt, eine Botschaft des Kampfs und der Organisierung zu überbringen.“ (17. November 2016).
Um diesen Vorschlag zu verstehen, ist es wichtig sich an die Anfänge des CNI vor mehr als 20 Jahren zu erinnern. In dieser Zeit wurde der CNI ein “Haus für die indigenen Gemeinden aus Mexiko”, das Herausforderungen annahm und Treffen, sowie Aktionen zur Verteidigung ihres Landes, ihres Territoriums, ihrer Identität und ihrer Kulturen unter dem Motto „Nie wieder ein Mexiko ohne uns“ organisierte (Sprecherin Ramona, Mexiko-Stadt, Oktober 1996). In diesem Artikel schauen wir auf den Ursprung und die Laufbahn des CNI, um zu versuchen zu erklären, wie und warum es zu diesem Vorschlag kam, der sich gerade noch Aufbau befindet.
Mehr als 500 Jahre der Ausbeutung, des Raubes, der Unterdrückung und Diskriminierung sind genug!
Seit der spanischen Eroberung leiden indigene Völker unter Ausbeutung, Diskriminierung und Armut. Diese Informationen werden durch Bücher, Berichte und Statistike -Alte, sowie Neue- belegt. Sogar die mexikanische Regierung hat ihre „historische Schuld“ gegenüber der eigenen indigenen Völkern anerkannt. Der Professor Luis Villoro erzählt, wie die Republik Mexiko „durch kreolische und mestizischeMacht gegründet wurde, die den indigenen Gemeinden ihr Konzept eines modernen Staatesaufzwängte.“
Nach der verkündeten Unabhängigkeit Mexikos im Jahr 1812, was mit dem Absetzen der Domäne der spanischen Krone einherging, hat sich Mexiko in einen Souveränitätsstaat verwandelt, in dem indigene Völker weiterhin ausgebeutet wurden. Dies geschah nun nicht mehr im Auftrag, sondern durch Großgrundbesitzer. Obwohl das Land in viele Bezirke mit unterschiedlichen Kulturen aufgeteilt war, waren die ersten Verfassungen vom europäischen Modell inspiriert, kombiniert mit der Idee von der Homogenität der Nation. Die Vielfalt Mexikos wurde nie beachtet.
Der zapatistische Aufstand am 1. Januar 1994 war ein Ausdruck mit der Botschaft “Es Reicht” zum Zustand der Unterdrückung und Ausgrenzung, in dem sich zwar die Akteure und einige Faktoren änderten, aber nie der Hintergrund der Machtverhältnisse. Die Grundforderungen der EZLN waren “Arbeit, Boden, Schutz, Nahrung, Gesundheit, Bildung, Unabhängigkeit, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden“. Ihre Verwirklichung müsste jedoch in „neue politische Beziehungen zwischen Herrschern und Beherrschten“ übergehen (Erste Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald, 1994).
Zwischen 1994 und 1996 gab es mehrere Dialoge zwischen der EZLN und der Bundesregierung. Von damals an bis heute haben die Zapatisten mehrere Treffen und Kommunikationsversuche mit der nationalen, sowie internationalen Bevölkerung, insbesondere mit anderen indigenen Völkern, gestartet,. Im Januar 1996 rief die EZLN zum ersten Nationalen Indigenen Forum auf, in dessen sie die Basis gründeten die später den CNI ins Leben rief.
Am 16. Februar 1996 in San Andrés Sak’amchén de los Pobres im tsotsilen Bezirk des Hochlandes von Chiapas unterschrieben die EZLN und die Bundesregierung die Vereinbarungen der ersten Gesprächsrunde über indigene Rechte und Kulturen. Sie reflektierten nicht nur die Vorschläge der EZLN, sondern auch die Vorschläge der im vorherigen Monat zum Nationalen Indigenen Forum kommenden 300 RepräsentantenInnen der 35 mexikanischen indigenen Dörfern. Das Abkommen von San Andrés wurde nicht nur von indigenen Organisationen unterstützt, sondern auch von zivilen und sozialen Einrichtungen. Ebenso wie von Intellektuellen, unter ihnen die nationale Vermittlungskommission (CONAI) und die Schlichtungsvereinbarung und Befriedung (COCOPA, Gesetzgeber, der den Dialog unterstützt). Die Vereinbarungen von San Andrés legten die historischen, politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Grundprinzipien fest, um mit dem Rassismus, der Marginalisierung und der Ausgrenzung aller indigenen Völker Mexikos aufzuhören und die Selbstbestimmung zu fördern.
“Demokratie leben”
Formal gründete sich der CNI am 12. Oktober 1996. In den ersten Jahren seiner Existenz konzentrierte sich ein großer Teil der anstehenden Tagesordnungspunkte auf das Besprochene und Beschlossene in San Andrés. Der CNI schien durch seine Einheit und die Vielfältigkeit der vertretenen Volksgruppen als ein Lösungsweg für viele Forderungen indigener Gemeinden auf nationaler Ebene . Diese erste Etappe war ebenso durch die Arbeit interner Angelegenheiten geprägt.
Mit seiner ersten Erklärung machte der CNI sein zentrales Ziel bekannt: Eine “Neue Nation” erschaffen. “Diese Nation, welche niemals wahrlich existiert hat, da sie ohne uns existieren wollte”. In seinem ersten Entschluss entschied der CNI sein Mandat an eine indigene Nationalversammlung zu geben, um die bereits getroffenen Übereinstimmungen und Vereinbarungen zu implementieren. Als indigene Völker erklärten sie, dass sie nicht nach einer „Reproduktion der Herrschaftsformen und der Kontrolle suchen, mit denen uns die Mächtigen des Landes für so viele Jahre unterdrückt hatten, sondern im Gegenteil, wir wollen neue Formen der Demokratie leben und festlegen“ (Erste Nationalversammlung, November 1996). Sie haben in dieser Hinsicht die Grundsätze der Zapatisten aufgenommen: „Dienen und nicht bedient werden; bauen und nicht zerstören; befolgen und nicht befehlen; vorschlagen und nicht aufzwingen; überzeugen und nicht besiegen; absteigen und nicht aufsteigen; verbinden und nicht isolieren.“
Ebenfalls wurde ein Begleitausschuss des CNI zur Umsetzung und Überwachung der Vereinbarungen gegründet; er soll Diagnosen, Analysen und alternative Lösungen entwickeln, Vorschläge erarbeiten, Arbeitsprogramme, Verbindungen und Kommunikation zwischen den verschiedenen Arbeitsgruppen fördern (die Gruppen nennen sich wie folgt: Begleitausschuss und Überprüfung der Vereinbarungen aus San Andrés, indigene Gesetzgebung, Land und Territorium, Justiz und Menschenrechte, wirtschaftliche und soziale Selbstentwicklung, Kultur und Bildung, Kommunikation, Frauen, Jugendliche und indigene Migranten).
Mit dieser Struktur fing der CNI an, sich als einen vielfältigen Treffpunkt für Debatten zu festigen. Kämpfe und Aktionen sollten miteinander verbunden werden, um eine Autonomie hervorzurufen und die Kultur und das Territorium zu retten: „Das hier ist der Ort, an dem wir Hoffnung und Projekt einer neuen Menschheit sind. Denn der Kampf unserer Dörfer ist nicht gegen eine bestimmte Regierung gerichtet, sondern gegen ein globales System, das versucht, uns von diesem Planeten zu löschen. Dieser Kampf mit und für die neue Menschheit macht uns zu Geschwistern zwischen unseren Dörfern“ (Zweiter Nationaler Indigener Kongress, 1988).
Von der „kulturellen Anerkennung unserer Kollektivrechte“ bis hin zum Beginn der „Konstruktion der Autonomie für das Leben mit Tatsachen“
Kurz nachdem die Abkommen von San Andrés unterschrieben waren, präsentierte die Regierung unter Ernesto Zedillo Ponce de León (1994-2000) einen Gegenvorschlag zu dem der COCOPA. Damit brach er mit dem schon genehmigten Verfahren der Parteien. Der Dialog wurde ausgesetzt. Dennoch entpuppten sich die Vereinbarungen von San Andrés als ein Referenztext für die indigenen mexikanischen Gemeinden, die sich weiterhin zusammen organisierten, um von der Regierung die umgehende und vollständige Erfüllung der Vereinbarungen zu fordern. Sie forderten eine konstitutionelle Anerkennung ihrer Kollektivrechte.
Um diese Option zu legitimieren, riefen die EZLN und der CNI im März 1999 die gesamte mexikanische Bevölkerung, indigene als auch „nicht-indigene“, dazu auf, „zusammen mit anderen Sektoren der Bevölkerung, die nationale Konsultation durch den EZLN voranzutreiben und zu realisieren, um die Rechte der indigenen Gemeinden und das Ende des Krieges anzuerkennen“. Am Ende nahmen an dem besagten Aufruf über 2,5 Millionen BürgerInnen Mexikos teil. Sie erweierten die Legitimationsbasis der Vereinbarungen von San Andrés.
Im Juli 2000, nach 71 Jahren mit der gleichen Regierug, verlor die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) die Präsidentschaft der Republik durch Vicente Fox der Partei der Nationalen Aktion (PAN). Seit seiner Amtsübernahme war eine Veränderung im Vergleich mit der vorherigen Präsidentschaft zu spüren: Das Thema des bewaffneten Konflikts in Chiapas wurde wieder auf die nationale Agenda mitaufgenommen, der Rückzug von den 53 Militärposten im Land wurde angeordnet und die Initiative der konstitutionellen Reform der COCOPA über indigene Rechte und Kultur wurde im Kongress präsentiert.
Im Februar 2001 realisierten die Zapatisten zusammen mit dem CNI den „Marsch der Farben der Erde“,um die Wichtigkeit dieses Themas vor dem Kongress zu verteidigen. Sie besuchten zwölf Bundesstaaten der Republik und nicht ohne Schwierigkeiten, konnte die Kommandantin Esther in einem Hoffnungsmoment für den Prozess des Dialogs und den indigenen Rechten in die Kamera der Abgeordneten sprechen. Auf der gleichen Veranstaltung erklärte Juan Chávez Alonso, Vertreter der Purápecha aus Michoacán und Mitglied des CNI: „Wir sind die Indigenen die wir sind, wir sind Gemeinden, wir sind Indigene. Wir wollen weiterhin die Indigenen bleiben, die wir sind; wir wollen weiterhin die Gemeinden bleiben, die wir sind; wir wollen weiterhin die Sprache sprechen, die wir sprechen; wir wollen weiterhin die Worte denken, die wir denken; wir wollen weiterhin die Träume träumen, die wir träumen; wir wollen weiterhin die Lieben lieben, die wir lieben; wir wollen endlich die sein, die wir sind; wir wollen endlich unseren Ort, unsere Geschichte; wir wollen endlich die Wahrheit“.
Dennoch verkündete der Präsident Fox im April das „Indigene Gesetz“, das vom Unionskongress verabschiedet wurde und sowohl vom CNI, als auch von derEZLN als „Verrat“ und „Spott“ abgetan wurde, da es nicht einmal eine absehbare Annäherung an den Vorschlag des COCOPA repäsentierte. Der CNI bestätigte, dass das Gesetz „nicht nur die Freiwilligkeit der Gemeinde verletzt und verfassungswidrig ist, sondern dass es sich auch als sehr rückläufig herausstellt, bis hin zur Aberkennung fundamentaler Rechte“ (Manifest des CNI über das indigene Recht, Mai 2001). Er gab an, dass zum Beispiel die Initiative „die Territorien unserer Gemeinden, den legalen Rahmen des gegründeten Abkommens 169 der Internationalen Arbeiterorganisation (ILO) aberkennt und unsere Territorien in Einverständnis mit den Konzepten des Abkommens nicht anerkennt. Der Begriff „Territorium“ wird grob ersetzt mit „Ort“. Für die Ausübung unserer Autonomie und für die materielle und spirituelle Reproduktion unserer Existenz, bleiben wir frei vom physischen Raum.“ Außerdem wird getadelt, dass die konstitutionelle „Gegenreform“ den indigenen Gemeinden „eine karitative und barmherzige Form verleiht, mit einem Charakter von öffentlichen Interessen und nicht von öffentlichen Rechten wie es die Initiative COCOPA festlegt. COCOPA unterlässt es, die freie Bestimmung der indigenen Dörfer in jedem Bereich und auf jedem Niveau, wo ihre Autonomie an Wert gewinnt, zu garantieren.“
Dieses Gesetz markierte für die EZLN und den CNI nicht nur den Bruch mit der Regierung, sondern auch mit allen politischen Parteien (die durch die Wahlen den Einzug gewinnen konnten). Außerdem verkündeten beide (die EZLN und der CNI), dass sie mit oder ohne legale Anerkennung weiter Richtung Autonomie und ihrer Rechte streben würden: „Wir warten nicht, bis der mexikanische Staat unsere Existenz und unsere Rechte anerkennt. Die Anerkennung der Bevölkerung haben wir schon gewonnen, wir werden weiter unseren eigenen Weg gehen, so wie wir es schon immer getan haben“ (CNI, achte Nationalversammlung, November 2011). Der CNI verkündete die Vereinbarungen von San Andrés wie ein eigenes Gesetz und fing an, die Autonomie der indigenen Gemeinden zu fördern: „Wir werden die Vereinbarungen von San Andrés durch die tägliche Übung der indigene Autonomie wirksam machen, die Konstruktion der kommunalen, städtischen und regionalen Autonomie und der vollständigen Wiederherstellung unserer Dörfer“.
Eine Konstruktion der Autonomie unter konstanter Belagerung
Der CNI hat seit seiner Gründung und im Namen der indigenen Gemeinden nicht aufgehört, die konstanten und hartnäckigen Ungerechtigkeiten, denen die indigenen Gemeinden ausgeliefert waren, anzuzeigen: Die Militarisierung, die Repression, die systematische Verletzung ihrer (Grund-) Rechte, sowie der ständige Versuch der Regierung, die Gemeinden zu entzweien: „Jahrhunderte als Außenseiter, unterworfen und dominiert von denen, die die Macht und die Heimat an sich gerissen haben und wegen der Unmöglichkeit uns auszurotten, haben sie versucht, uns durch Lügen und Manipulationen zu zerstören; sie strengten sich an, uns um jeden Preis zu entzweien; sie begannen uns glauben zu lassen, dass wir der Vergangenheit angehörten; sie blieben hartnäckig uns als vergessen zu verurteilen, der Schweigsamkeit und der Ermüdung oder die Leuten dem kulturellen Untergang zuzuordnen. Sie warteten mit Sehnsucht auf den Moment, uns in archäologische Ruinen oder alte Museumsstücke zu verwandeln, oder, noch besser, unsere auseinandergenommenen Reste zynisch zu vernichten.“ (Zweiter Nationaler Indigener Kongress, Oktober 1998).
In Chiapas wurde die Konsolidierung der Autonomie der Zapatisten im August 2003 öffentlich gemacht, als ein neues Organisationsniveau, die Juntas de Buen Gobierno das Amt innehatent Dieses Niveau mit regionalem Charakter und steht für die Entstehung der Caracoles (JBG, integrierte durch Delegierte der autonomen zapatistischen Gemeinden rotierende Strukturen). RepräsentantInnen des CNI begrüßten die Initiative und versprachen, dem Beispiel der Zapatisten zu folgen, die Autonomie der Indigenen im ganzen Land voranzubringen und in der Praxis die Rechte der indigenen Gemeinden zu verteidigen.
Sowohl in Chiapas, als auch auf nationalem Niveau sind die Konstruktion der Autonomie und die Verteidigung des Territoriums aufgrund von Drohungen wie die Verkündung von Megaprojekten, der Repression an vielen Orten wie San Salvador Atenco, Bundesstaat Mexiko einhergegangen (wo 2006 bei Zusammenstößen von Polizei und BürgerInnen während einer Demonstration gegen einen internationalen Flughafen zwei Menschen ums Leben kamen, 207 Personen verhaftet wurden, fünf AusländerInnen rein aus Schikane vertrieben und 26 Frauen Opfer von Vergewaltigungen wurden); San Juan Copalá, Oaxaca; der „Stamm“ Yaqui (welche versucht, die Errichtung eines Aquädukts auf ihrem Gebiet zu verhindern); Cherán und Santa María Ostula, Michoacán (organisiert gegen die Megaprojekte im Bereich Straßenbau und Tourismus, die im Territorium der Nahua realisiert werden sollen); Xochicuautla, Bundesstaat Mexiko (gegen das Straßenprojekt Toluca Naucalpan), usw.
Im Oktober 2007 gab es in der Gemeinde Yaqui de Vicam (Sonora) ein Treffen mit Indigenen aus Lateinamerika , welches von den traditionellen Autoritäten der Yaqui de Vícam, dem CNI und der EZLN organisiert wurde. Daran nahmen 570 indigene Delegierte aus zwölf lateinamerikanischen Ländern teil, die 66 Gemeinden repräsentierten. In diesem Rahmen wurde verstärkt darauf aufmerksam gemacht, dass die Problematiken bezüglich der Territorien die waren, die den indigenen Gemeinden in ganz Lateinamerika am Meisten Sorge bereiteten. Der oberste Sprecher wies explizit darauf hin: „Wir lehnen den Eroberungskrieg und den zerstörenden Kapitalismus ab, welcher uns von den transnationalen Firmen und den internationalen Finanzsystemen mit Hilfe der großen Kräfte und den Nationalstaaten auferlegt wird. Wir lehnen die Zerstörung und die Ausbeutung der Mutter Erde durch die Besetzung unserer Territorien zur Umsetzung von industriellen Aktivitäten, Minen, Landwirtschaftsunternehmen, Tourismus, der wilden Verstädterung und der sich verbreitenden Infrastruktur, ab, so wie wir die Privatisierung von Wasser, der Erde, der Wälder, der Meere und der Küsten, der Artenvielfalt, der Luft, des Regens, des traditionellen Wissens und alles was von der Mutter Erde geboren wird, ablehnen. Wir widersetzen uns der Zertifizierung der Erde, der Küsten, des Wassers, der Samen, der Pflanzen, der Tiere und des traditionellen Wissens unserer Dörfer wenn man die Absicht hat, sie zu privatisieren.“
Im Jahr 2009 wurde in Santa María Ostual, Gemeinde Aquila, Michoacán auf der 25. Nationalen Versammlung des CNI verkündet, dass „sich die staatliche Repression gegen unsere Dörfer in der Ermordung und der Festnahme von hunderten von indigenen AnführerInnen ausdrückte, so wie auch in der militärischen Besetzung unserer Territorien, welche den sozialen Kampf und alle organisatorischen Versuche, die auf unabhängige und autonome Weise von unseren Dörfern kommen, kriminalisiert“ (Aussage zum Recht der indigenen Selbstverteidigung).
Auf der anderen Seite haben die letzten zehn Jahre der Analyse und der Gruppenaktivitäten des CNI gezeigt, dass Wirtschaftsmächte ((inter-)nationale Firmen und das organisierte Verbrechen) eine wachsende Rolle in der Vertreibung spielten, was die Verteidigungsmöglichkeiten noch schwieriger machte.
Auch inmitten des Sturms muss die Kapazität, die Initiative zu ergreifen, erhalten bleiben
Im Kontext der konstanten Belagerung überlegte im Oktober 2016 ein Sprecher des CNI zusammen mit der EZLN, dass „die Offensive gegen die indigenen Gemeinden nicht enden wird, sondern sie vorgeben, sie zu vergrößern bis sie die letzte Spur von dem was wir sind, nämlich „Bauerndörfer“ ausgelöscht haben“. Außerdem wurde bekannt gegeben, dass eine Befragung in jedem einzelnen Dorf durchgeführt werden würde, „um von unten die Macht zu zeigen, die von oben auferlegt wird und die uns ein Panorama vom Tod, von Gewalt, Vertreibung und Zerstörung bietet“. Der CNI machte sehr deutlich klar, dass sein Kampf „nicht wegen der Macht ist“, sondern um die indigenen Dörfer und die Zivilgesellschaft dazu aufzurufen, sich zu organisieren, „um die Zerstörung zu stoppen […], Frieden zu schaffen und dass die Gerechtigkeit uns von unten erreicht“. Der gleiche Sprecher wies auch auf die Kontinuität und die Vertiefung, die angekündigt wurde, hin und gab 27 Illustrationen aktueller Vertreibungen: „Der Sturm und die kapitalistische Offensive, die nicht enden will, sondern die von Tag zu Tag aggressiver wird, haben sich in eine zivile Bedrohung verwandelt, nicht nur für die indigenen Dörfer und Bauern, sondern auch für die Städte. Sie sollten würdevolle und aufständische Formen finden, um nicht umgebracht, vertrieben, verseucht, krank, versklavt oder entführt zu werden.“
Deswegen und ungeachtet davon planten der CNI und die EZLN, dass „der Moment zu attackieren und in die Offensive zu gehen, gekommen ist“; sie endeten damit, dass „dies die Zeit der aufständigen Würde ist, eine neue Nation von und für alle zu kreieren, die Macht von unten und die antikapitalistische Linke zu stärken und dass die Schuldigen für den Schmerz der Dörfer dieses bunten Mexikos zahlen sollen.“