AKTUELLES : Mexiko – Häufung sozialer Mobilisierungen ohne Antworten staatlicher Stellen
26/11/2013ARTIKEL : Schwere Unwetterschäden in Guerrero – Nach zwei Monaten ist die Region Montaña noch weit vom Normalzustand entfernt
26/11/2013Die Situation der Gewalt gegen Frauen in Mexiko ist weit davon entfernt sich zu verbessern, wie zahlreiche Berichte in den letzten Monaten verdeutlichen. Diese stellen vielfältige Formen von Gewalt, sowohl direkte physische als auch strukturelle und kulturelle, fest. Wie eine Studie der Organisation Inicia A.C. von 2010 anmerkt, ist Gewalt eine Form der Machtausübung, der Beherrschung durch Gewaltanwendung (physisch, psychisch, ökonomisch, politisch) und impliziert die Existenz von ungerechten und ungleichen Beziehungen zwischen der Person, die sie ausübt, und der, über die sie ausgeübt wird. Die Studie erwähnt im Speziellen die Gewalt gegen junge Frauen in indigenen Gemeinden, wo sie innerhalb der Familie und der Gemeinde auftritt. Es wird aber auch bekräftigt, dass die Gewalt ebenso durch den Staat verübt und toleriert wird.
Ohne Zweifel ist die Gewalt, basierend auf dem Geschlecht, nicht auf den indigenen Bereich beschränkt. Die mexikanische Gesellschaft ist eine höchst machistische Gesellschaft, in welcher der Mann und das Männliche gewöhnlich mehr geschätzt wird als die Frau und das Weibliche. Dieses machistische und patriarchale System ist in allen Bereichen des täglichen Lebens und in allen Schichten der Gesellschaft präsent, sowohl zwischen Armen als auch Reichen, Indígenen und Mestizen, städtischen und ländlichen Gebieten. Ein Essay von Margaret Bullen und Carmen Diez Mintegui aus dem Jahr 2012, über die Gewalt gegen Frauen betont: „die in Mexiko ermordeten Mädchen und Frauen waren unterschiedlichen Alters […]; gehörten allen sozialen Klassen und sozio-ökonomischen Schichten an, obgleich die Mehrheit arm oder marginalisiert waren, waren einige Frauen reich und gehörten einer hohen Klasse und den Eliten an“. Das Dokument betont, dass „die Gewalt gegen Frauen unter der Hegemonie einer patriarchalen Kultur floriert, die Despotie, Autoritarismus und grausames, sexistisch-machistisches, misogynes, homophobes und lesbophobes Handeln legitimiert, genährt durch Klassismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und andere Formen von Diskriminierung“. Diese Omnipräsenz der Gewalt gegen Frauen in der mexikanischen Gesellschaft generiert eine Normalisierung jener innerhalb der Bevölkerung.
Demonstration der ‚täglichen‘ Gewalt
Die Formen, in der sich die Gewalt manifestiert, reicht von der geschlechtsspezifischen Abtreibung zugunsten der Jungen, bis zur gezwungenen Schwangerschaft; vom differenziellem Zugang zu Ernährung und Bildung, bis hin zum sexuellen Missbrauch, Gewalt und Misshandlung durch den Partner. Laut einer Studie der Forscherin Mercedes Olivera von 2011 in Gemeinden in Chiapas betrachten die indigenen Frauen es jedoch nur als Gewalt, wenn es zu Schlägen kommt. Die psychische Gewalt wird als Schimpf und Zorn abgetan. In den Umfragen dieser Untersuchung wurde festgestellt, dass viele Frauen sich nicht trauten zu sagen, dass ihr Ehemann sie schlägt, weil er in vielen Fällen während der Befragung anwesend war. Bei der Analyse der Daten mit den partizipierenden Frauen, stimmten sie zu, dass es tatsächlich kaum eine Frau gibt, die keine Schläge von ihrem Ehemann erhält und dass die Situation sich nicht verbessert hat.
Der Studie zufolge existiert hinsichtlich der jungen indigenen Frauen ein nationaler und internationaler Rechtsrahmen, der die Gewalt gegen sie nicht nur als kriminelles oder soziales Problem, sondern als eine Verletzung der Menschenrechte verortet. Allerdings ist das Problem komplexer, weil die indigenen Frauen Diskriminierung und Gewalt nicht nur als Frauen erleiden, sondern auch als Indígenas. Daher ist die Gewalt gegen sie nicht nur ein Angriff auf ihre individuellen Rechte, sondern auch auf ihre Rechte als Kollektiv. Darüber hinaus erfolgt die Gewalt auch durch Unterlassung, Straflosigkeit, Ungerechtigkeit, Repression und Diskriminierung.
Eine andere Studie der Organisation Inicia A.C. von 2011 erwähnt die fehlende Autonomie der jungen indigenen Frauen in Bundesstaaten wie Oaxaca und Chiapas im Fall der Heirat. Sie erwähnt, dass es ein androzentrisches [das Männliche ins Zentrum des Denkens stellende; Anmk. der Übers.] Element gibt (was nicht ausschließlich bei indigenen Kulturen existiert), das in der Aussage „übernehmen“ zum Ausdruck kommt, da die jungen indigenen Frauen oft objektiviert und als Subjekte unter dem Besitz und der Vormundschaft eines Mannes gesehen werden: des Vaters, des Ehemanns oder des Bruders. In einem extremen Fall erwähnten die Frauen in der Gemeinde San Jorge Nuchita, Oaxaca, dass der Bräutigam dem Vater der Braut Geld gibt, was als „Kauf der Frau“ ausgedrückt wird. Die Frauen in der Untersuchung erwähnten, dass, „weil sie sie kaufen, denken die Männer, dass sie ihnen gehören als wären sie Dinge und deshalb schlagen sie uns als wären wir Tiere“. Laut einer Untersuchung von Mercedes Olivera von 2011 in der Region Los Altos (dt.: Hochland) von Chiapas wird eine Trennung nur akzeptiert, wenn es sehr ernste Probleme zwischen den Eheleuten gibt und in Fällen des Rückfalls, und wenn die Trennung endgültig ist, muss die Familie der Frau der Familie des Mannes das Geld und die Geschenke zurückgeben, die sie erhielt, als um die Eheschließung gebeten wurde.
Die Studie von Inicio A.C. von 2011 erwähnt auch die Schwierigkeit, die junge indigene Frauen haben „Erlaubnisse“ zu bekommen, um z.B. nach draußen, auf die Straße zu gehen oder anderswo zu studieren. Wenn die Mädchen ohne Begleitung ausgehen, werden sie als „verrückt“ oder „leicht“ bezeichnet, da es eine Sorge um ihre, vor allem sexuelle, Ehrenhaftigkeit gibt. Der Bericht betont außerdem, dass sich in jeder der fünf Regionen der Studie1 Fälle von Frauen fanden, die in ihrer Gemeinde verbal oder physisch belästigt wurden: beleidigt, von Männern auf dem Weg angehalten und während der gemeinschaftlichen Tanzfeste angegriffen. Im Gebiet der Mixteca in Oaxaca berichten alle junge Frauen einen Lehrer oder eine Lehrerin zu kennen, der/die seine/ihre Schülerinnen in der Schule angegriffen würde.
Das Programm Oportunidades: ein Beispiel für strukturelle Gewalt
Mehrere Personen und Organisation betrachten das Programm Oportunidades (dt.: Möglichkeiten) als eine Form struktureller Gewalt von Seiten der mexikanischen Bundesregierung gegenüber der weiblichen Bevölkerung aufgrund der Bedingungen, mit denen das Programm verbunden ist. Diese Konditionierung erzeugt einen gewissen Grad von Abhängigkeit und Passivität unter den Begünstigten. Laut der Studie von Mercedes Olivera von 2011 erhalten mehr als 95% der marginalisierten Familien in Chiapas Geld aus dem Programm Oportunidades. Das Geld, das die Mütter für jedes Kind, das zur Grund- oder Oberschule geht, erhalten, stellt eine wichtige Hilfe und „Sicherheit“ für die armen Familien und ihre alltägliche Subsistenz dar. In der Region Los Altos erachten 46% der Familien das Einkommen als quantitativ zweitwichtigstes für die täglichen familiären Ausgaben, gleich nach dem, was vom Ehemann oder Lebenspartner kommt (48%). Eine Frau aus dem Landkreis Chilón erwähnte: „[D]as Einzige was uns ernährt, ist Oportunidades, der Boden hat seine Kraft schon verloren, er gibt nichts mehr her, es gibt auch keine Arbeit, jetzt unterhalte ich die Familie mit dem, was die Regierung mit Oportunidades gibt.
Die Forscherinnen meinen, dass das Geld, was die Begünstigten für jedes Kind bekommen, einen assistenzialistischen und patriarchalen Charakter hat, weil sie die auferlegten Bedingungen akzeptieren müssen, wenn sie es weiterhin erhalten wollen. Die genannten Bedingungen sind zum Beispiel regelmäßig Arztbesuche, die unnötig und von ihnen nicht gewollt sind, und die Teilnahme an obligatorischen Schulungen, monatlich oder zweimonatlich, zu Themen wie Hygiene oder Gesundheitsfragen. Die Weiterbildungen finden in der Regel zu festen Zeiten statt, ohne auf die Disponibilität der Frauen zu achten und mit der Drohung der Kürzung der Begünstigung im Falle der Nichtteilnahme. Eine während der Untersuchung befragte Frau aus San Cristóbal erklärte: „[I]ch bin jetzt eine Art Prostituierte der Regierung, denn im Gegenzug für das Geld, das sie mir gibt, lasse ich die Ärzte Hand an meinen Körper legen“. Wenn die Begünstigten sich nicht bei solchen Terminen vorstellen, wird ihnen die Zuwendung von Oportunidades (teilweise) gekürzt.
In letzter Zeit wurden in Chiapas zwei neue Bedingungen in das Programm Oportunidades aufgenommen. Zum einen müssen die Mütter, die Geld von Oportunidades erhalten Unterricht nehmen, um Schreiben, Lesen und Spanisch zu lernen, was vielen indigenen Frauen schwerfällt, weil sie einsprachig sind, vor allem wenn sie ältere Frauen sind. Eine andere Bedingung, vor kurzem hinzugefügt, zwingt die Frauen, 200 Pesos von 850 Pesos der Zuwendungen von Oportunidades für vorher festgelegte Waren und in Geschäften der Regierung auszugeben, mit der Drohung, dass wenn sie es nicht tun, sie nichts erhalten. Das Warendepot enthält jedoch Produkte, die den von SIPAZ befragten Frauen der indigenen Gemeinden im Norden von Chiapas nicht viel nützen, wie das Maismehl der Marke Maseca, da es Maismehl in den Gemeinden gibt, oder Konservenprodukte, die sie nicht gewohnt sind zu konsumieren. Darüber hinaus erwähnten sie, dass die von der Regierung vorgegebenen Waren in deren Läden mehr kosten als dieselben Produkte in den Läden der selben Gemeinde. BewohnerInnen der Gemeinden des Lakandonischen Regenwaldes berichteten während eines Besuches von SIPAZ in der Region Anfang November, über dieselben Beschwerden. Die Untersuchung von Mercedes Olivera von 2011 kommt zu dem Schluss, dass die Unterwürfigkeit und Abhängigkeit, die Oportunidades versteckt erzeugt, entpolitisierte und modern versklavte, unterworfene Frauen reproduziert, zum Nutzen des neoliberalen Systems.
Die Gewalt gegen Frauen in Mexiko im Visier der (inter)nationalen Gemeinschaft
In den letzten Monaten haben mehrere nationale und internationale Organisationen Berichte über die Situation der anwachsenden Gewalt gegen Frauen und Frauenmorde in unterschiedlichen Teilen Mexikos veröffentlicht. So z.B. erhielt Mexiko am 23. Oktober bei der zweiten Evaluierung im Rahmen des Universal Periodic Review (UPR) 176 Empfehlungen der Mitgliedsstaaten des Menschenrechtsrates, von denen sich 33 auf die Menschenrechte der Frauen konzentrierten. In einem Schattenbericht der Organisation „Equis – Gerechtigkeit für Frauen“ wurde erwähnt, dass zwischen den Jahren 2007 und 2010 die Bundesstaaten Mexikos in ihrem Regelwerk spezielle Rechtsvorschriften für den Schutz der Rechte der Frauen auf ein Leben ohne Gewalt aufnahmen. Ebenso verstärkten sie die Strafvorschriften, um die verschiedenen Formen von Gewalt gegen die Frau anzuerkennen und/oder um einige bestehende Charakterisierungen zu präzisieren. Doch „die Breite der Definition von Arten und Formen von Gewalt, die in den Gesetzen des Zugangs zu einem Leben frei von Gewalt enthalten sind, ist nicht vollständig in der Einklagbarkeit reflektiert, weil es einen Mangel an Harmonisierung zwischen den Strafvorschriften und diesen Gesetzen gibt“. Der Bericht stellt fest, dass „von 240 analysierten Rechtssprüchen in 15 Hohen Gerichtshöfen nur 4 Urteile (1,66%) die allgemeinen Rechte des Zugangs für Frauen zu einem Leben frei von Gewalt nennen. Es gibt eine große Lücke zwischen der Umsetzung dieser Gesetze und der Rechtsprechung insgesamt“.
Auch im Rahmen des UPR riet Amnesty International (AI) durch das Dokument „Information von AI für das UPR der Vereinten Nationen“ dem mexikanischen Staat Maßnahmen, um Gewalt gegen Frauen in den 31 Bundesstaaten zu verhindern und zu bestrafen, „vor allem diejenigen mit einer hohen Rate von Anklagen über Morde und Angriffe auf Frauen und Mädchen, wie Chihuahua, Nuevo León, Mexiko und Oaxaca“. Nach Angaben des Nationalen Zivilen Observatoriums von Feminiziden sind Chiapas, Sinaloa, Mexiko, Veracruz, Nuevo León, Tamaulipas, Durango, Sonora, Oaxaca, Guererro, Guanajuato und Morelos die Bundesstaaten, wo es Diskriminierung oder Feminizide gibt und die die Ausrufung des Alarmzustandes geschlechtsspezifischer Gewalt verdient hätten. In einigen dieser Bundesstaaten forderten zivile Organisationen vom Nationalen System zur Vorbeugung, Behandlung, Sanktionierung und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen die Erklärung des Alarmzustandes geschlechtsspezifischer Gewalt, auch wenn in den fünf Jahren der Existenz des Mechanismus keine akzeptiert wurde.
Anfang November wurde ein von den Nobelpreisträgerinnen Jody William und Rigoberta Menchú erarbeiteter Bericht über die Situation der Gewalt gegen Frauen in Mexiko vorgestellt. Der Bericht „Von Überlebenden zu Verteidigerinnen: Frauen, die der Gewalt begegnen in Mexiko, Honduras und Guatemala“ erklärt, dass das Problem der Frauenmorde und Verletzung der Menschenrechte von Frauen in Mexiko das Niveau einer „Krise“ erreicht. Es wird erwähnt, dass in Mexiko 6,4 Frauenmorde pro Tag verübt werden, von denen laut Angaben des Berichts und der Vereinten Nationen 95% ungestraft bleiben. Der Bericht wurde von JASS, dem Menschenrechtszentrum Tlachinollan und Consorcio para el Diálogo Parlamentario y la Equidad präsentiert.
„In Mexiko wird vergessen, die Verantwortlichen zu bestrafen“
Das Thema der Frauenmorde erhält nicht nur Aufmerksamkeit von Teilen der Zivilgesellschaft, auch die internationale Diplomatie betreibt eine Kampagne zu diesen Thema gegenüber den mexikanischen Behörden. Am 5. November organisierte die Botschaft der Niederlande in Mexiko-Stadt ein Essen in Gedenken an Hester van Nierop, eine junge Niederländerin, die 1998 in Ciudad Juárez ermordet wurde. Das Opfer war unter einem Bett mit Spuren von Folter und sexuellem Missbrauch gefunden worden. Ziel der Veranstaltung war es, die verschiedenen Sektoren der mexikanischen und internationalen Gesellschaft, wie Regierung, Opfer und NGOs zusammen zu bringen, um die Maßnahmen, die für die Verbesserung der staatlichen Politik im Kampf gegen Frauenmorde nötig sind, zu diskutieren. In einem Interview mit der Journalistin Carmen Aristegui sagte Arsene van Nierop, Mutter der getöteten jungen Frau, „der Frauenmord ist nichts spezielles aus Juárez oder Mexiko, er tritt weltweit auf. Das Problem ist, dass in Mexiko vergessen wird, die Verantwortlichen zu bestrafen […]. Für die Frauen in Mexiko ist es sehr wichtig ihre Geschichte zu erkennen, aber mit den Augen einer ausländischen Frau, wie ich. Ich werde weiter kämpfen, es handelt sich nicht um einen Mörder, es handelt sich um völlige Straflosigkeit“.
Daten des Nationalen Zivilen Observatoriums von Feminiziden stellen fest, dass sich die Gewalt gegen Frauen in Mexiko in 2013 um 125% erhöht hat, insbesondere geschlechtsspezifische Morde an Mädchen und junge Frauen. Laut dem Centro de Derechos de las Mujeres (CEDEHM) ist „die Rechtsfigur des Feminizids noch nicht von allen mexikanischen Bundesstaaten anerkannt worden. Die Feminizide werden oft von sexueller Gewalt und Folter begleitet. Die Straflosigkeit der Frauenmorde ist, aufgrund ihrer Diskriminierung, höher als bei anderen Verbrechen. Bei dem Zusammentreffen am 5. November in der niederländischen Botschaft wurde Mexiko aufgefordert, die Aggressionen gegen Frauen aus einer Geschlechterperspektive zu untersuchen und zu bestrafen, sowie Menschenrechtsverteidigerinnen effektiv zu schützen. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit betont, Rechtszentren für Frauen zu etablieren und die Schutzmechanismen effizient zu aktivieren, wie sie bereits die mexikanische Legislative plant. Laut dem Nationalen Zivilen Observatorium von Feminiziden, gibt es zehn Staaten Situationen eine zunehmende Zahl von Morden an Frauen, darunter Chiapas, Oaxaca und Guerrero.
Feministinnen erheben sich gegen die Gewalt
Im August versammelten sich in Guadalajara 1.600 Frauen, um das 9. Nationale Feministische Treffen zu feiern, mit dem Ziel zu erörtern, wie der mexikanische Feminismus zu einem wahrhaftigen Kommunikationspartner bei Entscheidungen des mexikanischen Staates werden kann, um zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen beizutragen. Laut ihren öffentlichen Erklärungen fordert diese Gewalt das Leben von mehr als 800.000 Frauen jährlich, hindert Indígenas und Bäuerinnen an der Ausübung ihrer Menschenrechte, hat die Löhne von mehr als 16 Millionen Arbeiterinnen verschlechtert und hat das Recht für Frauen auf legale Abtreibung in 18 Bundesstaaten des Landes eingeschränkt. Die Feministinnen vereinbarten eine gemeinsame Agenda, die sich auf vier Bereiche konzentriert: Ablehnung aller Formen von Gewalt gegen Frauen, für sexuelle und reproduktive Rechte, für das Recht über den eigenen Körper zu entscheiden und das Recht nicht diskriminiert zu werden aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung.
Auch auf der Ebene der Bundesstaaten haben die Frauen darum gekämpft, die Aufmerksamkeit auf das hohe Niveau der Gewalt und Frauenmorde zu lenken. Am 1. und 2. November wurde in ganz Mexiko der Tag der Toten gefeiert, wo die Familien ihrer Toten mit Altären in den Häusern gedenken und den Tag auf dem Friedhof verbringen mit Essen und Trinken, das ihre Verstorbenen gerne mochten. In mehreren Teilen des Landes wurde dieser Tag als Möglichkeit genutzt, um die Aufmerksamkeit auf die alarmierenden Zahlen der getöteten Frauen der letzten Jahre zu lenken. In Chiapas beispielsweise organisierten Aktivistinnen und verschiedene Organisationen, die Teil der „Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen und Frauenmorde in Chiapas“ sind, verschiedene Aktivitäten und gedachten den Ermordeten in der Stadt San Cristóbal de Las Casas mit Gaben. Sie errichteten einen Altar mit weißen Kreuzen, um den gewaltsamen Tod und die Morde an mehr als 80 Frauen diesen Jahres anzuklagen. Laut Statistiken hat diese Situation den Bundesstaat Chiapas auf den fünften Platz bei der Zahl der Frauenmorde auf nationaler Ebene gebracht. In der Kampagne engagieren sich rund 20 zivile Frauengruppen aus San Cristóbal de Las Casas und sie haben unter anderem zum Ziel, die Bevölkerung zu informieren und zu sensibilisieren gegenüber den Ursachen und Risiken dieser Form der Gewalt, sowie die Förderung der Veränderung der Geschlechterverhältnisse.
Auch in Oaxaca-Stadt wurde im Rahmen des Tages der Toten Brot, Obst, Blumen, Likör und Kerzen auf einem Altar präsentiert, um der getöteten Frauen in Oaxaca und des Landes zu gedenken. Sie erbauten einen Weihaltar für die Opfer der Gewalt, „zur Erinnerung an ihre Namen, an ihr Alter, welcher Arbeit sie nachgingen, was ihnen passiert ist und wer der Täter war und wie die aktuelle Situation des juristischen Prozesses ist“, erklärte die Gruppe Bordando Feminicidios de la República. Einige Wochen zuvor demonstrierten dutzende Frauen im Rahmen der Aktionen gegen Frauenmorde in Oaxaca im Zentrum der Stadt, was die erste Aktion des Kollektivs „Acción Radical Antipatriarcal“ war. Mitglieder des Kollektivs konstatierten: „Nur von uns aus werden wir einen Wandel erzeugen können, nur wenn wir hinaus gehen und unsere Stimme erheben, können wir erhört werden.“
… … …
- Die Untersuchung wurde im nördlichen Gebirge von Puebla und Totonacapan, in der Mixteca in Oaxaca sowie in drei Regionen von Chiapas (Hochland, Lakandonischer Urwald und Grenz-Region) durchgeführt. (^^^)