2007
02/01/2008ANALYSE: Mexiko, erneute Polarisierung
30/05/2008„Die Ermordung 46 wehrloser Zivilisten im Dezember 1997 in Acteal durch eine Gruppe schwerstbewaffneter Personen ist zweifellos der schwerwiegendste und dramatischste Vorfall im Rahmen des in Chiapas angehenden Konfliktes. Die CNDH [Nationale Kommision der Menschenrechte] gibt die Verantwortung aufgrund von Kommision und Unterlassung diverser Funktionäre der Regierung des Staates„.
Bericht des Sonderbeauftragten über die Situation der Menschenrechte und der fundamentalen Freiheiten der Indianer, Rodolfo Stavenhagen, E/CN.4/2004/80/Add.2, 23/12/2003]
„Der Staat leugnet, daß die hier zu untersuchenden Vorfälle Teil einer staatlich organisierten Strategie sind (… ) Die öffentliche Haltung der föderalen und staatlichen Regierung ist das Leugnen der Existens von “ Paramilitärs „.
Abgeschlossener Bericht des mexikanischen Staates an die “ Comisión Interamericana de Derechos Humanos (CIDH) “ innerhalb des Verfahrengesuches 2-12-05, 2006]
Man versuchte “ die Wahrheit zu vertuschen und weißzumachen, daß der Staat nichts mit dem Massaker zu tun hatte, aber wir sagten ihnen, daß das, was in Acteal passierte, ein Produkt eines politischen Konfliktes war, welcher von oberster Stufe der föderalen Regierung des Ernesto Zedillo und der staatlichen des Juli César Ruiz Ferro kreiert wurde“.
Bekanntmachung der Organisation „Sociedad Civil Las Abejas“, 22. Oktober 2007]
Am 22. Dezember 1997 vollzog sich in Acteal, in der Gemeinde Chenalhó, Hochland, Altos de Chiapas, ein Massaker, bei dem 45 Tsotsiles – Indianer, die der Organisation “ Sociedad Civil Las Abejas “ angehörten, ihr Leben verloren, ermordet von einer Gruppe ziviler Bewaffneter, während sie in der kleinen Kirche der Gemeinde um den Frieden beteten. In ihrer Bekanntmachung vom 22. November 2007 klagten die Abejas, daß sie “ seit 10 Jahren Gerechtigkeit fordern und die Antwort darauf immer dieselbe gewesen ist: sämtliche Behörden sagten, daß sie den Fall “ gründlichst und ernsthaftig untersuchen werden“ und dabei Sorge und Entrüstung im Bezug auf die Vorfälle heuchelten“.
Neben ihrer „„Campaña contra la Impunidad: 10 y 15“ („Kampagne gegen die Straffreiheit: 10 und 15 „), bezüglich der 10 Jahre des Massakers und der 15 Jahre ihres organisierten Kampfes, stellten die Abejas eine weit größere Kampfansage: „Niemand wird unsere Kampagne gegen die Straffreiheit aufhalten können, da unser Kampf nicht nur Acteal gewidmet ist, sondern all den Massakern und Repressionen gegen unsere Völker Mexikos. Wir werden nicht ruhen, bis letztendlich die Gerechtigkeit Einzug erhält, gegen wen es auch sei und ohne Diskriminierungen“ (Bekanntmachung vom 22. Oktober 2007)
Vorboten eines “ angekündigten Massakers „ oder die erste Stufe der Versäumnis?
Die Organisation „Zivilgesellschaft, Sociedad Civil Las Abejas“ wurde 1992 im Bezirk Chenalhó (Hochland von Chiapas) als pazifistische Organisation gegründet im Kampft für die Rechte der Indianer und der friedlichen Lösung der lokalen Konflikte (siehe Artikel „El vuelo de las Abejas sigue„, April 1998, SIPAZ – Bericht des Jahres 2003, nº 2). Auch wenn ihre fundamentalen Forderungen dieselben der EZLN sind (Ejército Zapatista de Liberación Nacional), stellen sie sich gegen den Gebrauch von Waffen. Sie nahmen an den „cinturones de paz“ ( Friedensgürtel ) während des Verhandlungsprozesses zwischen den Zapatisten und der Bundesegierung im nahegelegenen Dorf San Andrés Larrainzar teil, wie auch bei anderen Aktivitäten, zu denen die EZLN die Gruppen und Organisationen der Zivilgesellschaft eingeladen hatte. Vielleicht machte sie diese Nähe zu den zapatistischen Positionen neben dem Fakt, eben keine Waffen zu haben und auch nicht zu wollen, verwundbar im Angesicht der Konfliktivität, welche im Laufe des Jahres 1997 im Bezirk Chenalhó am Wachsen war.
Man kann die Erwähnung des Kontextes, welcher im Staate im Moment des Massakers vorherrschte, nicht umgehen und diesen Vorfall behandeln, als wäre es ein Einzelfall gewesen. Seit 1995 und während sich den entwickelnden Gesprächen in San Andrés, fingen die EZLN wie auch verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft an, die parallele Applikation seitens des Staates im Bezug auf eine Strategie der Aufstandsbekaempfung in der nördlichen Zone Chiapas anzuklagen (mit der Unterstuetzung und dem Schutze der Gruppe „Paz y Justicia“, welches eine Vertreibung von tausenden von Personen wie auch hunderte Enführungen und Morde zur Folge hatte. Monate später wurde diese Strategie in den Zonen um Altos und Selva angewandt, welche kontinuierlich die Charakteristik eines „ Krieges niederer Intensitaet“ („guerra de baja intensidad“) aufwies. Die Regierung schien auf die Möglichkeit zu setzen, daß die EZLN mit Hilfe eines andauernden, aufreibenden Krieges mit einem Verschleiß auf politischer, militärischer, wirtschaftlicher, rechtlicher und informativer Ebene, die lokale Unterstützung, aus der sie großen Nutzen zog, verlieren würde.
Im Laufe des Jahres 1997 entfesselte sich eine Welle der Gewalt in ganz Chiapas. Aufgrund dieser Vorkommnisse rief eine Gruppe von zivilen nationalen und internationalen Organisationen, bei der auch SIPAZ teilnahm, die „Nationale und Internationale zivile Mission zur Beobachtung fuer Frieden in Chiapas, Misión Civil Nacional e Internacional de Observación para la Paz en Chiapas“ ins Leben mit dem Ziel, die Menschenrechtsverletzungen und ihre Auswirkungen auf den Friedensprozeß zu dokumentieren.
In Chenalhó waren die Konditionen im Bereich Gesundheit, Kleidung, Obdach und Ernährung der mittlerer Weile tausenden von Vertriebenen kritisch. Die Mission erhielt Augenzeugenberichte, die von bewaffneten Leuten und ihren kontinuierlichen Angriffen auf die zapatistischen Gemeinden oder auf die der Abejas sprachen, welche sich dem Kauf von ( mehr Waffen ) verweigerten. Der Terror, der diese Angriffe verbreitete, zwang die Menschen zur Flucht in die Berge, all ihre Habseligkeiten für immer zurücklassend. Zur gleichen Zeit veröffentlichte der Journalist Ricardo Rocha eine Reportage in Televisa, einer der Sender mit der höchsten Zuschauerquote des Landes, die die Umstände, in denen sich die Vertriebenen von Chenalhó befanden, bezeugte.
Andererseits bezogen sich Las Abejas in ihrer Bekanntmachung vom 22. Oktober 2007 auf die zusammengetragenen Berichte von der „Misión de Observación“ wie auch der Reportage von Rocha: „…vor dem Massaker kamen die sogenannten „Selbstverteidigungsgruppen, Grupos de Autodefensa“ (sie beziehen sich auf den ARTICULISTA ) bewaffnet auf Lastwagen in die Comunidades und zwar in Begleitung von Lastwagen der “ Policía de Seguridad Pública del Estado“…“. Dies zeigt offensichtlich eine andere Art der Verantwortung seitens der staatlichen Behörden im vorrangehenden Kontext des Massakers.
Am 18. Oktober 1997 hatte Raúl Vera, damaliger Bischof von San Cristóbal, im Bezug auf bundesebene einen Brief an den Regierungsminister Emilio Chuayffet geschickt, in dem er auf das vorherrschende „Gewaltambiente“ im Gebiet aufmerksam macht.
Nach dem Massaker gab Chuayffet zu, diesen Brief erhalten zu haben, kommentierte aber, daß “ diejenigen, die derartige Dinge tun, zwei Vorteile auf ihrer Seite haben: den Überraschungsmoment und die Heimlichkeit. Es ist sehr schwierig, praktisch unmöglich, diese Art von Gewalttaten in der Welt zu verhindern, allein darauf basierend, daß man im Vorfeld darüber informiert wird“.
Chronik des Massakers und Verantwortung der öffentlichen Behörden: gefundene Versionen
Am 22. Dezember 1997 war eine Gruppe der Abejas in der Kirche von Acteal versammelt. Sie beteten für den Frieden in ihrer Gemeinde und für die Vertriebenen, deren Anzahl täglich stieg, sei es wegen ihrer Unterstützung der EZLN oder wegen der Weigerung, deren Gegner zu unterstützen. Die Angreifer fingen an, mit großkalibrigen Waffen das Feuer zu eröffnen und verfolgten diejenigen, die zu fliehen versuchten. Sie verstümmelten mehrere Körper mit Stichwaffen und schlitzten die Bäuche 4 schwangerer Frauen auf. In dieser Greueltat, die mehr als 5 Stunden dauerte, ermordeten sie 9 Männer, 21 Frauen (4 von diesen waren schwanger) und 15 Kinder.
Zeugen, denen es gelang zu fliehen, benachrichtigten Gonzalo Ituarte, den damaligen Kaplan der Diözese San Cristóbal de las Casa, eine Stunde nach dem Beginn des Massakers. Dieser informierte sofort den Staatssekrätar, Homero Tovilla Cristiani, welcher ihm einige Stunden danach berichtete, daß alles unter Kontrolle wäre. Selbst wenn ihre Präsenz nur ungefähr 200 Meter entfernt vom Massaker war, griff die „Polizei, Seguridad Pública“ nicht ein und selbst dann nicht, als sie von Nachbarn über das Geschehen informiert wurden.
Der damalige Regierungsminister, Emilio Chuayffet, verneinte, daß die Verantwortung basierend auf Aktion oder Omission bei der Bundesregierung liege aufgrund von Aktion oder Omision. Am 23. Dezember verurteilte der Präsident Zedillo den Angriff und verkündete, daß die Bundesregierung die diesbezügliche Untersuchung leiten würde. Einige Tage nach dem Massenmord, verhaftete man ungefähr 40 vermutliche Angreifer. Auch Jacinto Arias Cruz, der Buergermeister von Chenalhó wurde verhaftet und angeklagt, der Drahtzieher des Massakers zu sein. Ende Dezember schickte man 5000 zusätzliche Soldaten nach Chiapas ( 2000 davon in den Bezirk Chenalhó). Die Anzahl der Vertriebenen stieg deutlich auf ungefähr 10000 Personen. Zu Beginn 1998 wurden der Gouverneur von Chiapas, Julio César Ruiz Ferro und der Innenminister, Secretario de Gobernación, Emilio Chuayffet, ihres Amtes enthoben.
Die Untersuchungen nahmen ihren Lauf. Sich auf die Gründe des Konfliktes beziehend, schlußfolgerte der damalige Generalstaatsanwalt, Jorge Madrazo Cuéllar, daß „das Morden aufgrund von zwischengemeinschaftlicher und familiärer Konflikte geschehen war“. Bei der Veröffentlichung des Berichtes erwähnte er auch, daß „wenn das mexikanische Militär am 22. Dezember 1997 präsent gewesen wäre, es nie zu diesen Vorkommnissen gekommen wäre“.
Außerdem bemerkte der Präsident der COCOPA (Comisión de Concordia y Pacificación, gesetzliche Instanz der “ Coadyuvancia “ im Rahmen des Dialoges zwischen der EZLN und der Bundesregierung ), Carlos Payán Velver, von Anfang an, daß der „höchste Grad der Verantwortung“ des Massakers bei dem Präsidenten der Republik und dem Gouverneur von Chiapas liege.
Die Jahre vergingen. Die offizielle Version des Massakers, als Resultat zwischengemeinschaftlicher Konflikte, wurde kürzlich von der mexikanischen Zeitschrift Nexos durch zwei von Héctor Aguilar Camín Ende 2007 veröffentlichten Artikeln verworfen. Im roten Faden der dargelegten Thesis im Buch „Libro Blanco“ erklärt der Autor, daß aufgrund der zapatistischen Gewalt und den gefesselten Händen der Sicherheitskräfte (durch das Dialoggesetz, welches während der Verhandlungen militärische Aktionen gegen die EZLN verbot ), sich diverse Gruppierungen spontaner Weise bewaffnet hätten und zuvor aus ihrer defensiven Haltung sich für ein offensives Vorgehen entschlossen hätten. Er leitet von dieser Thesis ab, daß sich der Staat zwischen den Stühlen befand und unfähig war zu handeln.
In letzten Bericht des Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de Las Casas über die Verantwortung des mexikanischen Staates im Massaker von Acteal (22/12/2007) wird dagegen die Beabsichtigung und den Vorbehalt der Bundesregierung in diesem Fall verurteilt. Es wird behauptet, daß Acteal eine „ideale Rechtfertigung für Ernesto Zedillo, den damaligen Präsidenten und obersten Befehlshaber der Streitkräfte, die Instalation von Militärbasen in Chenalhó anzuordern und damit mit dem „Plan dr Aufstandbekaempfung voran zu kommen“.
Die legalen Errungenschaften
Das „Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas“ und andere Menschenrechtsorganisationen berichten, daß die Untersuchungen des Massakers von Acteal Gefängnisstrafen für mehr als 70 Personen, die angeklagt werden, direkt mit dem Angriff in Verbindung zu stehen, gesorgt haben. Sie wurden zu Strafen zwischen 25 und 40 Jahren verurteilt. Sie erhielten Gefängnisstrafen zwischen 25 und 40 Jahren wegen nachweislicher Morde, gefährlicher Körperverletzung, unerlaubtem Waffenbesitz, und dem Mitführen von Waffen, welche ausschließlich nur von der Armee benutzt werden dürfen. Der Prozess gegen den Anklagepunkt der „kriminellen Vereinigung“ wurde nicht fortgesetzt. 27 Haftbefehle gegen indianische Zivilisten verbleiben offen.
Viele dieser Strafen sind dabei ungesühnt zu bleiben und im Begriff angefechtet zu werden. Die Verantwortlichen der Verteidigung der Inhaftierten plädieren darauf, daß sie (ihre Mandanten) aufgrund von widersprüchlichen Zeugenaussagen verhaftet wurden, bei welchen nicht einmal die Anzahl der Angreifer übereinstimmt und daß die angeblich Verantwortlichen weder den Zugang zu einem Anwalt, noch zu Übersetzern / Dolmetschern zu anfangs des Prozesses hatten. Eine andere von ihnen gedeichselte Version hat mit der Tatsache zu tun, daß fünf der Angeklagten mehrere Tage vor dem Massaker zugegeben hätten, die Täter der Tötung zu sein und zwar zusammen mit vier anderen Personen, die nach wie vor frei waren. Unabhängig von der gewünschten Version, blieben für das Justizsystem viele unerledigt.
15 niedrigrangige Ex “ servidores públicos „ wurde der Prozess gemacht und sie wurde zu Strafen zwischen 3 und 36 Jahren Gefängnis verurteilt wegen nachweislichem Mord und Körperverletzung, Mord wegen unterlassener Hilfeleistung und dem Mitführen von Waffen, die nur vom der Armee benutzt werden dürfen. Es verbleiben zwei „Haftbefehle“ zur Vollstreckung gegen den ehemaligen Koordinator der staatlichen Polizei und dem Direktor staatlich öffentlichen Sicherheitskräften.
Die kürzliche Verhaftung von Antonio Sántiz López (genau am 22 de Dezember 2007), angeblicher „Kopf der Paramilitärs von Chenalhó“, wurde von einigen kritischen Stimmen in Frage gestellt: sie sehen dieses Vorgehen, welches von der lokalen Presse als Sieg für die Gerechtigkeit gepriesen wird (man sprach von der Verhaftung „des Drahtziehers des Massakers“), in Wirklichkeit eine Art der Vertuschung von den Verantwortlichen auf höchster Ebene ist. Die hochrangigen Funktionäre, eingeschlossen die Mitglieder der Streitkräfte, die im Zusammenhang mit dem Massaker stehenden Verdächtigen wurden wegen unterlassener Hilfeleistung oder ihrer Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen, für ihre Taten noch nicht zur Rechenschaft gezogen und haben bis heute die Gerechtigkeit umgangen.
Im Angesicht des Fehlens an Fortschritten auf nationaler Ebene, hat seit Februar 2005 das „Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas“ zusammen mit Überlebenden und Familienangehörigen der im Massaker Exekutierten, vor der „Interamerikanischen Menschenrechtskommission, Comisión Interamericana de Derechos Humanos (CIDH)“ eine Bitte zur Eröffnung der Strafsache gegen den Mexikanischen Staat wegen diverser begangener Menschenrechtsverletzungen im Falle des Massakers von Acteal, eingereicht. In einem Interview in der Zeitschrift Proceso (21/04/2005) erklärt der Bischof Raúl Vera López, diesen Antrag kommentierend: „Die Dinge können nicht ungesühnt verbleiben, man muß den Rechtsstaat wieder herstellen. Gemäß dem internationalen Gesetz sind die Verbrechen gegen die indianische Bevölkerung Chiapas ( Mord, Folter und Entführungen ) Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Klage richtet sich gegen Ernesto Zedillo“.
Während des Nationalen Treffens gegen die Straffreiheit im Dezember 2007 ( Encuentro Nacional contra la Impunidad ) kündete man eine Kampagne zur Anklage des Ex – Präsidenten Ernesto Zedillo wegen des „Zulassens des Massakers“ an und ihm somit die Professur entzogen wird, welche er in der amerikanischen Universität Yale, USA, innehält (er ist momentan der Direktor des „Centro para el Estudio de la Globalización“ (Studiumszentrum der Globalisierung) der besagten Universität ).
Straffreiheit, eine nationale Plage
Die Abejas haben abermals verkündet, daß sie keine Rache für das Massaker von Acteal möchten: sie fordern nach wie vor Gerechtigkeit, damit Vorfälle wie diese sich nicht wiederholen. Im März 2007 beendeten sie eine Kampagne bezüglich der 10 Jahre Straffreiheit und des 15jährigen Kampfes der Organisation. Am 20. und 21. Dezember 2007 nahmen mehr als 200 Personen und um die 50 Organisationen aus Mexiko und anderen Ländern am „Encuentro Nacional contra la Impunidad“ teil ( Nationales Treffen gegen die Straffreiheit ), organisiert von der Organisation Las Abejas in Acteal.
Der erste Tag des Treffens widmete sich den Berichten über die Analyse der nationalen Realität; das Bedürfnis einer besseren Verständigung zwischen den Organisationen und den zivilen „Bewegungen„; das Recht und die Gerechtigkeit im Bezug auf die Ermordung von Frauen und die rechtliche Situation des Falles von Acteal unter anderen. Am zweiten Tag organisierten sie „Arbeitstische, Mesas de trabajo mixtas“ (mit Teilnehmern diverser Abejas Aktivisten) um sich diesen Themen tiefgründig anzunehmen.
Leider ist Acteal nur ein Fall von Ungerechtigkeit und Straffreiheit in Mitten vieler anderer im heutigen Mexiko. Getreu des zuvor verfassten Sonderberichtes der UNO über die Unabhängigkeit der Magisträte und Anwälte, erklärt Dato Param Cumaraswamy (Amnesty International) in den Jahren 2001 und 2002 in seinem im Februar 2007 veröffentlichten Bericht „Leyes sin justicia“ (Gesetze ohne Gerechtigkeit), daß „die Straffreiheit der Mißbräuche gegen die Menschenrechte nach wie vor zur Norm gehöre, welche die Funktionäre des Strafrechtssystemes und der öffentlichen Sicherheit annimiere, auf mißhandelnde Praktiken innerhalb ihrer Funktion zurückzugreifen“.
In seinem Bericht während des „Nationalen Treffens gegen die Straflosigkeit, Encuentro Nacional Contra la Impunidad“ sprach Edgar Cortés, Koordinator der Vereinigung „All Rechte fuer alle, Todos los Derechos para Todos“ von der Straffreiheit als eines der vier Elemente, die den aktuellen Kontext des Landes prägen, gemeinsam mit der wachsenden Militarisierung, die autoritäre Übereinstimmung (die von Calderón versprochene „mano dura“ (harte Hand) und die Kriminalisierung des sozialen Protestes. Er unterstreicht, daß die Straffreiheit kein neues Phänomen sei, das Studentenmassaker vom 2. Oktober 1968, den schmutzigen Krieg der 70er und 80er Jahre, in dem mehr als 500 Personen verschwanden, zitierend. Auch redete er von den neuesten Fällen, wie der aus Oaxaca, Atenco, Pasta de Conchos oder der Fall von Lydia Cacho.
In einer Zeitschrift im November (‚Jornada‘ vom 01/11/07) bezog sich Edgar Cortez auf die Artikel, welche das Geschehene in Acteal polemisierten: mit dieser Art von „Geschichten von halbamtlichen Wortführern des Staates“ bewirkt man nur, daß „die systematischen Angriffe gegen die Zivilbevölkerung weiterhin das Land heimsuchen werden, wie es bis heute der Fall in Chaipas, Guerrero, Oaxaca und Veracruz ist, wo indianische Comunidades vertrieben werden, wo man foltert, wo Frauen werden vergewaltigt werden und wo Exekutionen und gewaltvolle „Desaparaciones“ geschehen.“.
Die Tatsache, daß man zu keiner Resolution in einem so bekannten Fall wie der von Acteal kommt, ist eine schlechte Nachricht im Bezug auf die Situation der Menschenrechte und dem Level der Straffreiheit in Mexiko. Die Abejas wissen dies und kämpfen einen Kampf, von dem sie wissen, das er ein sehr langer sein wird: „die Zeit und der Raum haben uns einen Platz gegeben, damit unser Gedächtnis und unser Herz gegen die Straffreiheit des Massakers von Acteal kämpfen. Wir werden hier weiterhin unsere Stimme erheben, bis sie gehört wird und bis die Verantwortlichen letztendlich dem Gesetz gemäß verurteilt werden“ (Oktober 2007).